Österreich muss sparen. Der Sparzwang der neuen Bundesregierung fordert aktuell auch den Sport in Österreich heraus, mehr Nutzen für Sponsoren zu bieten und die Attraktivität des Sports für das gesellschaftliche Wohl zu betonen. Zusätzlich verändern die sozialen Medien die Machtverhältnisse zwischen Sportorganisationen, Athlet:innen und klassischen Medien.
Vor diesem Hintergrund traf sich das Who's who des österreichischen Sportbusiness im Hilton Danube Waterfront Hotel beim Kongress Sport & Marke, um gemeinsam über die Herausforderungen einer modernen Vermarktung des Sports nachzudenken.
Mehr als 450 Besucher:innen
Auf drei Bühnen und in elf Fachforen wurde vor mehr als 450 Besucher:innen über die Zukunft des österreichischen Sportsystems nachgedacht. Unter den über 80 Speaker:innen befanden sich Vertreter:innen großer Sponsoren und Verbände. Mit Lara Vadlau und Valentin Bontus nahmen zwei österreichische Olympiasieger:innen stellvertretend für die aktiven Athlet:innen an der Fachkonferenz teil.
"Sport ist gut investiertes Geld in die Gesundheit. Das Gesundheitssystem in Österreich spart über 500 Millionen durch den Sport ein", sagte Hans Niessl, Präsident von Sport Austria. Die Sparmaßnahmen seien unumgänglich, aber vielleicht sollten sich die Verbände und alle Verantwortlichen dabei mehr auf die Reduktion der Bürokratie konzentrieren.
Wechselwirkung von Politik und Sportförderung
Die Konsolidierung der Bundesfinanzen zwingt aber zukünftig nicht nur zum Sparen. Es stehen auch neue Ausgaben bevor. Patrick Minar, Managing Direktor Casinos Austria und Österreichische Lotterien, nutzte beim Kongress die Gelegenheit und gab besorgniserregende Einblicke in die aktuelle Wechselwirkung von Politik und Sportförderung.
Ein Beispiel seien die Sportwetten, die im Zuge der Budgetkonsolidierung des Bundes steuerlich höher belastet wurden, eine Erhöhung der Glücksspielabgabe soll folgen. Laut Minar hätte eine Reduzierung beim Sponsoring auf allen Ebenen Folgen. "Das täte uns weh und leid", so Minar. "Die Sportförderung liegt uns seit vielen Jahren sehr am Herzen. Noch haben wir keine Entscheidungen getroffen, aber wir werden viele Kooperationen aufgeben oder reduzieren müssen", betont der Managing Direktor von Casinos Austria und Österreichische Lotterien. Es sei denn, die Regierung zeige sich zukünftig offen für Gespräche. "Wir laden alle ein, mit uns noch einmal darüber zu sprechen. Denn wir wollen natürlich unsere Visionen weiter fortsetzen."
Sponsoring-Chancen nutzen
In der Zukunft werden somit nicht nur Höchstleistungen an die Athlet:innen gestellt, sondern immer öfter auch an Sponsoring. Dieses wird immer mehr an seiner realen wirtschaftlichen Wirkung gemessen, obwohl es auch um emotionale Konnexionen geht. Ein Beispiel sei Bora und deren Engagement im Radsport. Die Evaluierung der gesteckten Ziele sollte allerdings nicht zu kurzfristig gedacht werden. "Es ist Sport und die Protagonist:innen kann man nicht programmieren. Siege sind nicht fix planbar", sagte Heide Sahl, Sponsorship Strategy und Management Bora und ergänzt: "Also braucht es längere Beobachtungszeiträume."
Eines sei jedoch klar, der absolute Scharfrichter, ob sich Sponsoring rentiert oder nicht, ist und bleibt aber der:die anvisierte Kunde:in. "Es ist wichtig, dass der Event bei den Kund:innen positive Emotionen erzeugt", so Nicole Krieg von Mastercard und fügt hinzu: "Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten wird der Return of Investment immer wichtiger."
Sportsponsoring muss sich in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten gegenüber anderen Marketingdisziplinen neu ausrichten, betont Marktforscher und Berater Hendrik Fischer. "Nur die Sichtbarkeit reicht nicht mehr aus. Sponsoring muss verkaufen. Der emotionale Zugang zu den Menschen bietet ungenutzte Chancen", so Fischer. Man erreicht im Sport die Kund:innen in einem Moment, in dem bereits eine positive Gefühlslage herrsche, ist sich der Marktforscher und Berater sicher. "Damit reagiert der:die Konsument:in auf eine Botschaft besser, als wenn er:sie gerade beim Zahnarzt:in eine Wurzelbehandlung über sich ergehen lassen muss", sagte Fischer.
Machtverhältnisse im Sportsystem
Die klassischen Medien nahmen lange Zeit starken Einfluss auf die jeweilige Entwicklung einer Sportkarriere und damit auf deren Monetarisierung. Die sozialen Medien sorgen nun für eine Neuverteilung der Kräfte. "Es war noch nie so einfach, öffentliche Aufmerksamkeit zu generieren", merkte dazu Patrick Minar an.
