Dieses Berufsfeld ist das schönste der Welt
Jede und jeder hat Erfahrung mit Tourismus, weiß, was das ist, und glaubt, mitsprechen zu können. Auch unter jenen, die sich für den Tourismus beruflich interessieren, weil sie gerne mit und für Menschen arbeiten wollen, und an die FHWien der WKW kommen, zeigt sich, dass viele in einem gängigen Bild von Tourismus verhaftet sind. Der Studienbereich Tourism & Hospitality Management, 1994 mit der Gründung der FHWien der WKW unter dem Titel „Tourismus-Management“ als Diplom-Studiengang etabliert und somit der Veteran unter den Studienbereichen, setzt daher bewusst bei der Frage an, was Tourismus wirklich ist. Der Ausgangspunkt dabei ist, dass sich der Tourismus als Querschnittsphänomen darstellt, weil er zahllose Berufsfelder von Personalmanagement und Organisation über Buchhaltung, Kostenrechnung und Controlling bis zu Marketing, Unternehmensführung und Entrepreneurship vereint. Als Kernaufgabe definiert die FHWien der WKW, die immense Bandbreite dieses Berufsfeldes sinnvoll aufzubereiten und Studierenden Basiswissen in einem guten Überblick mitzugeben. Gleichzeitig geht es um das Vermitteln von Begeisterung und Engagement für dieses Berufsfeld, Eigenschaften, die im Gästekontakt ein unverzichtbarer Mehrwert sind. Das Endprodukt in diesem Berufsfeld zielt letztendlich immer darauf ab, Menschen die schönsten Stunden, Tage oder Wochen des Jahres zu bereiten. Das Vermitteln von Freude an diesem Berufsfeld ist daher im Studienplan, zusätzlich zur Internationalität, fixer Bestandteil.
Eine Branche im Wandel
Österreich ist eine der führenden Tourismusregionen in Europa. Der Tourismus ist hierzulande nicht nur wirtschaftlich von Bedeutung, sondern prägt auch die Entwicklung vieler Destinationen und der Menschen, die dort leben. Die Pandemie hat das weltweite Wachstum des Tourismus vorübergehend jäh gebremst und zu einem Nachdenken über zukünftige Entwicklungen geführt. Nachhaltigkeit, Digitalisierung und neue Arbeitswelten sind auch im Tourismus zu zentralen Themen geworden.
Die Intention ist es, Studierenden bewusst zu machen, dass der Tourismus permanent neu gedacht und mit Kompetenz für Innovation angegangen werden muss. Die Erfahrung lehrt, dass angesichts rasanter Veränderungen die Verwaltung bestehender Angebote zu wenig ist, um konkurrenzfähig zu bleiben.
Zusätzlich hat die Notwendigkeit, dass sich Menschen in ihren Fähigkeiten spezialisieren, auch vor dem Tourismus nicht haltgemacht. Wie in anderen Branchen sind Tätigkeitsfelder fragmentierter geworden. Bestrebungen, Organisationen schlank zu gestalten, bedingen das Auslagern von Tätigkeiten. Schon am Beispiel nur eines Konzertes fächert sich ein Netzwerk an Unternehmen auf, die für die Auftretenden, die Bühne, die Technik, den Kartenverkauf oder das Anwerben von Publikum einzeln verantwortlich zeichnen, aber gemeinsam ein stimmiges Gesamtprodukt schaffen müssen. Dieser Prozess der Aufspaltung wird durch die Digitalisierung weiter befeuert. Die Lehre ist laufend gefordert, immer mehr Entwicklungen in einer Gesamtbreite abzudecken, ohne zu spezifisch zu werden.
Von den genannten Faktoren ausgehend bietet die FHWien der WKW ein betriebswirtschaftliches Studium im Bereich Tourismus an. Anders als in anderen Studienbereichen sind die Studierenden im Bachelor-Studiengang meist sehr junge Menschen ohne Berufserfahrung, die nach der Matura dieses Studium beginnen.
