Laut aktueller KSV1870 Hochrechnung sind im ersten Quartal 2023 in Österreich 1.279 Unternehmen (+ 22,3 Prozent gegenüber 2022) von einer Insolvenz betroffen. Damit gibt es auch erstmals mehr insolvente Betriebe (+ 1 Prozent) als im Jahr 2019, dem Jahr vor der Corona-Pandemie. Den größten Zuwachs verzeichnet Wien (+ 40,3 Prozent), das deutlichste Minus Vorarlberg (- 13,3 Prozent). Weiters ist die Zahl der betroffenen Mitarbeiter:innen auf 4.200 Personen (+ 44,8 Prozent) und jene der betroffenen Gläubiger:innen auf 7.600 Geschädigte (+ 43,4 Prozent) angewachsen. Mit Blickrichtung Jahresende rechnet der Kreditschutzverband mit einem weiteren Anstieg.
14 Firmenpleiten pro Tag
Neues Jahr, alte Entwicklung – die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Österreich steige weiterhin, wenngleich nach wie vor nicht von einer Pleitewelle gesprochen werden könne, so der KSV1870 in einer Aussendung am Mittwoch. Gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres sind die Firmenpleiten den offiziellen Zahlen zufolge zwischen Jänner und März 2023 um 22,3 Prozent gestiegen, womit erstmals seit Ausbruch der Corona-Pandemie das Vorkrisenniveau (+ 1 Prozent) überschritten wurde. Somit sind in den ersten drei Monaten pro Tag 14 Unternehmen in die Insolvenz geschlittert.
"Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen des Vorjahres haben sich zu Jahresbeginn fortgesetzt, weshalb der Trend vergangener Monate anhält. Es war daher nur eine Frage der Zeit, bis das Vorkrisenniveau erreicht wird. Jetzt ist es so weit", erklärt Karl-Heinz Götze, MBA, Leiter KSV1870 Insolvenz. Neben dem deutlichen Zuwachs (+ 35,5 Prozent) bei den Eröffnungen fällt auf, dass auch die Zahl der mangels Kostendeckung nichteröffneten Verfahren (+ 5,1 Prozent) gestiegen ist. "In diesen Fällen ist der 'worst case' eingetreten. Nachdem zu lange mit einem Insolvenzantrag gewartet wurde, müssen diese Unternehmen liquidiert werden. Für die Mitarbeiter bedeutet das den Verlust ihrer Jobs, zudem sehen die Gläubiger keinen Cent", so Götze. Aus Sicht des KSV1870 wäre es eine Option, zukünftig über die Eröffnung von aktuell nichteröffneten Fällen nachzudenken. Auch, weil es im Zuge einer ordentlichen Regulierung häufig durchaus realistisch wäre, verwertbare Assets zu finden, die zugunsten der Gläubiger:innen ausgelegt werden könnten.
Bisher Größte Firmenpleite treibt Gesamtpassiva
Im Gegensatz zu den Fallzahlen fällt das Plus bei den vorläufigen Passiva weitaus geringer aus. Passiva in der Höhe von rund 286 Mio. Euro bedeuten einen Anstieg von 2,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Damit bestätigt sich der jüngste Trend, dass Firmenpleiten zunehmend kleinteiliger werden. Insgesamt gab es bislang fünf Unternehmensinsolvenzen mit Passiva von zumindest zehn Millionen Euro. Die bis dato größte Pleite des Jahres betrifft die "Pharmazeutische Fabrik Montavit Gesellschaft m.b.H." aus Tirol mit vorläufigen Passiva von rund 45 Millionen Euro (LEADERSNET berichtete). Diese Insolvenz ist auch der Grund dafür, warum in Tirol die Passiva gegenüber den ersten drei Monaten des Vorjahres um mehr als 360 Prozent gestiegen sind.
Insolvenztreiber
Wie im Vorjahr sind auch im ersten Quartal 2023 die Bauwirtschaft (274 Fälle), der Handel, Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen (217) und Tourismus/Gastronomie (181) jene Bereiche, in denen sich die meisten Insolvenzen ereignet haben. "Hohe Kosten und fehlendes Personal bilden jenen gefährlichen Mix, der für viele Betriebe über einen längeren Zeitraum nicht zu stemmen ist. Für sie bildet die Insolvenzanmeldung den einzigen Ausweg", so Götze.
Dieser Schritt erfolge laut dem Experten häufig jedoch zu spät. Es sei daher wenig überraschend, dass auch bei den Nichteröffnungen der Handel (69 Fälle), die Bauwirtschaft (68) und der Bereich Tourismus/Gastronomie (59), neben dem Gesundheits- und Sozialwesen (89 Fälle), die meisten Fälle aufweisen.
Mehr Pleiten bis Jahresende erwartet
Aus Sicht des KSV1870 gilt eine Fortsetzung der jüngsten Insolvenzentwicklungen als wahrscheinlich. Abhängig sei diese jedoch auch weiterhin von den äußeren wirtschaftlichen Umständen, die die Betriebe gravierend belasten. Mit Blickrichtung Jahresende würden in Österreich somit 5.500 Firmenpleiten im Bereich des Möglichen liegen. Das würde einen Zuwachs im niedrigen zweistelligen Prozentbereich bedeuten. Gegenüber Vorkrisenzeiten wären das bis zu 500 insolvente Unternehmen mehr.
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