Interview mit Bernd Hake (woom)
"Unsere Innovations-Pipeline ist für die kommenden Jahre prall gefüllt"

Nach Stationen bei Red Bull und Hugo Boss leitet Bernd Hake seit Oktober 2024 die Geschicke von woom. Im LEADERSNET-Interview spricht er über E-Bikes für die Kleinsten, Herausforderungen und Chancen am Kinderfahrradmarkt, das Erfolgsgeheimnis der Marke und die nächsten Produktneuheiten. Zudem verrät Hake, wie er seine Management-Erfahrung nutzen will, um die Internationalisierung von woom zu beschleunigen.

LEADERSNET: Sehr geehrter Herr Hake, Sie haben in Ihrer Karriere global agierende Marken wie Hugo Boss und Red Bull geprägt. Vor wenigen Monaten haben Sie die Führung von woom übernommen. Was hat Sie an dieser Aufgabe gereizt? Und gibt es Parallelen zwischen dem Aufbau einer Premium-Fashion-Marke und einer innovativen Fahrradmarke?

Bernd Hake: Als ich zu Beginn meiner Gespräche mit den Eigentümern von woom eingeladen wurde, war mir die Marke in Großbritannien noch kaum bekannt. Doch als ich mich mit Freund:innen und Geschäftspartner:innen in Deutschland, Österreich und den USA austauschte, wurde schnell klar: woom ist viel mehr als ein Fahrradhersteller – es ist eine echte Love Brand, die in kurzer Zeit eine bemerkenswerte emotionale Bindung zu ihren Kund:innen aufgebaut hat. Diese Begeisterung war sofort spürbar – und hat mich tief beeindruckt.

Ich durfte in meiner Karriere einige Turnarounds begleiten, aber was mich immer am meisten begeistert hat, war der strategische Markenaufbau, die Internationalisierung und das Ausschöpfen neuer Potenziale – über Ländergrenzen, Kanäle und Produktkategorien hinweg. Genau das sehe ich auch bei woom: eine starke Marke mit Purpose in einem Umfeld, das Sinn stiftet und emotional berührt.

LEADERSNET: Studien zeigen, dass sich das Mobilitätsverhalten von Kindern verändert. Während in den 1970ern rund 90 Prozent der Kinder zu Fuß oder mit dem Rad zur Schule fuhren, sind es heute in vielen Ländern weniger als 50 Prozent. Welche Rolle kann woom dabei spielen, Kinder wieder für das Fahrradfahren zu begeistern?

Hake: Unsere Vision bei woom ist klar: Wir wollen Kinder für das Radfahren begeistern – und ihnen ein sicheres, positives Mobilitätserlebnis ermöglichen, das sie langfristig prägt. Dafür entwickeln wir Produkte, die auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind. Unsere Rolle sehen wir dabei auf mehreren Ebenen: Wir entwickeln Produkte, die Kinder wirklich brauchen – woom Bikes überzeugen durch ihr geringes Gewicht, eine kindgerechte Geometrie und einfache Bedienbarkeit. Das sorgt schon beim ersten Kontakt für Erfolgserlebnisse und stärkt das Selbstvertrauen der jungen Fahrer:innen. Gleichzeitig fördern wir durch unsere Produkte und Initiativen die Selbstständigkeit und Bewegung von Kindern.

LEADERSNET: woom hat in den letzten zehn Jahren eine beeindruckende durchschnittliche jährliche Wachstumsrate von 50 Prozent erreicht. Wie planen Sie, dieses Wachstum fortzusetzen und gleichzeitig Qualität und Innovationskraft zu sichern? Wann wird woom profitabel sein?