Weiterführende Einblicke
Auf Basis dieser wirtschaftlichen Ausbildung haben Studierende im Bachelor-Studiengang die Möglichkeit, sich in die Bereiche Hotelmanagement, Gastro- und Kulinarikmanagement, Eventmanagement, Kongress- und Tagungsmanagement sowie Mobilität zu vertiefen. Studierende lernen in drei Semestern jeweils einen dieser Bereiche näher kennen, schauen sich bei Betriebsbesuchen Geschäftsmodelle an und knüpfen Kontakte zur Praxis. Rund ein Viertel der Studierenden wählt für die Vertiefung den Hotellerie-Sektor. Schon seit den 1950er-Jahren stellt sich das Beherbergungssegment als dynamischer Markt dar, der permanentes Wachstum aufweist. Das bedeutet, dass laufend neue Jobs entstehen. Marketing und Social Media haben dabei enorm an Bedeutung gewonnen. Diesen Schnittstellenjobs, die allerdings häufig nicht mehr direkt in der Hotellerie angesiedelt sind, sondern etwa in Agenturen, die mit der Hotellerie zusammenarbeiten, ist ein besonderes Augenmerk gewidmet.
Kulinarikmanagement als neues Angebot
Der Bereich Gastro- und Kulinarikmanagement ist seit 2019, nicht zuletzt durch eine verstärkte Nachfrage bei den Studierenden, erstmals als vertiefende Ausbildung im Studienplan enthalten. Generell gilt Kulinarikmanagement im Hochschulbereich nach wie vor als unterschätztes und wenig angebotenes Thema. Die FHWien der WKW hat sich daher bewusst des Themas angenommen, um das notwendige Rahmenwissen zu vermitteln. Die Bandbreite reicht dabei von Produktionsprozessen und dem Transport der Nahrungsmittel über Personal bis zu gesetzlichen Auflagen. In einer Kooperation gehen Studierende zusätzlich in die Küche, um grundlegende Kochprozesse zu erlernen. Derart wird vermittelt, dass wirklich jeder Schritt wichtig ist, damit das Endprodukt passt. Übergeordnet bedeutet das auch, die entsprechende Kultur, die gewachsenen Traditionen zu vermitteln.
Der Bereich Eventmanagement gilt als Top-Netzwerkbranche mit besonders vielen Einzelunternehmen, die im Verbund ein Event gestalten. In der Ausbildung liegt der Schwerpunkt auf dem Vermitteln der umfassenden Anwendungsmöglichkeiten. Spezialthema ist Kongress- und Tagungsmanagement. Wien als Weltstadt des Kongresses hat international einen hervorragenden Ruf. In Zusammenarbeit mit dem Austrian Convention Bureau, der Hofburg Kongresszentrum Wien, der Messe Wien und anderen Einrichtungen tauchen Studierende vor Ort in das weltumspannende Business ein.
Mobilität als großes Zukunftsthema
Im Bereich Transport-Management – von den Wiener Linien bis zu Austrian Airlines, von Seilbahnen bis zur Schifffahrt – offenbart sich ein weites Arbeitsfeld für die Zukunft. Gästewünsche stellen sich seit jeher als ein gesellschaftliches Phänomen dar und sind daher auch gegenwärtig durch die aktuellen Entwicklungen, angetrieben von der Digitalisierung, beeinflusst.
Das Internet hat die Mobilität extrem beschleunigt, Buchungsprozesse werden kurzfristiger, die durchschnittliche Aufenthaltsdauer hat sich verringert. Dazu kommt, dass Vorlieben für bestimmte Destinationen oder einzelne Sehenswürdigkeiten rascher wechseln. Die Lenkung von BesucherInnen-Strömen, wie sie früher funktioniert hat, ist überholt.
