LEADERSNET auf der MIPIM 2025
Auf europäischen Immobilienmärkten zeichnen sich Erholungstendenzen ab

| Redaktion 
| 13.03.2025

Im französischen Cannes standen vier Tage lang Innovation, Wachstum und Zukunftsvisionen im Mittelpunkt der weltweit führenden Immobilienmesse. Charles Steiner, Chefredakteur Immobilien Investment, war auch für LEADERSNET bei der MIPIM unterwegs und holte von österreichischen Immobilienprofis Meinungen ein.

Die jährliche MIPIM-Messe in Cannes, die als eine der größten Veranstaltungen für Immobilienprofis weltweit gilt, hat in diesem Jahr erneut zahlreiche Vertreter:innen der Branche angezogen. Die turbulente politische Situation in Europa und die im Vergleich zu den USA und China verhaltende BIP-Entwicklung sind auch bei der MIPIM, die vom 11. bis 14. März stattfindet, ein bestimmendes Gesprächsthema.

Zahlreiche Herausforderungen

Franz Paul Bauer, Leitung CEE bei der S+B Gruppe, wagte zu Beginn einen Rückblick auf die Anfänge der MIPIM Anfang der 1990er Jahre: "Es ist schön, wie sich die MIPIM über die Jahre entwickelt hat. Viele unserer Projekte hatten und haben damals ihren Ausgangspunkt auf der MIPIM, etwa der DC2 und DC3. Die MIPIM ist über die Zeit zu einem Treffpunkt für Freund:innen geworden, die man sonst über das Jahr nicht sieht." Dennoch sieht er auch Herausforderungen: "Der Angriff Putins auf die Ukraine ist die Katastrophe schlechthin. Wir spüren das, insofern, dass derzeit viele Investoren sich nicht trauen, in die CEE-Länder anzulegen. Aber: Im Bereich Rechenzentren spüren wir da eine sehr starke Dynamik."

Ähnlich sieht es Michael Ehlmaier, geschäftsführender Gesellschafter der EHL Immobilien Gruppe. "Die politischen Initiativen rund um eine Lösung der Ukrainekrise beeinflussen die europäischen Immobilienmärkte auf vielen Ebenen, sodass Investor:innen zum Teil nach wie vor Investitionsentscheidungen weiter hinauszögern", sagt Ehlmaier und fügt hinzu: "Aktuell ist noch völlig unklar, wie sich diese auf Konjunktur, Energiepreise und in weiterer Folge auf Baukosten, die Budgets der europäischen Staaten sowie Zinsen und Inflation auswirken werden. Derart unklare Rahmenbedingungen motivieren nicht gerade zu großen, langfristigen Investitionsentscheidungen."

Ehlmaier erwartet trotz der vielfältigen Herausforderungen die Trendwende im Laufe des Jahres: "Die starke Nachfrage auf den Nutzermärkten in de facto allen Assetklassen wird in Mietsteigerungen münden und sehr interessante Chancen für Renditesteigerungen bieten. Kapital scheint ausreichend vorhanden zu sein und sowohl private als auch institutionelle Player beginnen, sich wieder verstärkt nach Investitionsmöglichkeiten umzusehen."

Chancen in der Zeit des Wandels

Auf der MIPIM selbst führen die politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen jedoch nicht zu Defätismus, vielmehr sieht man in der Zeit des Wandels Chancen, die auch die Immobilienwirtschaft beflügeln können. Entsprechend äußern sich auch die österreichischen Branchenvertreter, die auf der Messe an der Côte d’Azur zugegen sind. "Zwar ist die Lage am Immobilienmarkt ebenso verbesserungsbedürftig wie das Wetter, wir haben aber sehr gute Gespräche mit Investor:innen geführt und vernehmen deutlich steigende Aktivitäten von Playern, die auch tatsächlich wieder kaufen wollen", sagt Markus Mendel, Geschäftsführer der EHL Investment Consulting.

Positive Stimmung

Die Stimmung auf der MIPIM mag vielleicht etwas verhalten sein, so die Einschätzung von Wolfgang Scheibenpflug, Geschäftsbereichsleiter Immobilien- und Standortmanagement beim Flughafen Wien: "Man merkt die Stimmung auf den Märkten, auch im globalen Kontext, aber auf der MIPIM treffen sich Menschen, die arbeiten. Auf dieser Messe werden schon die Projekte der Zukunft angestoßen und auf den Weg gebracht, insofern ist die Stimmung doch positiver als erwartet."

Laut Paul Grassel, Geschäftsführer bei IG Immobilien, ist die Stimmung insgesamt besser als erwartet – trotz des bescheidenen Wetters: "International tut sich schon wieder einiges am Investmentmarkt, Europa und insbesondere Österreich darf Anschluss nicht verlieren und kann jetzt Stärken ausspielen. Die Talsohle dürfte damit trotz der gesamtwirtschaftlichen Lage durchschritten sein. Leider hat ESG im Vergleich zur Expo weniger Präsenz."

Neue Erkenntnisse

Manfred Wiltschnigg, Managing Partner bei GalCap Europe, spricht von einer sehr spannenden MIPIM mit vielen neuen Erkenntnissen: "Wir hören dort viele Meinungen und erfahren von anderen Zugängen über die Märkte, die wir mitunter auch als Basis für unsere künftigen Entscheidungen heranziehen können."

Christoph Lukaschek, Abteilungsleiter Investment bei Otto Immobilien, sieht eine tendenziell positive Stimmung am Markt: "Wir sehen wieder mehr Transaktionen in den einzelnen Assetklassen am österreichischen Markt, vor allem aber im Residential-Bereich. Zwar ist der Investorenmarkt aktuell hauptsächlich national geprägt, man bemerkt aber, dass auch wieder internationale Investor:innen Interesse an Österreich zeigen."

