Österreichweite Umfrage
Aus diesen Gründen ist die Bildungskarenz so (un)beliebt

Wie am Donnerstag mit der Veröffentlichung des neuen Regierungsprogramms bekannt wurde, wird die Bildungskarenz nicht abgeschafft, sondern durch ein neues Modell ersetzt. Dem zum Anlass fragte willhaben die Österreicher:innen, was sie von der Bildungskarenz halten, warum sie diese für (nicht) gut befinden und welche Erfahrungen sie selbst bereits damit gemacht haben. 

Infolge der Koalitionsverhandlung zwischen OVP, SPÖ und NEOS stand zur Debatte, die Bildungskarenz, sprich die Möglichkeit einer befristeten Freistellung von der Arbeit zum Zweck der Aus- und Weiterbildung, völlig abzuschaffen. Der Grund: Das Weiterbildungsgeld, das die Arbeitnehmer:innen während dieser Freistellung vom AMS beziehen, kostet den Staat mehrere hundert Millionen Euro pro Jahr – das sollte eingespart werden. Wie am Donnerstag mit der Veröffentlichung des neuen Regierungsprogramms bekannt wurde, soll sie nun aber nicht gänzlich abgeschafft, sondern ab 1. Jänner 2026 durch eine neue Form der Weiterbildung mit weniger Staatsbudget ersetzt werden.

Der aktuellen Diskussionen rund um die Bildungskarenz zum Anlass, hat willhaben bei rund 2.700 seiner User:innen nachgefragt, was sie von der Bildungskarenz halten, warum sie diese für (nicht) gut befinden, und welche Erfahrungen sie selbst bereits damit gemacht haben.

Drei Viertel halten Bildungskarenz für sinnvoll

Laut der Umfrage empfinden rund drei Viertel die Möglichkeit, eine Weiterbildung oder ein Studium abzuschließen, ohne den Job dafür aufgeben zu müssen, als sinnvoll. Dementsprechend steht für sie die Abschaffung der Bildungskarenz nicht zur Debatte. Diese Meinung ist vor allem unter Menschen verbreitet, die in Wien, Oberösterreich oder der Steiermark arbeiten, sowie unter Frauen, Befragten unter 40 Jahren sowie unter Personen, die in den Branchen "Medien & Werbung", "Bildung & Forschung" sowie "Gesundheitswesen & Soziales" tätig sind. 

Durchaus interessant ist zudem, dass die vielgehörte Kritik, die Bildungskarenz werde vor allem von Besserverdiener:innen befürwortet, im Rahmen der willhaben-Befragung eher entkräftet wird: So halten Personen mit einem monatlichen Netto-Einkommen von "unter 1.499 Euro" oder "1.500 bis 2.499 Euro" (unabhängig vom Beschäftigungsausmaß) die Bildungskarenz deutlich häufiger für sinnvoll als jene, die als Nett-Einkommen "mehr als 2.500" angegeben haben. Was sich jedoch bestätigt, ist, dass vor allem Akademiker:innen die Bildungskarenz befürworten, wie auch oftmals angenommen wird. 

Warum die Bildungskarenz so beliebt ist

Fragt man die Befürworter:innen der Bildungskarenz nach den Gründen dafür (Mehrfachnennung möglich), wird mit 88,6 Prozent am häufigsten genannt: "Die Bildungskarenz ermöglicht Weiterbildung, die neben der Arbeit sonst nicht oder nur schwer machbar wäre". Dem folgen die Antworten "die Bildungskarenz trägt zur beruflichen Weiterentwicklung und besseren Karrierechancen bei" (76,5 Prozent) und "die Bildungskarenz sichert vielen die finanziellen Rahmenbedingungen, um eine Weiterbildung zu absolvieren" (71,9 Prozent). Als Anreiz wird die Bildungskarenz von vielen aber auch aufgrund der Motive "die Bildungskarenz erleichtert die Vereinbarkeit von Weiterbildung und familiären Verpflichtungen" (61,1 Prozent) und "die Bildungskarenz bietet die Chance, Weiterbildung mit einer beruflichen Auszeit zu verbinden" (47,6 Prozent) gesehen.

Kritiker:innen sind eher männlich und älter

Dennoch stößt das Konzept der Bildungskarenz bei einigen auf Kritik: So halten 12,8 Prozent ein Aus der Bildungskarenz für "sehr sinnvoll" sowie 9,7 Prozent für "eher sinnvoll", weitere 17,3 Prozent sind unentschlossen und antworten mit "teils, teils". Gegen das Modell sind vorwiegend Männer und Personen, die in Vorarlberg, Tirol und dem Burgenland arbeiten, ebenso wie Befragte ab 50 Jahren. Auch Personen, die in den Branchen "Banken & Versicherungen", "öffentliche Verwaltung, Interessenvertretungen & NGOs" sowie "Rechts-, Steuer- & Unternehmensberatung" tätig sind, sind tendenziell eher dagegen. Das ist besonders deswegen spannend, weil letztere Branche zu jenen zählt, in denen die Bildungskarenz besonders häufig stattfindet, wie aus einer WIFO-Studie hervorgeht. 

