Österreichische Studie
So ernst nehmen Influencer Werberichtlinien und Jugendschutz

| Redaktion 
| 04.03.2024

Eine Studie des Österreichischen Werberats und des Jugendmedienschutzvereins liefert Erkenntnisse über ethische und rechtliche Berufsrichtlinien in der Blogosphäre.

Angesichts der steigenden Relevanz der Mediennutzung von Heranwachsenden sind Influencer:innen und deren mediale und werbliche Praktiken in vielen Fällen Teil des Medien- und Marketingmixes. Im Hinblick auf den besonderen Schutz von Minderjährigen ist dabei die Etablierung von ethischem Bewusstsein in einem sich zunehmend professionalisierenden Berufsfeld von besonderer Bedeutung. Doch welches Wissen haben Influencer:innen über ethische und rechtliche Berufsrichtlinien – in Bezug auf Selbstregulierung in der Werbung und Jugendschutz? Welches berufliche Selbstverständnis gibt es und wie sieht generell deren Praxis aus? Erkenntnisse dazu liefern die aktuellen Forschungsergebnisse der FH St. Pölten im Auftrag des Österreichischen Werberats (ÖWR) und des Jugendmedienschutz-Vereins (JMS). Eine qualitative Befragung von ausgewählten österreichischen Influencer:innen, Auftraggeber:innen und Digitalmarketing-Agenturen über Rahmenbedingungen und Handlungsmaximen erlaubt einen Blick auf deren Beruf.

Influencer:innen gehen mit bedacht vor

Themen des Jugendschutzes sind vielfach gelebte Praxis, und das sowohl bei Influencer:innen, Auftraggeber:innen als auch bei Digitalmarketing-Agenturen. Die Beweggründe liegen einerseits in wirtschaftlichen Erwägungen (Markenfit und Image der Brand), andererseits in der Sorge um Reichweiten- und in der Konsequenz schließlich Kapitalverlust der Influencer:innen. Die diesen Prozess moderierenden Digitalmarketing Agenturen handeln ebenso aus den genannten wirtschaftlichen Erwägungen. Anderseits verdeutlicht der fokussierte Blick auf die Motive zur Berücksichtigung von Jugendmedienschutz-Faktoren, dass in der beruflichen Praxis vorderhand das Konzept der Fremdregulierung angewandt wird. Influencer:innen berücksichtigen vor allem die Rahmenbedingungen und Community Guidelines der Plattformen in Sozialen Medien, wenngleich sie durchaus auch den rechtlichen Rahmenbedingungen in Österreich entsprechen wollen.

Kenntnis der vorhandenen rechtlichen Vorgaben mangelhaft

Die Studie hat jedoch gezeigt, dass die Kenntnis der vorhandenen rechtlichen Vorgaben mangelhaft ist. Die diesbezügliche Differenz zwischen Anspruch und Realität wird in der Frage der Kennzeichnungspflicht deutlich. Selbst auferlegte Regeln resultieren vielfach aus den Wahrnehmungen zum Verhalten des Publikums und damit aus den Konsequenzen ihres Tuns.

Der Blick auf Vorgaben im Zusammenhang mit Werbung ergibt ein ähnliches Bild: Die Kenntnis der bestehenden Regeln ist oft lückenhaft, obwohl andererseits durchaus der Wunsch besteht, diese einzuhalten. Dies ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass Werbetreibende großen Wert auf Mindeststandards auch in diesem Bereich legen. "Das große ethische Bewusstsein bei den handelnden Akteur:innen und die Bereitschaft den vorhandenen oben genannten Regeln entsprechen zu wollen, ist ein durchaus erfreuliches Ergebnis und eine gute Ausgangssituation für weitere selbstregulierende Aktivitäten zur Professionalisierung der Branche", erklärt ÖWR-Präsident Michael Straberger. Denn,
Entwicklungspotenzial und Handlungsbedarf ist jedenfalls gegeben: "So ist aus den Befunden der empirischen Forschung nicht nur ein Defizit im Hinblick auf das Wissen um die bestehenden Regeln, sondern auch um die existierenden Selbstregulierungsorganisationen in Österreich und deren Arbeit feststellbar."

Wunsch nach einer Berufsvertretung und Lobby

Doch nicht nur das: Das Bedürfnis nach einer Anlaufstelle, die Fragen zur Kennzeichnungspflicht oder zu Sozial- und Steuerrecht beantwortet, wurde ebenso klar zum Ausdruck gebracht wie der damit einhergehende Wunsch nach einer Berufsvertretung und Lobby, die die Angehörigen der Branche und deren Interessen vertritt. Ziel solcher Netzwerke
wäre die Etablierung von Standards im Hinblick auf die Qualität des Contents und die Festschreibung von Prozessen des Influencer:innen Marketings, ebenso wie die respektvolle Kommunikation mit Influencer:innen.

"Denkt man den Anspruch an Qualität weiter, geht er auch mit dem Thema Jugendmedienschutz einher", ergänzt JMS-Vorsitzende Helga Tieben. "Aufgrund des großen Impacts, den Influencer:innen auf Jugendliche haben, ist es umso wichtiger, dass die Ziele und Anforderungen des Jugendschutzes auch in die Gestaltung ihres Contents einfließen.
Voraussetzung dafür ist natürlich das Wissen über Jugendschutzvorgaben. Mit dieser Studie leisten wir einen aktiven Beitrag für mehr Awareness rund um das Thema Jugendmedienschutz bei Influencer:innen."

Gemeinsam wolle man, so Straberger und Tieben unisono, das Potenzial der Selbstregulierungen nützen und Maßnahmen zur Awarenessbildung setzen. Eine der ersten Aktivitäten ist eine gemeinsame Veranstaltung von ÖWR und JMS zum Thema "Influencer:innen zwischen schneller Reichweite und verantwortungsbewusstem Handeln" am 29.Februar 2024, die die Möglichkeit des direkten Gedankenaustauschs zwischen Influencer:innen, Digitalmarketing Agenturen, Werbetreibenden und Fachexpert:innen bietet.

www.jugendmedienschutz.at

www.werberat.at

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