Statt der FremdenführerInnen geben Apps vor, wo Touristinnen und Touristen hingehen. In der Lehre rücken Fragestellungen, was der Gast will, warum er wohin kommt, ins Zentrum, verbunden mit Lösungsansätzen für flexibles und effizientes Agieren. Hybride Konsumentinnen und Konsumenten, die etwa einen Würstelstand frequentieren und trotzdem im Fünf-Sterne-Hotel essen wollen, sind an der Tagesordnung. Mit der steigenden Mobilität verstärkt sich das Thema der ökologischen Nachhaltigkeit als potenzieller Konflikt. Permanente Zuwachsraten erfordern eine erhöhte Sensibilität und das Verstehen, dass die Lösung nicht im Schwarz-Weiß-Denken liegt. Dafür Bewusstsein zu schaffen, welche grundsätzlichen Strategieszenarien möglich sind, welche Instrumente Gäste auch im Sinne von Nachhaltigkeit länger an einem Ort verweilen lassen, welche alternativen Nutzungen in Hinblick auf den Klimawandel für Regionen leistbar sind, ist im Studienplan in allen Modulen nachhaltig verankert. Destinationsmanagement beschäftigt sich damit, wie man die einzelnen Faktoren aufeinander abstimmt und welche Entwicklungsmöglichkeiten es gibt, um profitabel zu bleiben, die Umwelt zu schonen, den Gästeansturm verträglich zu halten und gleichzeitig dem einzelnen Gast ein einzigartiges Erlebnis zu bieten.
Hochsensibles Beschwerdemanagement
Da der Tourismus stets ganz nahe am Menschen ist, wird dem Thema Gästezufriedenheit in der Ausbildung breiter Raum eingeräumt. Das Beschwerdemanagement ist durch die sozialen Medien noch wesentlicher geworden. Mit der Digitalisierung hat sich die Verbreitung von Lob oder Kritik vervielfacht und ist global geworden. Zusätzlich verbreiten sich Lob und Kritik in enormem Tempo. Im Tourismus ist zudem zu beobachten, dass das Beschwerdemanagement ein besonders sensibler Bereich ist, da Menschen den Tourismus als etwas wahrnehmen, was sie alle betrifft, und entsprechend engagiert posten und anderen Posts viel Aufmerksamkeit einräumen. Im Zusammenhang mit Gästezufriedenheit und Beschwerdemanagement rückt der Dachbegriff Dienstleistung ins Rampenlicht. Dabei tut sich eine Kluft zwischen der perfekten amerikanischen Checklisten-Gastlichkeit und dem bürokratisch und hierarchisch geprägten österreichischen Verständnis von Dienstleistung auf. Klischeehaft ausgedrückt lassen sich die Unterschiede wie folgt abbilden: Der amerikanische Weg ist, „Hallo, mein Name ist Michael, ich bin Ihr Kellner, Sie wünschen exakt nach dem dritten Gang ein Glas gut temperiertes Wasser, kein Problem!“ Der österreichische Weg ist: „Das haben wir noch nie gemacht, das steht nicht in der Karte, das dürfen wir nicht.“ Diese Kluft erklärt sich einerseits durch kulturelle Prägungen, viel mehr aber noch durch die vorhandenen Strukturen. Österreich hat eine lange monarchische Vergangenheit und weist im Tourismus im Vergleich mit anderen Branchen den höchsten Anteil an Familienbetrieben auf.
DienstleisterInnen des Herzens
Gerade dieser besonders hohe Anteil an Familienbetrieben kennzeichnet umgekehrt den österreichischen Weg durch ein wesentlich persönlicheres, herzlicheres Verständnis von Dienstleistung. Warum die österreichischen DienstleisterInnen des Herzens in der Realität dann bisweilen doch nicht herzlich reagieren, ist häufig durch die Rahmenbedingungen verursacht. Fehlendes Management bzw. Überlastung sind die häufigsten Ursachen. Zusätzlich sind vor allem im ländlichen Bereich Betriebserweiterungen, Betriebsübergaben und das Hereindrängen von Konzernen für Familienbetriebe komplexe Herausforderungen. An der FHWien der WKW wird aus strategischen Gesichtspunkten bewusst diese österreichische Gastlichkeit in allen Facetten thematisiert und diskutiert. Der Ansatz ist, dass durch die Digitalisierung der Tourismus immer globaler wird und die Möglichkeiten, zu vergleichen, sich verbessert und beschleunigt haben, da die Angebote uniformer werden. Als Unterscheidungskriterium bleibt das analoge Erlebnis, der besonders gestaltete Kontakt mit Menschen, der sich von einer nüchternen Erfüllungsleistung abhebt. Die österreichische Tourismuswirtschaft bringt mit ihrer familiär geprägten Struktur gute Voraussetzungen mit, um bei aller Digitalisierung analog zu punkten.
