Klage gegen Hofer, Billa, Spar & Lidl
Streit um Supermarkt-Rabatte: Sozialministerium klagt, Handel wehrt sich

| Tobias Seifried 
| 21.08.2025

Rabatt-Schmäh oder faire Aktion? Die Regierung zieht gegen Billa, Hofer, Spar und Lidl vor Gericht. Die Branche wehrt sich und warnt vor leeren Regalen und Preischaos. Den offenen Brief an die SPÖ hat das Who's Who des heimischen Handels unterschrieben.

Das Sozialministerium hat den Verein für Konsumenteninformation (VKI) beauftragt, Klage gegen die größten Lebensmittelhändler Österreichs einzubringen. Billa, Hofer, Spar und Lidl sollen demnach mit irreführenden Rabattaktionen geworben haben. Sozialministerin Korinna Schumann betonte: "Die Menschen haben ein Recht auf faire Preise und Transparenz an der Kassa."

Handelsketten sind gesetzlich verpflichtet, bei Preisermäßigungen den niedrigsten Preis der vergangenen 30 Tage als Referenz auszuweisen. So soll sichergestellt werden, dass Konsument:innen tatsächlich von Rabatten profitieren und diese nicht bloß auf kurzfristigen Preiserhöhungen beruhen. Schumann verwies darauf, dass rund 40 Prozent aller Lebensmitteleinkäufe in Österreich im Rahmen von Aktionen erfolgen – ein europäischer Spitzenwert. Gerade deshalb sei es zentral, "dass Preisaktionen für alle nachvollziehbar und fair sind".

Die Klagen des VKI zielen auf eine gerichtliche Unterlassung: Die vier Handelsketten sollen verpflichtet werden, künftig auf die Bewerbung von Preisnachlässen zu verzichten, wenn diese nicht auf dem 30-Tage-Tiefstpreis beruhen. Es gehe, so die Ministerin, "um Geld bei jedem Einkauf und um Vertrauen in die Preisinformation".

Offener Brief

Der Handelsverband reagierte mit einem offenen Brief (Download unten) an die SPÖ-Regierungsmitglieder. Unterzeichnet wurde das Schreiben von Hans Reisch, Vorstandsvorsitzender der Spar Österreichische Warenhandels-AG, Marcel Haraszti, Vorstand der Rewe International AG, Max Hofmarksrichter, Generaldirektor der Hofer KG, sowie Michael Kunz, Vorsitzender der Geschäftsleitung von Lidl Österreich. Ebenfalls ihre Unterstützung bekundeten David Mölk, Geschäftsführer der MPreis Warenvertriebs GmbH, rund 1.600 selbstständige Kaufleute, Andreas Haider, Geschäftsführer der Unimarkt Handels GmbH, Oliver Dobbs, Geschäftsführer der dennree Naturkost GmbH, sowie Stephan Mayer-Heinisch, Präsident des Handelsverbandes, und Rainer Will, dessen Geschäftsführer.

Darin zeigte sich die Branche alarmiert über den politischen Kurs. Staatliche Eingriffe in die Preisgestaltung gefährden nach Ansicht des Verbandes die Nahversorgung und könnten zu leeren Regalen sowie zu sinkender Qualität führen. Ungarn sei dafür ein warnendes Beispiel, wo ein Preisdeckel zu Engpässen und steigender Inflation geführt habe.

Der Lebensmittelhandel sehe sich nicht als Profiteur, sondern selbst als Opfer der Teuerung. Die Branche habe seit Jahren mit massiv gestiegenen Kosten für Energie, Logistik, Mieten und Personal zu kämpfen, während die durchschnittliche Rentabilität lediglich bei 0,5 bis zwei Prozent des Umsatzes liege. "Die Preissteigerungen im Lebensmittelhandel sind nicht hausgemacht, sondern Folge massiv gestiegener Kosten", heißt es im Schreiben.

Kritisch äußerte sich der Verband auch über die mediale Aufbereitung der Klage: Diese sei der Öffentlichkeit noch vor den betroffenen Händlern selbst bekannt gemacht worden. Österreichs Lebensmittelhändler unterlägen bereits besonders strengen Vorschriften bei der Preisauszeichnung; ihr Anspruch sei es, Preise in allen Filialen korrekt und transparent auszuweisen.

Darüber hinaus verwies der Handelsverband auf strukturelle Ursachen, etwa den sogenannten "Österreich-Preisaufschlag" internationaler Markenartikelkonzerne. Diese würden für identische Produkte im Inland bis zu 20 Prozent höhere Preise verlangen als in Deutschland. Hier müsse die Politik ansetzen, wenn man die Inflation wirklich bekämpfen wolle.

Konträre Ansichten

Während das Sozialministerium auf Fairness und Preistransparenz pocht, warnte der Handel vor einer politischen Debatte, die Ursache und Wirkung verwechseln könnte. Der Verband signalisierte Dialogbereitschaft, forderte jedoch zugleich, die Wirtschaft nicht durch weitere Auflagen und Eingriffe zusätzlich zu belasten.

www.handelsverband.at

www.sozialministerium.gv.at

In dem Schreiben des Handelsverbands lese ich nichts Konstruktives über den eigentlichen Vorwurf, dass Rabattaktionen nicht gesetzeskonform gehandhabt werden. Den Rest des Schreibens, dem kann man ja beipflichten. Es ist ein komplexes Thema. Aber, bitte: Gesetze einfach einhalten.
Sowohl die Spar-Gruppe als auch Rewe Österreich haben in den letzten Jahren ihren Umsatz und Gewinn wesentlich gesteigert, wie sie selbst angeben. Trotzdem wird immer auf die hohen Energiepreise und Lohnkosten verwiesen. In Deutschland sind die Energiepreise höher, aber die selben Marken trotzdem billiger. Der wesentliche Unterschied ist, dass es dort mehr Wettbewerb gibt als bei uns. Sie sollten lieber mit dem ganzen Wirrwarr an Rabatt- und Bonuskarten aufhören und dafür faire und transparente Preise anbieten, die nicht drei Mal die Woche anders sind. Dann würde es Statistik Austria auch leichterfallen, die tatsächlichen Preise für den Warenkorb bzw. den VPI zu erfassen.

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