Hake: woom hat sich seit seiner Gründung außergewöhnlich entwickelt. In Österreich halten wir heute rund 50 Prozent Marktanteil im Segment der Kinder- und Jugendfahrräder, in Deutschland über 25 Prozent. Das spricht für ein starkes Produkt, ein begeisterungsfähiges Team – und ein wachsendes Vertrauen in unsere Marke. Natürlich hat auch woom die Marktdynamiken der letzten zwei Jahre gespürt. Wir mussten strategisch nachjustieren, interne Prozesse optimieren und uns noch klarer positionieren. Heute sehen wir: Diese Maßnahmen greifen. Das erste Quartal 2025 war das erfolgreichste der Unternehmensgeschichte – sowohl in Bezug auf Umsatz als auch auf Profitabilität. Wir wachsen aktuell rund sechsmal schneller als der Gesamtmarkt – und gewinnen Marktanteile hinzu. Unser Ziel ist klares, profitables Wachstum.

LEADERSNET: Wie sieht Innovation bei woom aus? Wird es künftig smarte oder vernetzte Kinderfahrräder geben?

Hake: Unsere Innovations-Pipeline ist für die kommenden Jahre prall gefüllt. Bereits im März 2025 haben wir mit der woom GO-Serie und dem neuen "Ready" Kinderhelm zwei echte Meilensteine präsentiert – mit großartigem Feedback aus unseren Kernmärkten. Im April folgte dann ein weiteres Highlight: unser erstes Allround-E-Bike für Kinder. Im Herbst gehen wir noch einen Schritt weiter und werden ein neues Marktsegment definieren. Das kommende Produkt vereint Funktion, Design und Emotion auf bisher unerreichte Weise. Ein Lifestyle-Produkt für die Kleinsten ab acht Monaten – mit echtem Potenzial, neue Maßstäbe zu setzen. Auch das Thema vernetzte Mobilität spielt für uns eine zunehmend wichtige Rolle. Die Nachfrage nach smarter, nachhaltiger E-Mobilität wächst – auch im Kindersegment. Gemeinsam mit unserem Technologiepartner Mahle entwickeln wir digitale Lösungen, die nicht nur Fahrdaten visualisieren, sondern Kindern wie Eltern echte Mehrwerte bieten – von der Routenaufzeichnung bis zur Performance-Übersicht. Dabei stehen Datenschutz, Sicherheit und altersgerechte Usability für uns im Vordergrund.

LEADERSNET: Die Fahrradbranche durchlebt aktuell eine Konsolidierungsphase. Der bekannte Vorarlberger Hersteller Simplon ist insolvent, die niederländische AccellGruppe steckt in einer Restrukturierungsphase und auch weitere Hersteller haben zu kämpfen. Wie positionieren Sie sich, um der Konkurrenz einen Schritt voraus zu sein?

Hake: Wir erleben aktuell eine Zeit des Umbruchs. Einige Marktteilnehmer:innen stehen unter Druck – andere geben auf. Wir sehen darin eine Chance: Denn genau jetzt zeigt sich, wer seine Hausaufgaben gemacht hat, wer eine klare Markenpositionierung, eine gesunde Kostenstruktur und echte Differenzierung mitbringt. woom war von Anfang an anders. Unsere Gründer haben vor über zehn Jahren den Kinderfahrradmarkt revolutioniert, weil sie eine simple, aber radikal kundenorientierte Idee hatten: Ein Kinderfahrrad muss für Kinder gemacht sein – nicht einfach ein verkleinertes Erwachsenenrad. Diese Haltung ist bis heute unser Kompass.

LEADERSNET: Viele Unternehmen stehen vor der Herausforderung, schnelles Wachstum mit ihren ursprünglichen Werten zu vereinbaren. Wie stellen Sie sicher, dass woom auch in fünf Jahren noch als "Love Brand" wahrgenommen wird und nicht nur als Hersteller eines Produkts?

Hake: Eine Love Brand zu sein, hat nichts mit der Größe des Unternehmens zu tun – sondern mit Haltung und Herz. Es geht darum, echte emotionale Verbindungen zu schaffen und diese langfristig zu leben. Bei woom stehen nicht nur ausgezeichnete Kinderfahrräder im Fokus, sondern vor allem das, was damit möglich wird: gemeinsame Abenteuer, Freiheit, Selbstvertrauen und unvergessliche Momente zwischen Eltern und Kindern.