Damit zusammenhängend zeigt die Lehre Strategien auf, wie das Wunschbild der DienstleisterInnen des Herzens umgesetzt werden kann. Dazu bedarf es zuerst einmal der Einsicht, dass Menschen, die permanent im direkten Kontakt mit dem Gast sind, auch emotional versorgt und unterstützt werden und sich auch als UnternehmerInnen Rückzug gönnen müssen. Nur wer in seiner Tätigkeit gut unterstützt wird und Ruhepausen einlegt, die oder der kann die Leistung am nächsten und übernächsten Tag ebenfalls erbringen. Das hat auch wirtschaftliche Relevanz. Gegenwärtig ist das Szenario, dass im Tourismus viele junge Menschen tätig sind, die ihre Jobs für zwei, drei Jahre ausüben und dann abwandern. Die FHWien der WKW sieht es als eine ihrer Aufgaben, Bewusstsein zu schaffen, dass Menschen im Tourismusbereich schnell ausbrennen. Gleichzeitig gilt es, Management-Qualitäten zu schulen, um dieses Ausbrennen zu verhindern. Die Digitalisierung wird in diesem Zusammenhang als eine Chance wahrgenommen. Wer sich mit gut funktionierenden Tools die Arbeit erleichtert, die oder der hat mehr Kapazität für Beziehungszeit mit dem Gast. Im Gegensatz zu früher, als etwa der Hausbursche mit Gästen auch spazieren gegangen ist und das nicht als Job gesehen hat, leitet sich jetzt daraus eine wichtige berufliche Funktion als analoger Mehrwert ab. Dafür gilt es, über diese Beziehungsgeschichte mit dem Gast nachzudenken, zu reflektieren, was der Gast möchte und wie diese Beziehung zu gestalten ist, dass sie nicht als Bespaßung, sondern als Bereicherung wahrgenommen wird. Das sind Mehrwert-Prozesse, die Maschinen nicht leisten können, die aber andererseits auch bewusst durchdacht gehören, da Gäste unterschiedliche Wünsche und Empfindungen haben.
Authentische Beziehungsarbeit
Ein wichtiges Kriterium bei dieser Beziehungsarbeit ist die Authentizität. Warum macht der Hausbursche Spaziergänge mit den Gästen? Will er sich nur etwas dazuverdienen oder ist es ihm auch ein Anliegen? So schließt sich der Bogen, warum Begeisterungsfähigkeit und Freude, das Bedürfnis, anderen Menschen ein schönes Erlebnis zu bescheren, im Tourismus so wichtig sind. Eng verbunden damit ist ethisches Empfinden, in dem vor allem die UnternehmerInnen als Führungskräfte gefordert sind. Will ich mich nur am Gast bereichern oder nehme ich mir die Mühe, genau zu schauen, warum der Hausbursche die Spaziergänge absolviert? Dann finde ich vielleicht heraus, dass er sehr tüchtig ist, aber jemand anderer besser für die Spaziergänge geeignet ist, weil sie oder er mehr Passion dafür mitbringt. Das sind wichtige Management-Aufgaben, die in der Praxis gerade entdeckt werden.
Nachhaltiger Städtetourismus im Fokus
Unser neuer Master-Studiengang Urban Tourism & Visitor Economy Management verfolgt die Vision eines zukunftsfähigen Städtetourismus, der die Bedürfnisse von Gästen, Einheimischen und der lokalen Wirtschaft in Einklang bringt. Das Studium bildet ExpertInnen aus, die kreative Lösungen für den Tourismus in vielbesuchten Städten erarbeiten und umsetzen. Ein besonderes Augenmerk wird dabei auf Nachhaltigkeit gelegt. Das neue Masterstudium setzt genau dort an und paart datenbasierte Entscheidungskompetenz mit Kreativität und Innovation. Es eröffnet so jenen ganzheitlichen Zugang, mit dem sich der internationale Städtetourismus erfolgreich den Fragen der Zukunft stellen kann.

Dr. Florian Aubke
Studienbereichsleiter Tourism & Hospitality Management
FHWien der WKW
Entgeltliche Einschaltung