Bei ihrem großen Auftrifft auf der Bühne berichtete auch Lara Vadlau, die 2024 bei den Olympischen Spielen in Paris die Goldmedaille beim Segeln in der Bootsklasse 470er Jolle gewann, von dieser Entwicklung. "Medien haben sehr viel Macht. Medien erschaffen dein Image. Und damit sind du und dein Marktwert sehr von ihnen abhängig", so die Olympiasiegerin. Nun werden Sportler:innen aber auf ihren eigenen Kanälen immer mehr zu Influencer:innen mit Mehrwert. Ein Post von Vadlau erreicht mittlerweile mehr als eine Million Reichweite und eröffnet der Sportlerin neue Möglichkeiten. Paradox sei dennoch, so Vadlau, dass sie seit ihrem Olympiasieg weniger Sponsoren als davor habe. Ein weiterer Beleg dafür, dass die gesamte Branche dringend einen Umdenkprozess starten muss.
Nun sei es die Aufgabe der klassischen Verbände, die Zusammenarbeit mit den aktiven Athlet:innen zu überdenken und zu optimieren. "Athlet:innen haben das Recht, alles zu fordern, denn sie müssen Leistung erbringen. Daher sollten die Verbände als fördernde Unterstützer agieren", so Florian Gosch, designierter Generalsekretär des Österreichischen Olympischen Comité.
Es liege also auch an den Verbänden, die neuen Kommunikationswege zu nutzen, um ihre Athlet:innen zu präsentieren.
Neue Formate, neue Aufmerksamkeit
Die Teilnehmer:innen waren sich bei der Fachkonferenz sicher, dass der Sport und seine mediale Wahrnehmung an einem Wendepunkt stehen. "Nur wer innovative Wege beschreitet, der wird ein Teil dieses Aufbruchs sein", sagte Hans-Willy Brockes, Geschäftsführer ESB Marketing Netzwerk und Veranstalter des Kongresses. "Die Aufmerksamkeitsspanne des Publikums wird immer kürzer", berichtete Christoph Edelmüller, Geschäftsführer Handball Ligen Austria. Laut Edelmüller müssen sich all diejenigen verjüngen, die am Puls der Zeit bleiben möchten, um fit genug für die neue Zeit zu sein. Denn das Publikum der Zukunft kann demnach nur schneller, dynamischer und jünger erobert werden.
Neue Weiterentwicklungen
Von den Weiterentwicklungen und neuen Formaten im Sport berichteten Johannes Wiesmann, Head of Content und Product von Laola 1, und Thomas de Buhr, Co-Founder der Baller League. Neue Formate, wie das 3×3 Basketball und die Baller League im Hallenfußball, würden neue und jüngere Publikumsschichten ansprechen. Laut den Expert:innen findet aktuell eine Verlagerung statt. Die Club-Fans werden immer mehr zu Personen-Fans, was man am Beispiel von Lionel Messi und Co. feststellen konnte. Die emotionale Bindung hängt immer mehr direkt mit dem:der Sportler:in zusammen. Die neuen Ligen würden genau auf solche Tatsachen eingehen.
Einigkeit herrschte darin, dass generell alle Sportarten schneller auf Entwicklungen reagieren müssen. Diese Tatsache führte demnach etwa zum Erfolg der Baller League, weil hier Entscheidungen jenseits von tradierten Verbandsstrukturen getroffen werden können.
Das führt zu Freiräumen für Kreativität sowie spontane Innovation und ermögliche Adaptierungen tradierter Sportarten an die neuen Zeiten. Das sei eine lohnende Entwicklung, denn es sei noch genug Geld am Markt, beteuerten alle aktiven Teilnehmer:innen des Kongresses, man müsse nur Wege entwickeln, um für Sponsoren und Partner interessant zu sein.
TV bleibt beliebt
Christian Sattler, Head of Research IP Österreich, präsentierte aktuelle Zahlen, die zeigen sollen, dass die klassischen Sportformate noch immer auf konventionellen Wegen viel Publikum erreichen. Laut seinen Zahlen wird Sport am liebsten zu Hause mit Freunden und Familie im TV gesehen. Schließlich hat das Fernsehen Verträge mit den großen Sportarten wie beispielsweise Fußball, Wintersport, Motorsport oder Tennis. Das Format Fernsehen hat bei den meisten User:innen noch immer das Prädikat "vertrauenswürdig" und davon profitiert auch die ausgespielte Werbung.
Eine von Sattler dargelegte Studie bewies, dass Sportseher:innen deutlich öfter Markenartikel kaufen als Menschen, die keine Sportereignisse medial verfolgen. Zudem sei das Bewusstsein der Sportkonsument:innen für aktuelle Trends höher. Das alles wirkt sich positiv auf die Werbung aus, weshalb der Anreiz für Partner und Sponsoren erhalten bleibt. Das gute, alte Fernsehen hat laut Sattler also noch lange nicht ausgedient.
Einen Eindruck können Sie sich hier machen.
www.sport-marke.at
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