LEADERSNET: Sehr geehrter Herr Sobotka, Sie führen mit Ihrem Institut Telemark Marketing alljährlich die Studie für den FMVÖ-Recommender-Award durch, mit dem die österreichischen Banken und Versicherungen mit der höchsten Weiterempfehlungsrate ausgezeichnet werden. Wie ist diese Umfrage aufgebaut?
Robert Sobotka: Wir haben auch in diesem Jahr im Rahmen der Recommender-Studie des österreichischen Finanz-Marketing Verbands wieder über 8.000 Befragte zu Wort kommen lassen. Wie FMVÖ-Präsident Erich Mayer zu sagen pflegt, handelt es sich dabei um die größte Jury Österreichs, die ihr Urteil über die Preisträger fällt. Bei der Befragung führen wir die Hälfte online durch, die andere Hälfte wird telefonisch befragt – damit können wir ein gutes Sample über alle relevanten Altersgruppen hinweg garantieren. Eine Neuerung in diesem Jahr ist, dass erstmals auch 100 Interviews in die Bewertung eingeflossen sind, die durch einen Voicebot durchgeführt wurden. Damit testen wir, ob sich für die Zukunft diese Art der Befragung als innovative Methode in der Marktforschung eignet – und bleiben am Puls der Zeit. Der Schwerpunkt unserer Studie liegt wie in den vergangenen 18 Jahren auf der Erhebung der Weiterempfehlungsbereitschaft, die mit dem sogenannten Net Promoter Score – oder NPS – gemessen wird.
LEADERSNET: Wieso wurde für die Studie ausgerechnet dieser Net Promoter Score herangezogen?
Sobotka: Wir sind mit der Anwendung des Net Promoter Scores für die Recommender-Studie des Finanz-Marketing-Verbands in Österreich bei der Einführung des Awards vor 19 Jahren der Pionier gewesen. Diese kontinuierliche Anwendungsdauer über diesen Zeitraum hinweg ermöglicht uns eine gute Vergleichbarkeit innerhalb der Branche und erlaubt somit aussagekräftige Rückschlüsse auf die Entwicklungen. Mittlerweile findet der NPS auch hierzulande eine größere Verbreitung und kommt mittlerweile nahezu bei allen Kundenbefragungen zum Einsatz.
LEADERSNET: Neben den FMVÖ-Recommender-Awards in sechs Kategorien werden auch Sonderpreise vergeben, welche sind das und warum haben Sie diese ins Leben gerufen?
Sobotka: Diese speziellen Sonderpreise haben wir eingeführt, weil diese – neben der Weiterempfehlungsbereitschaft der Kund:innen – ein sehr aktuelles Bild der Banken und Versicherungen zeichnen und wir dafür auf Basis des letzten Jahres Faktoren wie Schadensbearbeitung, Kundenservice oder Beratung heranziehen. Heuer haben wir unseren Fokus auf einen Teilbereich verstärkt: Wir haben als Neuerung nun getrennte Preise für den Kundenservice jeweils von Banken und Versicherungen vergeben. Der Grund dafür liegt darin, dass der Kundenservice ein immer wichtigerer Faktor wird. Guter Kundenservice verhindert, dass Kund:innen unzufrieden werden und es wird immer wichtiger für Anfragen, die auf der Beraterseite nicht mehr gehändelt werden können. Der Trend zeigt, dass man bei den Instituten in der persönlichen Beratung einspart: Banken schließen Filialen, während Versicherungen bei der Außendienstbetreuung einsparen. Guter Kundenservice sollte aus unserer Sicht daher unbedingt belohnt werden.
LEADERSNET: Kommen wir zu den Ergebnissen. Ich nehme an, Sie dürfen noch keine Details nennen, aber gibt es dennoch Erkenntnisse, die sich aus den Umfrageresultaten ableiten lassen? Letztes Jahr haben Sie festgestellt, dass es noch viel Luft nach oben gibt. Wie sieht es heuer diesbezüglich aus?
Sobotka: Was wir schon verraten können: Der Prozentsatz der Beratungsgespräche, besonders im Versicherungsbereich, ist seit der Pandemie rückläufig. Die Kund:innen gewöhnen sich auch daran, immer weniger Kontakt zu den Mitarbeitenden in den Instituten zu haben. Das ist auch der Grund, dass der Kundenservice immer wichtiger wird. Was den Branchen-NPS, also den Schnitt über alle Institute hinweg betrifft, konnten wir bei den Banken eine leichte Steigerung von 17,5 auf 18 Prozent verzeichnen. Die Versicherungen hatten letztes Jahr die Talsohle erreicht, haben aber überraschenderweise mit den Banken wieder gleichgezogen, indem sie vier Prozent zulegen konnten. Dieser Trend wird bei den Versicherungen vor allem von den größten Instituten in der Branche getragen, die ihren NPS weiter steigern konnten. Sonst ist bei den Ergebnissen spannend zu beobachten, dass es ein Jahr der westlichen Bundesländer war. Die westösterreichischen Institute – sowohl Banken als auch Versicherungen – haben sehr gut abgeschnitten und wurden von ihren Kund:innen besonders gut bewertet.
LEADERSNET: Wo stehen Banken und Versicherungen hinsichtlich der Weiterempfehlungsrate im Vergleich mit anderen Sparten wie beispielsweise der Automobil- oder Technologiebranche?
Sobotka: Banken und Versicherungen stehen in Bezug auf den NPS traditionell eher hinter den anderen Branchen – daran ändert auch die leichte Steigerung bei den Versicherungen nichts. Aber warum ist das so? Andere Branchen haben ein viel größeres Involvement. Ich empfehle weiter, woran mein Herz hängt, also beispielsweise mein Auto oder mein Smartphone. Bei Versicherungs- oder Bankprodukten ist die Erwartungshaltung, dass sie funktionieren müssen, daher gibt es in diesem Bereich wenig zu gewinnen. Auch die Verbesserung der Weiterempfehlungsbereitschaft bei einzelnen Instituten ändert nichts an der generellen Aussage, dass Banken und Versicherungen nicht unbedingt die "Weiterempfehlungschampions" sind. Wenn es einem Finanzinstitut gelingt, einen NPS von über 30 Prozent zu erzielen, dann kann es auf diese Leistung umso mehr stolz sein.
LEADERSNET: Danke!
www.fmvö.at
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