Energiekrise und Ukrainekrieg führen zu Trendwende am Immobilienmarkt

| Redaktion 
| 25.09.2022

Die Anzahl der Immobilienverkäufe ist rückläufig, der Umsatz legte aber nochmals zu, das ergibt der RE/MAX-ImmoSpiegel. Dieser hält Überraschungen parat.

Die Corona- und Energiekrise, der Ukrainekrieg und völlig ungewohnte Inflationswerte führten auch am Immobilienmarkt zu Veränderungen. "Wir beobachten schon seit einigen Monaten, dass die Nachfrage nach Immobilien von einem unglaublich hohen Niveau zurückgeht und das Angebot steigt", erklärt Bernhard Reikersdorfer, Geschäftsführer von RE/MAX Austria und ergänzt: "eine Trendwende zeichnet sich ab."

Das große Ganze

Laut den RE/MAX-ImmoSpiegel-Analysen wurden im ersten Halbjahr 2022 74.258 Verbuchungen durchgeführt, um -2.331 weniger als 2021, also ein Minus von 3,0 Prozent. Aber es sind um +10,3 Prozent mehr als 2020, um +15,7 Prozent mehr als 2019 und das Doppelte von 2013.

Beim Transaktionswert ist diese Marktmüdigkeit nicht zu spüren. Mit 21,73 Milliarden Euro wurde im ersten Halbjahr 2022 erstmals die 20-Milliarden-Euro-Hürde genommen und gleichzeitig 2,12 Milliarden Euro, also +10,8 Prozent draufgesetzt.

"Der Zuwachs wurde vor allem von Wien und der Steiermark, aber auch von Ober- und Niederösterreich mitgetragen. Damit hat sich der Immobilienhandelsumsatz im ersten Halbjahr seit 2019 und 2020 um ein Drittel erhöht und gegenüber 2015 und davor mehr als verdoppelt", ordnet Reikersdorfer die Zahlen ein.

 REMAX-ImmoSpiegel Veränderungen nach Anzahl verkaufter Immobilien © REMAX

Änderungen für Käufer und Interessenten

Auf Grund der Zeit, die ein Immobilienkauf von der ersten Besichtigung bis zur vollständigen Verbücherung im Grundbuch beinhaltet, sind diese Zahlen auch noch Effekte aus 2021 und der Zeit vor dem 24. Februar 2022, als für viele fast alles machbar und möglich schien. "Mittlerweile treibt die Inflation zuerst über das Material und jetzt über das Personal, die Neubaukosten und nagt jetzt auch heftig am angesparten Eigenkapital für Neuanschaffungen", analysiert Mag. Anton Nenning, RE/MAX-Austria-Experte und fügt hinzu: "Damit sind viele Finanzierungen, die noch vor einem Jahr problemlos und günstig abgewickelt werden konnten, plötzlich ein Fall für ausgesuchte Experten, die auch in kniffligen Situationen noch einen Weg finden. Für viele bedeutet das aber auch schlichtweg einen Projektstopp."

Markt scheint in Ordnung zu sein

Warum der Immobilienmarkt dennoch funktioniert, erklärt Reikersdorfer: "Viele Grundstückskäufer, die den Traum hatten, einen Neubau zu errichten, orientieren sich aufgrund der massiv gestiegenen Baukosten bzw. der Tatsache, dass sie dafür keine Finanzierung mehr bekommen, neu. Der Markt für gebrauchte und damit wesentlich günstigere Einfamilienhäuser rückt in dieser Zielgruppe vermehrt in den Fokus. Weiters gibt es noch immer eine Vielzahl von Anlegern, die ihr Geld zwar mit geringerer Rendite, aber zumindest inflationssicher parken wollen. Es hat sich auch gezeigt, dass viele Verkäufer in erster Linie Erben, die in den letzten Monaten noch zugewartet und auf steigende Preise gehofft haben, ihre Immobilie jetzt auf den Markt bringen. Sie investieren ihr Geld in ihre eigene Wohn- und Lebenssituation, solange es noch so viel wert ist wie jetzt". 

REMAX-ImmoSpiegel Veränderungen nach Wert verkaufter Immobilien © REMAX

Verschiebungen im Markt

Laut dem laut RE/MAX-ImmoSpiegel stellen Veränderungen die gegenüber 2021 fehlenden -1.727 Verbücherungen von Grundstücken dar, auch die -528 weniger Gebäude. Hinzukommen noch -130 weniger Einfamilienhäuser,-127 weniger Hausanteile, -147 weniger Dachgeschoßwohnungen, -144 weniger Waldstücke. In der Menge nur teilweise kompensieren das die +136 mehr Reihenhäuser und+138 mehr Zinshäuser. Das größte Plus kommt beim Gesamtwert mit rund +790 Millionen Euro von Wohnungen, +420 Millionen Euro von Gebäuden und +360 Millionen. Euro von Zinshäusern. Bemerkenswert ist auch der Einbruch bei Bürogebäuden von -260 Millionen Euro. 

Der Aufreger der letzten Jahre, die Pkw-Abstellplätze, hat sich eingependelt und liegt wie 2021 knapp unter 13.000 Einheiten (-0,5 Prozent).

Strukturveränderungen wirken nach

"Ausdruck der Veränderungen sind nicht nur die Gesamtzahlen am Immobilienmarkt", sagt Nenning und ergänzt: "sondern vielmehr auch ihre Zusammensetzung. Wenn die Grundstückshandelsmenge massiv einknickt, dann sind das die Einfamilienhäuser, die in den nächsten Jahren eben nicht gebaut werden. Wenn der Bürogebäudeumsatz trotz fast konstanter Menge um beinahe die Hälfte zurückgeht, dann sind darin auch Homeoffice-Auswirkungen und Downsizing-Maßnahmen als Ursache versteckt."

Top-100-Verbücherungen sind um ein Fünftel mehr wert

Den RE/MAX-Experten zufolge ist der Wert der Top-100-Immobilienverkäufe im ersten Halbjahr, unabhängig vom Immobilientyp von 1,75 Milliarden Euro (2021) auf 1,96 Milliarden Euro gestiegen, also um +12 Prozent. Die Eintrittsgrenze für den Top-100-Club lag 2022 bei 10,0 Millionen Euro, nach 8,4 Millionen Euro im Jahr 2021. Ein Plus von 19 Prozent.

Waren die Top-Ten im vergangenen Jahr noch breit gestreut auf Tirol (1), Steiermark (2), Niederösterreich (3) und Wien (4) verteilt, hat die Bundehauptstadt 2022 gleich sieben Top-Ten-Platzierungen, Oberösterreich zwei und Kärnten eine.

Verschiebungen unter den Bundesländern

Auch wenn österreichweit -3,0 Prozent an Verkaufsobjekten zum Vorjahr fehlen, legen Steiermark und Salzburg dem Trend zum Trotz zu: Steiermark +9,2 Prozent und Salzburg +3,6 Prozent. Auch Niederösterreich behauptet sich mit -2,7 Prozent noch besser als der Bund.

Am schlechtesten sieht es in Vorarlberg mit -10,7 Prozent und in Oberösterreich mit -9,5 Prozent aus. Auch Tirol stöhnt mit -6,4 Prozent und Kärnten mit -5,2 Prozent. "Um die Kirche aber im Dorf zu lassen, muss auch erwähnt werden, dass in jedem einzelnen aller neun Bundesländer die 2022er-Mengen über jenen von 2020 lagen", relativiert Nenning.

Mehr Informationen finden Sie hier

www.remax.at

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