"Der Kultursommer ist ein Paradebeispiel für Solidarität"

Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler im Gespräch mit LEADERSNET über die Highlights des "Wiener Kultursommer", das Konzept des "Fair Pay" und den bewusst niederschwelligen Zugang. 

Wien ist Kunst, Wien ist Kultur – auch in Zeiten der Pandemie. Der Kultursommer geht bis 15. August 2021 in die zweite Runde. LEADERSNET hat Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler zum Interview getroffen.

LEADERSNET: Mit Kunst und Kultur trotzte die Stadt Wien bereits im Vorjahr der Corona-Stille. Was ist in Wien für den zweiten Kultursommer während einer Pandemie geplant?

Kaup-Hasler: Der erste Kultursommer war ein großer, auch international beachteter Erfolg. Der Kultursommer 2021 wird sogar noch größer als die erste Festivalausgabe. Die Reaktionen der Wiener:innen waren überwältigend, daher haben wir heuer zum Beispiel noch mehr Programm für die Bewohner:innen der "Häuser zum Leben". Hier wird altes und neues Wienerlied für die älteren Menschen geboten, die nicht mehr so mobil sind. Daher bringt der Kultursommer die Konzerte direkt zu ihnen.

Aber auch das Angebot für Kinder, Jugendliche und Familien wurde im Vergleich zum Vorjahr deutlich ausgebaut. 120 Vorstellungen an zehn Spielorten bieten alles, was ein junges Publikum begeistert: Akrobatik, Kindertheater, musikalische Reisen, Geschichtenerzähler:innen, Clowneskes und vieles mehr. Und im Bank Austria Kultursommer-Club bei der Donaustadtbrücke im 22. Bezirk drehen DJ-Kollektive an zwölf Themenabenden im Juli und August (Freitag und Samstag) so richtig auf. Hier kosten die Tickets zehn Euro, werden aber vor Ort zur Gänze in einen Gastro-Gutschein umgewandelt. Für alle anderen, insgesamt 1000 Veranstaltungen quer durch alle Genres des Kultursommers gilt freier Eintritt.

LEADERSNET: Wie ist es möglich, so ein Spektakel kostenlos anzubieten?

Kaup-Hasler: Der Kultursommer ist ein Paradebeispiel für Solidarität! Wir haben das bewusst in zwei Richtungen gedacht: Einerseits brauchen die Künstlerinnen und Künstler zum jetzigen Zeitpunkt dringend Gelegenheit, aufzutreten – weil sie ihre Programme zeigen wollen, aber natürlich auch, um mit ihrer Kunst Geld zu verdienen. Beim Kultursommer gilt das Prinzip des Fair Pay – alle Künstlerinnen und Künstler bekommen die gleiche Gage. Andererseits brauchen auch die Menschen dieser Stadt nach all den Herausforderungen und Einschränkungen niederschwelligen Zugang zu Kunst und Kultur. Open Air und bei freiem Eintritt können hier alle inspirierende Kulturerlebnisse haben. Und wer weiß, vielleicht entdeckt der ein oder andere etwas Neues und besucht im Herbst die Wiener Kulturinstitutionen? Das wäre die schönste Form von nachhaltiger Kulturförderung!

LEADERSNET: Wie viele Locations werden den Künstler:innen zur Verfügung stehen? Gibt es neue Spielstätten?

Kaup-Hasler: Der Zuspruch der Wiener:innen sowie der Künstlerinnen und Künstler hat uns darin bestärkt, auch heuer wieder die gesamte Stadt zu bespielen – von Liesing bis Floridsdorf, von Penzing bis Simmering. Es wird auf insgesamt 40 Bühnen gespielt. Neue Bühnen sind im 3., 11. und 21. Bezirk entstanden.

LEADERSNET: Wie viele Künstler:innen werden zu Gast sein? Von wo kommen diese?

Kaup-Hasler: Auch das ist einzigartig: Es gab einen offenen Call, auf den sich alle bewerben konnten, die gerne Teil des Kultursommers sein wollen. Und das waren überwältigend viele! Das künstlerische Board, das aus Expertinnen für die verschiedenen Genres zusammengesetzt ist, hat dann die tausend Acts ausgewählt, die nun die Breite des Wiener Kulturlebens auf die Sommerbühnen bringen.

LEADERSNET: Theater, Tanz und Kabarett: Wo liegt der Fokus?

Kaup-Hasler: Kein Fokus! Der Wiener Kultursommer ist eine Melange. Unterhaltsame Spielereien und fordernde Wagnisse, runde G’schichten und um viele Ecken Gedachtes, aufrührerische Manifeste und versöhnliche Melodien, Altbekanntes und extra für den Kultursommer erarbeitete Uraufführungen. Es gibt eine Clubschiene mit DJ-Kollektiven, zeitgenössischen Zirkus, Literatur, Musik aus allen Richtungen, Tanzworkshops und –Aufführungen, Kabarett, Kinderprogramme – Kultur, so bunt wie diese Stadt.

LEADERSNET: Können Sie uns die Highlights kurz skizzieren?

Kaup-Hasler: Das wird für Jeden etwas Anderes sein, und ich bin mir sicher, es ist wirklich für Jede und Jeden etwas Ansprechendes dabei. Wer neuartige Akrobatik mag wird das Kollektiv Contakt lieben, Leo Lukas bringt mit seinem Kabarett-Programm die Leute zum Lachen, und The Erlkings bieten einen frischen Blick auf klassische Musik. Musikfans werden zur Band Kompost 3 oder zum Nino aus Wien kommen. Im Bereich Literatur darf man sich freuen, dass zum 100. Geburtstag von H.C. Artmann unter anderem Artmanns Witwe Rosa Pock-Artmann und der Musiker Voodoo Jürgens lesen. Aber mein wichtigster Tipp: Seien Sie neugierig und entdecken Sie Künstlerinnen und Künstler, die Ihnen bis dato unbekannt waren!

LEADERSNET: Wer ist die Zielgruppe?

Kaup-Hasler: Ganz einfach: alle Menschen dieser Stadt! Die Kraft, die ein gemeinsames Erleben von Kultur entfaltet, haben wir exemplarisch bei der Eröffnung des Kultursommers auf dem Rathausplatz gespürt, wo die Menschen nach so langer Zeit – getestet, genesen oder geimpft – endlich wieder gemeinsam ein großartiges Konzert hören durften. Es ist wunderbar, wie viele Menschen der Kultursommer erreicht, im vergangenen Jahr waren es 50.000!

LEADERSNET: Wie werden die Besucherströme gelenkt? Gibt es umfangreiche Sicherheitskonzepte?

Kaup-Hasler: Bei allen Kultursommer-Bühnen gilt die so genannte 3G-Regel sowie die Verpflichtung zur persönlichen Registrierung vor Ort. Eine Voranmeldung ist, außer für die Tanzworkshops Public Moves von ImPulsTanz, nicht nötig, für die Teilnahme am Kultursommer gilt das First-Come-First-Serve-Prinzip. (jw)

 www.kultursommerwien.at

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