Hohes Haus – tiefes Niveau

| Redaktion 
| 05.03.2023

Gastkommentar von Ralf-Wolfgang Lothert, Mitglied der Geschäftsleitung und Director Corporate Affairs & Communication von JTI Austria.

Mein Beruf bringt es klarerweise mit sich, dass mich Kommunikation und Sprache den ganzen Tag begleiten und beschäftigen. Abweichungen von dem, was ich dabei als „normal“ empfinde, fallen mir deshalb umso mehr auf. Was mich aber leider immer öfter regelrecht schockiert, ist der Tonfall von einzelnen Abgeordneten des Hohen Hauses (Nationalrat) und anderer Repräsentant:innen in hohen politischen Ämtern oder gesellschaftlicher Stellung. Ich muss, so glaube ich, nicht dezidiert ausführen, wessen Verhalten ich meine – und das fällt meines Erachtens schon unter Respektlosigkeit.

Respekt, so hat es meine Mutter früher oft gesagt, muss man sich verdienen. Das sehe ich auch heute noch so, und möchte aber gleich hinterherschicken, dass das völlig unabhängig von einem respektvollen Umgang zu sehen ist! Einen respektvollen Umgang hat jeder Mensch verdient, unabhängig von Bildung, Herkunft, Weltanschauung oder den Idealen, die er oder sie vertritt – dazu später noch mehr.

Was momentan in der Politik in Österreich – auch in Deutschland, aber dort vielleicht nicht ganz so extrem – "abgeht", das ist genau das, was ich unter der eingangs erwähnter Respektlosigkeit verbuchen würde. Hier wird sich, quer durch alle Parteien, über die Medien gegenseitig ausgerichtet, man sei entweder senil oder eine nicht gerade erfreuliche Persönlichkeit der neueren Geschichte. Da werden Kriegsopfer plötzlich zu Schuldigen gemacht und einige Absonderlichkeiten mehr – die Liste ließe sich noch ein gutes Stück weiterführen. Da ereilt einen doch der Eindruck, dass das seinen Ursprung nicht mehr nur in mangelnder Sympathie, sondern schon regelrechtem Hass hat. Verstärkt noch vom Einsatz von Wörtern und Techniken, die einst in einer dunklen Zeit dem Propagandaministerium (korrekt: "Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda") vorbehalten waren, das seinen Namen ja auch nicht von ungefähr hatte.

Dass dabei nicht nur die Sprache, sondern mit ihr die Gesellschaft verroht, ist leider ein trauriger Fakt. Einige wenige wenden sich bestenfalls noch angewidert ab oder stumpfen ab und werden gleichgültig, andere wiederum nehmen sich schlechtestenfalls ein Beispiel und handeln nach diesem Vorbild. Ein Horrorszenario für unser normales gesellschaftliches Leben – dieser Weg kann meiner Meinung nach keinesfalls der richtige sein.

Zurück zum respektvollen Umgang und was das genau bedeutet. Meine geneigten Leser:innen wissen, dass ich gerne Familienmitglieder zitiere, in diesem Fall meinen Großvater, wenn Sie erlauben. Er hätte gesagt "hart in der faktischen Auseinandersetzung, im Ton sachlich, und immer mit dem Bestreben, dass man hinterher gemeinsam ein Bier trinken gehen kann". Respektvoller Umgang bedeutet also, jeden und jede gleichzubehandeln, bzw. so zu behandeln, wie man selbst gerne behandelt werden möchte. Das heißt, Vereinbarungen einzuhalten, pünktlich zu sein und, ganz allgemein gesprochen, davon auszugehen, dass Auseinandersetzungen nicht dazu da sind, eine:n Sieger:in oder eine:n Verlierer:in zu ermitteln, sondern um dadurch zu einer guten Lösung eines Problems oder einer Herausforderung zu gelangen. Respektvoller Umgang bedeutet dabei vor allem auch die Meinung anderer zu respektieren und nicht dem Gegenüber mit Verachtung begegnen, selbst wenn man absolut nicht derselben Meinung ist.

Dies gesagt, sollte doch respektvoller Umgang eine Selbstverständlichkeit für uns alle sein. Wir müssen wohl hart daran arbeiten, dass diese Selbstverständlichkeit wieder zurückkehrt.

Wie aber ist es mit dem Respekt an sich? Wer respektvollen Umgang verdient hat – also jede und jeder – muss sich vielleicht dennoch Respekt verdienen. Zumindest ist der respektvolle Umgang die Grundlage dafür, sich Respekt zu verdienen. Respekt beschreibt nämlich eine Form besonders hoher Aufmerksamkeit, Achtung, Wertschätzung und Bewunderung gegenüber anderen. Der sich u. a. daraus ergeben kann, wenn aus einem respektvollen Umgang heraus Lösungen für anstehende Probleme gelingen.

Respekt empfinde ich zum Beispiel für Menschen, die Einzigartiges für die Gesellschaft leisten, ohne Hintergedanken, was für sie dabei "rausspringen" könnte. Respekt bringe ich solchen Menschen entgegen, die ihre Worte und Taten mit Bedacht wählen und setzen, und nicht über andere "drüberfahren", weil sie es können. Respekt zolle ich aber auch all jenen, die dazu beigetragen haben, dass JTI Austria nach 239 Jahren nach wie vor als respektables Unternehmen da steht und als Arbeitgeber und Steuerzahler seinen Beitrag für die Gesellschaft leistet.

Lassen wir uns deshalb nicht anstecken von respektlosen Tendenzen, seien wir lieber selbst ansteckend mit respektvollem Umgang und hüten wir den Respekt wie ein wertvolles Kleinod.

www.jti.com


Kommentare auf LEADERSNET geben stets ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors bzw. der jeweiligen Autorin wieder, nicht die der gesamten Redaktion. Im Sinne der Pluralität versuchen wir unterschiedlichen Standpunkten Raum zu geben – nur so kann eine konstruktive Diskussion entstehen. Kommentare können einseitig, polemisch und bissig sein, sie erheben jedoch nicht den Anspruch auf Objektivität.

Entgeltliche Einschaltung

leadersnet.TV