Unter jenen, die die Bildungskarenz ablehnen, treten vor allem folgende Argumentationen (Mehrfachnennung möglich) auf: "Die Bildungskarenz wird nicht immer für tatsächliche Weiterbildung genutzt, sondern für eine Auszeit" (82 Prozent), "die Bildungskarenz wird von manchen genutzt, um ihre Elternkarenz zu verlängern, ohne sich wirklich weiterzubilden" (70,1 Prozent) und "die Finanzierung durch das AMS stellt eine zu hohe Belastung für das Sozialsystem dar" (42,2 Prozent).  Zweiteres, sprich ein direkter Anschluss der Bildungskarenz an die Elternkarenz, soll laut neuem Regierungsprogramm übrigens künftig nicht mehr möglich sein.

Reformen für Nachfolgemodell gewünscht

Für den Fall, dass die Bildungskarenz nicht gänzlich abgeschafft, sondern durch ein Nachfolgemodell ersetzt werden soll – was nun ja auch so eintreten soll –, hat willhaben ihre User:innen auch gefragt, welche Reformen sie sich dafür künftig wünschen. Die Antworten: "Stärkere Kontrollen, um sicherzustellen, dass sie tatsächlich für die Aus- bzw. Weiterbildung genutzt wird" (68,8 Prozent), "strengere Vorgaben, welche Aus- und Weiterbildungen gefördert werden" (49,8 Prozent), aber auch "bessere Information und Beratung für Arbeitnehmer:innen und Arbeitgeber:innen" (37,7 Prozent). 

Bildungskarenz schaffte durchwegs positive Erfahrung

Unter den Befragten hat bereits ein Fünftel selbst schon die Bildungskarenz in Anspruch genommen, 18 Prozent "einmal" und zwei Prozent gar "mehrfach". Darunter sind besonders Frauen, Akademiker:innen und in Wien, Oberösterreich und der Steiermark berufstätige Menschen. Die Hälfte davon hat die Bildungskarenz zehn bis zwölf Monate (sprich die Maximaldauer) in Anspruch genommen, gefolgt von vier bis sechs Monaten (15,5 Prozent) und sieben bis neun Monaten (9,5 Prozent).

Die meisten der Bildungskarenz-Absolvent:innen hatten tatsächlich auch Bildungs-Absichten, so waren die am häufigsten genannten Motive (Mehrfachnennung möglich) "um mich beruflich oder persönlich weiterzubilden" (68,7 Prozent), "um einen Abschluss zu machen" (40,1 Prozent) und "um meine Chancen auf einen Jobwechsel oder Aufstieg zu verbessern" (38,6 Prozent). Trotzdem gaben auch 23,9 Prozent der Befragten an, die Bildungskarenz in Anspruch genommen zu haben, "um nach der Elternkarenz mehr Zeit mit meinem Kind zu verbringen", und 10,1 Prozent nannten "Gründe der physischen oder psychischen Gesundheit" sowie fünf Prozent "um eine Auszeit zu nehmen oder zu reisen". 

Dabei schaffte das Angebot bei fast allen Bildungskarenz-Absolvent:innen positive Erfahrungen, so würden 94,4 Prozent sie nochmals im Anspruch nehmen, und knapp ebenso viele meinen, die Weiterbildung hätte sich zumindest "teilweise" oder "(sehr) positiv" auf ihre weitere Karriere ausgewirkt. Der finanzielle Zuschuss habe bei den meisten ausgereicht, und nur 11,3 Prozent beklagen, dass die Zeit "eher" oder "sehr schwierig" gewesen sei. 

Was, wenn der Arbeitgeber keine Bildungskarenz akzeptiert?

Der Abstand zwischen jenen, die die Bildungskarenz absolviert haben (20 Prozent) und jenen, die zumindest "darüber nachgedacht" haben (37,9 Prozent) ist groß. Dabei geben 4,1 Prozent an, dass ihr "Arbeitgeber die Bildungskarenz nicht genehmigt hat". Darauf reagiert haben (oder in so einem Fall darauf reagieren würden) die meisten so, dass sie mit ihrem Arbeitgeber "eine andere Lösung, z.B. Sabbatical oder unbezahlter Urlaub" verhandelt haben (bzw. dies tun würden), meinen 26,9 Prozent. 

Zudem geben 19,5 Prozent an, dass sie sogar so weit gegangen sind (oder gehen würden), zu kündigen oder sich einen neuen Job zu suchen. Ebenfalls antworten 17,5 Prozent mit "ich habe bzw. hätte meine Pläne verschoben und es mir, wenn möglich, für später noch einmal überlegt".

www.willhaben.at

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