Österreich, als neutraler Staat im Herzen Europas, spürt die Auswirkungen der geopolitischen Spannungen unmittelbar: Der Krieg in der Ukraine an der östlichen Nachbarschaft, die Handelskonflikte zwischen den USA und China, sowie die anhaltenden Spannungen im Nahen Osten prägen das Investitionsklima.
Die neue Realität: Permanente Unsicherheit als Konstante
Die aktuellen Entwicklungen zeigen ein fundamentales Phänomen: Die Welt erlebt eine tektonische Verschiebung der Machtverhältnisse. China baut seine Position als Wirtschaftsmacht aus – bereits heute kontrolliert das Land etwa 70 Prozent der globalen Förderung seltener Erden. Gleichzeitig versuchen die USA, ihre Vormachtstellung zu verteidigen, während Russland seinen einstigen Einflussbereich zurückgewinnen möchte.
Diese Konstellation führt zu einer Serie von Krisenherden, die sich wechselseitig verstärken. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat seine Wachstumsprognose für die Weltwirtschaft bereits von 3,3 auf 2,8 Prozent reduziert, die OECD geht von 2,9 Prozent aus. Expert:innen halten selbst diese Zahlen für optimistisch, sollten sich die Krisen weiter verschärfen.
Historische Perspektive: Warum Panik der falsche Ratgeber ist
Ein Blick in die Vergangenheit offenbart überraschende Erkenntnisse. Selbst während des Zweiten Weltkriegs – der größten Katastrophe der Moderne – stiegen US-Aktien zwischen September 1939 und Mai 1945 real um über 50 Prozent. Auch der globale Aktienmarkt verzeichnete ein Plus.
Diese Beobachtung bestätigt sich bei späteren Konflikten: Weder der Koreakrieg (1950–1953), noch der Vietnamkrieg (1955–1975) oder die beiden Golfkriege (1990/91 und 2003) führten zu dauerhaften Verlusten am Aktienmarkt. Berechnungen über 120 Jahre zeigen: Wer systematisch und weltweit gestreut auf Buy-and-hold-Basis in Aktien investiert, erleidet niemals einen endgültigen Verlust.
Stand: 21. Juli 2025 © LEADERSNET
Kategorien des Abschwungs
Bärenmärkte können im Wesentlichen in drei Kategorien unterteilt werden: Zyklische Bärenmärkte entstehen durch steigende Zinsen, drohende Rezessionen oder Gewinnrückgänge. Sie führen durchschnittlich zu 30 Prozent Kursverlust. Anlassbezogene Bärenmärkte werden durch einmalige Schocks wie Kriege oder drastische Ölpreisveränderungen ausgelöst. Auch hier liegen die durchschnittlichen Verluste bei etwa 30 Prozent. Strukturelle Bärenmärkte sind die verheerendsten. Beispiele sind der Börsencrash von 1929, das Platzen der Internetblase oder die Finanzkrise 2007. Die durchschnittlichen Rückgänge betragen etwa 60 Prozent und erstrecken sich über drei Jahre oder mehr. Eine vollständige Erholung dauert typischerweise ein Jahrzehnt.
Was Abhilfe schafft
Für Anleger:innen, die nicht zehn Jahre oder länger auf ihr Kapital verzichten können oder nicht die mentale Stärke für extreme Verluste besitzen, ist eine hundertprozentige Aktienallokation ungeeignet. Die Lösung liegt in der intelligenten Verteilung auf verschiedene Anlageklassen. Die vier Klassiker – Aktien, Anleihen, Gold und Rohstoffe – bieten unterschiedliche Schutzfunktionen: Anleihen und Gold profitieren, wenn Notenbanken die Zinsen senken oder Anleger:innen nach sicheren Häfen suchen. Bei steigender Inflation verlieren Anleihen jedoch an Wert. Rohstoffe gedeihen in inflationären Phasen, da sie Teil der Inflation sind. Gold fungiert als alternative Währung, die nicht abgewertet werden kann.
Regionale Diversifikation kann zusätzlich helfen. 2022 beispielsweise, als US-Vermögenswerte unter den Fed-Zinserhöhungen litten, entwickelten sich japanische Aktien gut, da die dortige Geldpolitik expansiv blieb.
Krisenszenarien und Portfoliostrategien
Basierend auf einem ausgewogenen Portfolio für einen Anlagehorizont von 15 und mehr Jahren, können Anleger:innen ihr Portfolio an spezifische Krisenszenarien anpassen:
- Szenario 1: Eskalation der Handelskonflikte. Bei weiteren Zollerhöhungen leiden exportorientierte Unternehmen, während defensive Sektoren und Rohstoffe profitieren könnten.
- Szenario 2: Militärische Eskalation in Europa. Rüstungsaktien, Energierohstoffe und sichere Häfen wie Gold würden profitieren, während europäische Aktien unter Druck geraten.
- Szenario 3: Taiwan-Konflikt. Ein Konflikt um Taiwan würde globale Lieferketten massiv stören, besonders im Technologiesektor. Defensive Branchen und alternative Halbleiterregionen könnten profitieren.
- Szenario 4: Inflationsspirale. Bei anhaltend hoher Inflation würden Rohstoffe, Gold und inflationsgeschützte Anleihen (TIPS) an Wert gewinnen, während klassische Anleihen leiden.
Stabilität durch Struktur
Die neue Instabilität auf den Weltmärkten bildet für Anleger:innen weder einen Grund zur Panik noch zum Stillstand. Mit einer durchdachten Aufteilung auf verschiedene Anlageklassen, klarem Fokus auf Liquidität und der Konzentration auf krisenresistente Branchen können auch langfristige Ziele erreicht, Risiken minimiert und Chancen genutzt werden – ganz gleich, wie unbeständig das geopolitische Wetter aktuell sein mag.
Die Kunst liegt darin, nicht auf jede Krise zu reagieren, sondern ein resilientes Grundgerüst zu schaffen, das verschiedene Szenarien abfedert. Denn während die spezifischen Krisen der Zukunft unvorhersagbar sind, ist die Existenz von Krisen selbst eine Konstante der Finanzgeschichte. Für Anleger:innen bedeutet die neue Weltlage vor allem eines: Die alten Gewissheiten gelten nicht mehr. Diversifikation, langfristiges Denken und ein realistischer Blick auf persönliche Risikotoleranz sind die Schlüssel zur Vermögenssicherung. Gerade in Krisenzeiten entscheidet nicht Mut zum Risiko, sondern Disziplin und Systematik über den Erfolg.
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