Für Gerald Gollenz, Fachverbandsobmann der Immobilien- und Vermögenstreuhänder in der WKO, ist das Stimmungsbild besser als das Wetter: "Wir sind wieder guter Dinge, dass es bergauf geht, auch wenn die Anzahl der Besucher:innen eher überschaubar ist."

Die wichtigsten MIPIM-Trends

Investment:

Die in den letzten beiden Jahren stark zurückgegangenen Investments in europäische Immobilien beginnen sich laut den Expert:innen von EHL langsam zu erholen, die Investor:innen kehren aber nur sukzessive und sehr sicherheitsorientiert zurück: "Die Entwicklung im operativen Geschäft, also in der Vermietung von Gewerbe- und Wohnflächen ist deutlich schneller angesprungen als das Investoreninteresse", so Franz Pöltl, geschäftsführender Gesellschafter der EHL Investment Consulting und ergänzt: "Das gilt insbesondere für den Wiener Markt, der neben interessanten Renditen im Unterschied zur Vergangenheit im Moment auch vielfach Mietsteigerungspotenzial bietet."

Im Moment haben die Investor:innen noch mit den schwierigen Finanzierungsbedingungen zu kämpfen. Parallel dazu erwartet die Branche, dass die Insolvenzwelle bei Entwickler:innen noch bis in den Herbst andauern wird. Baustarts sind nach wie vor selten und die Pipeline an neu auf den Markt kommenden Objekten ist schlecht gefüllt, sodass mittelfristig Preisanstiege aufgrund des zukünftig geringen Angebots zu erwarten sind. "Objekte, die einen nachhaltig gesicherten Cash Flow generieren, sind wieder gefragt, wenn auch zu geringeren Preisen. Leerstände oder kurze Mietvertragslaufzeiten münden in einen überproportionalen Preisabschlag und bewirken signifikant geringeres Kaufinteresse", so Markus Mendel, Geschäftsführer der EHL Investment Consulting. Insgesamt überwiege bei EHL aber die Zuversicht.

Büroimmobilien:

Die Nachfrage nach hochwertigen Büroflächen ist europaweit besser als es die Konjunktursituation vermuten ließe. "Manche Segmente erweisen sich als erstaunlich resilient", erklärt Stefan Wernhart, Geschäftsführer der EHL Gewerbeimmobilien und ergänzt: "und trotz schwieriger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen gibt es weiterhin einen klaren Trend hin zu qualitativ hochwertigen und nicht zu den besonders kostengünstigen Flächen." "Früher hieß es 'Lage, Lage, Lage', heute wird die goldene Regel um das Thema Nachhaltigkeit und ESG-Kompatibilität erweitert. Wenn beides gegeben ist, gibt es in vielen großstädtischen Märkten in Europa einen klaren Nachfrageüberhang und dementsprechend auch stabil hohe Spitzenmieten. Der Druck, unter dem vor allem börsennotierte Unternehmen und öffentliche Mieter durch ESG und Taxonomie im Hinblick auf nachhaltige Unternehmensstandorte stehen, zeigt tatsächlich weiterhin Wirkung", so Wernhart.

Was nicht funktioniert, sei durch Nachhaltigkeit, Standortnachteile zu kompensieren. "An mäßig attraktiven Standorten ist auch bei hochwertigen Objekten durchaus eine längere Vermarktungsdauer bis zur Vollverwertung erkennbar", sagt Wernhart. Vor diesem Hintergrund könnte sich der Mangel an nachhaltigen Büroflächen in Toplagen in den kommenden Jahren noch verschärfen, wenn das Entwicklungsgeschäft nicht bald wieder anspringe.

Wohnimmobilien:

Zwar sind die europäischen Wohnungsmärkte stark lokal und regional geprägt, dennoch gibt es laut der EHL auch hier Trends, die die Entwicklung vieler und oftmals unterschiedlicher Märkte in den Großstädten prägen. Besonders auffällig sei im Moment die Herausbildung einer immer breiteren Vielfalt von Vermietungsformen, die die konventionelle Langzeitvermietung unmöblierter Wohnungen ergänzt.

"Projektentwickler:innen und Eigentümer:innen reagieren damit auf die sich wandelnden Bedürfnisse der Wohnungssuchenden", sagt Karina Schunker, Geschäftsführerin der EHL Wohnen und weiter: "Die Verschmelzung aus Wohnen und Arbeiten sowie die verstärkte Mobilität der Menschen sind dabei der wichtigste Motor für Innovationen. Auch wenn diese neuen Wohnformen derzeit nur einen kleinen Teil des Angebotsmarktes ausmachen, bringt diese zugleich Veränderung in den Nachfragemarkt."

Verschiedene Formen von Vermietung möblierter Wohnungen bis zu Serviced Apartments und Vermietungen mit flexibleren Laufzeiten zwischen einem Monat und einem Jahr verzeichnen einen stetigen Aufschwung. Damit werden auf Projektebene Kurz- und Langfristvermietungen stärker durchmischt.

Ebenfalls immer größere Bedeutung kommt der Schaffung von Allgemeinflächen, mit denen Wohnprojekte aufgewertet werden, zu. "Gut ausgestattete Fitnessräume, Werkstätten, Gemeinschaftsküchen mit Speisezimmer für größere Gesellschaften, Gästeapartments etc. verbessern die Wohn- und Lebensqualität. In gewisser Weise ist damit auch die Sharing Economy im Wohnungsmarkt angekommen", so Schunker abschließend.

www.mipim.com

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