LEADERSNET: E-Commerce ist eine der großen Wachstumstreiber für woom. Gleichzeitig lebt der Fahrradkauf auch von der Beratung und dem Erlebnis im Fachhandel. Wie sieht die Zukunft der Vertriebsstrategie aus? Wird woom verstärkt auf Direktvertrieb setzen oder den Fachhandel weiter ausbauen?

Hake: Unsere Kund:innen sind so vielfältig wie ihre Bedürfnisse. Und genau das prägt unsere Vertriebsstrategie. Manche wünschen sich persönliche Beratung durch einen Fachhändler vor Ort, andere möchten gemeinsam mit ihren Kindern die Bikes live erleben und ausprobieren. Wieder andere bevorzugen die bequeme Bestellung von zu Hause, inklusive Lieferung bis an die Haustür. Für uns steht deshalb fest: Wir denken nicht in Kanälen. Jeder Kanal ist relevant und spielt eine wichtige Rolle. Unsere Aufgabe ist es, über alle Touchpoints hinweg ein nahtloses, hochwertiges Markenerlebnis zu bieten. Die Customer Journey verläuft heute kanalübergreifend. Kund:innen informieren sich über Social Media, lesen Testberichte, sprechen mit Freund:innen, besuchen unsere oder Partner-Webseiten und lassen sich im Fachhandel beraten, bevor sie sich für ein woom bike entscheiden. Jeder dieser Kontaktpunkte kann zur Begeisterung führen - oder zur Enttäuschung. Deshalb investieren wir konsequent in den Ausbau unserer Omnichannel-Strategie und entwickeln gezielt Services, die nahtlose Übergänge zwischen Online und Offline ermöglichen. Unser Ziel ist klar: Wir wollen in allen relevanten Kanälen präsent und leistungsfähig sein – mit einem Einkaufserlebnis, das sich an den Lebensrealitäten moderner Familien orientiert.

LEADERSNET: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Hake.

www.woom.com

Zur Person

Bernd Hake, seit Oktober 2024 CEO des österreichischen Kinderfahrradherstellers woom, kann auf eine ziemlich beeindruckende Karriere in der internationalen Geschäftswelt verweisen. Mit über 25 Jahren Erfahrung in Führungspositionen bei Unternehmen wie Hugo Boss und Red Bull, steht der 57-jährige Manager nun vor der Aufgabe, woom in eine neue Ära zu führen.

Hake übernahm die Leitung von woom in einer entscheidenden Phase der Unternehmensentwicklung. Unter der vorherigen Führung von Paul Fattinger hatte sich woom bereits vom Start-up zum Scale-up entwickelt und seine Marktposition in der DACH-Region gefestigt. Hake sieht jetzt die Chance, woom auf ein neues Level zu heben und den profitablen Wachstumskurs dieser "Love Brand" weiter voranzutreiben.

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Zur Person

Bernd Hake, seit Oktober 2024 CEO des österreichischen Kinderfahrradherstellers woom, kann auf eine ziemlich beeindruckende Karriere in der internationalen Geschäftswelt verweisen. Mit über 25 Jahren Erfahrung in Führungspositionen bei Unternehmen wie Hugo Boss und Red Bull, steht der 57-jährige Manager nun vor der Aufgabe, woom in eine neue Ära zu führen.

Hake übernahm die Leitung von woom in einer entscheidenden Phase der Unternehmensentwicklung. Unter der vorherigen Führung von Paul Fattinger hatte sich woom bereits vom Start-up zum Scale-up entwickelt und seine Marktposition in der DACH-Region gefestigt. Hake sieht jetzt die Chance, woom auf ein neues Level zu heben und den profitablen Wachstumskurs dieser "Love Brand" weiter voranzutreiben.

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