Deloitte Youth Pulse Check 2025
Laut Studie sinkt in Österreich der Stellenwert der Lehre

Eine aktuelle Analyse zeigt, dass der Lehrlingsbedarf in den vergangenen Monaten zurückgegangen ist. Im Speziellen erschweren fehlende Mindestanforderungen und mangelnde Motivation die Suche nach Auszubildenden.

Am Donnerstag hat das Beratungsunternehmen Deloitte die Umfrage "Deloitte Youth Pulse Check 2025" zum Thema Lehre veröffentlicht. Bei der gemeinsam mit dem Social Business Sindbad durchgeführten Analyse wurden 550 österreichische Unternehmen sowie 200 Jugendliche um ihre Einschätzungen gebeten. Das sind die Ergebnisse.

Stellenwert sinkt

Vor dem Hintergrund der schwächelnden Wirtschaft sind aktuell wieder mehr Arbeitskräfte am Markt verfügbar. Das hat dazu geführt, dass sich die Situation rund um den Fach- und Arbeitskräftemangel zum ersten Mal seit Jahren wieder leicht entspannt hat. Aus diesem Grund sinkt auch der Lehrlingsbedarf.

Der Deloitte Youth Pulse Check 2025 zeigt, dass der Lehrlingsbedarf in den vergangenen Monaten also zurückgegangen ist und generell der Stellenwert der Lehre sinkt. Was bestehen bleibt, sind die Herausforderungen bei der Rekrutierung von Jugendlichen. Die Suche nach Lehrlingen wird vor allem durch fehlende Mindestanforderungen und mangelnde Motivation erschwert. Eine Lösungsstrategie ist der Fokus auf alternative Zielgruppen, doch diese würden von Unternehmen häufig noch unterschätzt werden.

"Der Fach- und Arbeitskräftemangel war in den vergangenen Jahren die größte Herausforderung für viele Betriebe. Das hat sich mittlerweile geändert. Fast die Hälfte der Unternehmen, die keine Lehrlinge ausbilden, sieht keinen Bedarf dafür und misst der Lehre damit derzeit keinen relevanten Stellenwert bei. Es bleibt abzuwarten, ob es sich hier um einen kurzfristigen Trend handelt oder ob es zu einem grundsätzlichen Bedeutungsverlust der Lehre kommt. Letzteres hätte für die Notwendigkeit, laufend Fachkräftepotenzial zu entwickeln, jedenfalls fatale Auswirkungen", sagt Elisa Aichinger, Partnerin bei Deloitte.

Herausforderungen auf beiden Seiten

Es steht also außer Frage, dass die Lehre das A und O ist und bleibt, um den Fachkräftebedarf von morgen zu decken. Viele Unternehmen stehen jedoch bei der Rekrutierung vor Schwierigkeiten. 50 Prozent der Lehrbetriebe bemängeln fehlende Mindestanforderungen bei den Bewerber:innen sowie die geringe Zahl an Bewerbungen (48 Prozent). 63 Prozent berichten außerdem von mangelnder Motivation bei den potenziellen Lehrlingen.

"Motivation und Interesse sind für Unternehmen die wichtigsten Voraussetzungen bei der Besetzung von Lehrstellen – genau daran mangelt es bei den Jugendlichen aus Unternehmenssicht aber. Gleichzeitig setzen die Betriebe mit Zukunftssicherheit, zusätzlichen Benefits und geregelten Arbeitszeiten nicht auf jene Anreize, die für Jugendliche von zentraler Bedeutung sind. Diese wären vor allem durch nette Kolleg:innen, ein gutes Gehalt und eine sinnstiftende Tätigkeit zu motivieren", so Magdalena Peckskamp, Senior Managerin bei Deloitte Österreich und ergänzt: "Unternehmen sollten hier ansetzen und reflektieren, wie sie ihre Unternehmenskultur anpassen können – gerade, um junge Menschen anzusprechen."

Integration alternativer Zielgruppen

Eine Lösung für die Betriebe könnte die Integration alternativer Zielgruppen, darunter Jugendliche mit unregelmäßigem Bildungsweg, Fluchthintergrund oder Lernschwierigkeiten, sein, um loyale Lehrlinge zu finden. Allerdings wird momentan dieses Arbeitskräftepotenzial viel zu wenig genutzt. Laut der Studie beschäftigen aktuell 34 Prozent der Lehrbetriebe diese Zielgruppe bereits, auch weil viele mit Schwierigkeiten wie unzureichenden fachlichen und sprachlichen Mindestanforderungen (66 Prozent) oder fehlenden Ressourcen für die Integration (33 Prozent) konfrontiert sind.

"Viele Unternehmen haben die Bedeutung alternativer Zielgruppen noch nicht vollständig erkannt. Über ein Viertel misst ihnen keine Relevanz bei und lässt so wesentliches Potenzial liegen. Unternehmen sollten sich über den Mehrwert dieser Zielgruppen bewusstwerden und darauf aufbauend gezielte Strategien zur Integration entwickeln und umsetzen", so Aichinger und fügt hinzu: "Das können etwa maßgeschneiderte Einstiegsangebote, ein strukturiertes Onboarding oder individuelle Begleitung und Unterstützungsangebote für die Jugendlichen sein."

Persönliche Ansprache ist entscheidend

Was es braucht, um die Jugendlichen anzusprechen, sind die richtigen Kanäle. Während 2022 ein Großteil der Lehrbetriebe in diesem Zusammenhang vor allem auf Social Media setzte, hat sich das mittlerweile laut der Analyse etwas gedreht. Derzeit fokussieren sich 61 Prozent wieder auf die persönliche Ansprache – und scheinen damit auf dem richtigen Weg zu sein.

"80 Prozent der Jugendlichen verlassen sich bei der Ausbildungsentscheidung auf Empfehlungen von Familie sowie Freund:innen, mehr als die Hälfte hört auf den Rat von Lehrer:innen sowie Mentor:innen. Unternehmen sind daher gut beraten, verschiedene Kanäle zu nutzen, um eine breite Zielgruppe zu erreichen. Authentisches Employer Branding und maßgeschneiderte, individuelle Strategien für die persönliche Ansprache sind dabei hilfreich", hält Peckskamp fest.

IV und z.l.ö. rücken Lehre in den Fokus

Dass eine fundierte Ausbildung sowohl für Unternehmen als auch für Lehrlinge entscheidend ist, zeigte bereits eine von der Industriellenvereinigung (IV) und zukunft.lehre.österreich (z.l.ö.) beauftragte Studie. Diese beleuchtete die Wahrnehmung der Betriebe zu ihren Lehrstellen-Bewerber:innen, die Rolle der Grundbildung in der Schule und der Berufsorientierung sowie den Stellenwert der Lehre in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten (LEADERSNET berichtete). Die Ergebnisse der Studie sollen vor allem die Bedeutung einer fundierten Lehrlingsausbildung für die österreichische Wirtschaft unterstreichen.

Im Anhang finden Sie die komplette Studie. 

www.deloitte.com

www.sindbad.co.at

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