Ein neuer Gesetzesentwurf des Justizministeriums schlägt gerade hohe Wellen bei den Gläubigerschutzverbänden des Landes: Laut einer Aussendung des Kreditschutzverbands von 1870 (KSV 1870) beinhalte der Entwurf zum Restrukturierungs- und Insolvenz-Richtlinie-Umsetzungsgesetz (RIRL-UG) "zahlreiche Stolpersteine". Als größte Kritikpunkte erkennt der KSV1870 die Konzeption der Restrukturierungsordnung (ReO) als "geheimes Verfahren", indem Gläubigerschutzverbände ohne Akteneinsicht zu einem zahnlosen Instrument degradiert werden. Dieser Umstand sei "nicht nachvollziehbar", zumal sich die Bevorrechtung der Gläubigerschutzverbände als ein "internationales Erfolgsmodell" etabliert habe, so der KSV 1870.
KSV 170 will "Fairness-Paket" vorlegen
Weiters ist im Privatkonkurs geplant, den Betrachtungszeitraum der Einkommenslage von Schuldnern zur Festlegung von Zahlungsplanquoten auf zwei Jahre zu reduzieren – das ist jedoch zu kurz. Vielmehr sollte dieser auf zumindest drei Jahre angesetzt werden, da erfahrungsgemäß Schuldner erst ab dem dritten Jahr zu "spürbar höheren Leistungen fähig" seien, so der Gläubigerschutzverband, der nun ankündigt, aktiv Schritte gegen den Gesetzesentwurf in seiner aktuellen Form setzen zu wollen. Konkret wolle der KSV 1870 "als führende Wirtschaftsplattform des Landes den zuständigen Behörden ein 'Fairness-Paket' vorlegen und sich in die Ausgestaltung der EU-Novelle aktiv einbringen", wie es wörtlich in der Aussendung heißt.
"Wenn die Politik ein Interesse daran hat, dass die ReO nicht baden geht, dann ist es essenziell, bevorrechtete Gläubigerschützer wie den KSV1870 ins Boot zu holen und ihnen auch eine aktive Rolle zuzuschreiben", erklärt KSV1870-CEO Ricardo-José Vybiral, der auch auf die vielen, auch der professionellen Unterstützung durch bevorrechtete Gläubigerschutzverbände geschuldeten – erfolgreichen Sanierungen insolventen Unternehmen in Österreich verweist. (Statistisch gesehen gelingt in Österreich rund einem Drittel – sogar 40 Prozent bei EPUs – aller insolventen Unternehmen mit Unterstützung von Gläubigerschutzverbänden eine erfolgreiche Sanierung, Anm.) "Das ist international unerreicht. Es ist somit in keinster Weise nachvollziehbar, in einem vorinsolvenzlichen Restrukturierungsverfahren von diesem Erfolgsmodell abzuweichen. Die erfolgreiche Sanierung von Unternehmen steht für den KSV1870 im Fokus. Wir sind Ermöglicher und keine Verhinderer", so Vybiral.
Bevorrechtete Gläubigerschutzverbände bringen Vorteile für beide Seiten
Demnach würde ein aktives "Involvement" der bevorrechteten Gläubigerschützer die ReO stärken, und dieses als "geheimes Verfahren" zu konzipieren und den Gläubigerschützern von der Akteneinsicht im Restrukturierungsverfahren auszunehmen, sei "kontraproduktiv", so die Argumentation des KSV 1870. Bevorrechtete Gläubigerschutzverbände hätten sich als "Beratungs- und Kommunikationsdrehscheibe" in Insolvenzverfahren etabliert und bringen sowohl der Gläubiger- als auch der Schuldnerseite viele Vorteile: Sie reduzieren den Verwaltungsaufwand für Gerichte und geben ihnen "Luft zum Atmen", während Schuldnern durch diese Plattformen der Vorteil erwächst, dass Sanierungsplanquoten mit professionellen Gläubigervertretern ausverhandelt werden.
Als weiteren Kritikpunkt am vorliegenden Gesetzesentwurf sieht der KSV1870 die Gleichstellung von gescheiterten Unternehmern und Verbrauchern – wenn auch nur auf fünf Jahre befristet, wie aus dem Gesetzesentwurf hervorgeht. Dabei sorgt insbesondere die neuerliche Verkürzung der Entschuldungsdauer von Privatpersonen auf drei Jahre für Unverständnis. Besonders, weil diese erst vor knapp vier Jahren von sieben auf fünf Jahre reduziert wurde und eine weitere Reduktion die durchschnittliche Rückzahlungsquote vermutlich drücken werde, was laut Befürchtung des KSV 1870 darin resultieren würde, dass "viele Schuldner keinen Antrieb mehr haben, überhaupt Zahlungsplanquoten anzubieten und den Gläubigern lediglich einen 'Nullzahlungsplan' vorlegen."
KSV 1870: Neue Zahlungsplanquote "völlig inakzeptabel"
Die Tatsache, dass der Schuldner zukünftig den Gläubigern lediglich eine Quote anbieten muss, welche seiner Einkommenslage in den folgenden zwei anstatt der bisher fünf Jahre entspricht, ist für den KSV1870 "völlig inakzeptabel". Diese Bestimmung habe zur Folge, dass die Anzahl erfolgreich abgeschlossener Zahlungspläne "erheblich zurückgehen" wird und es in weiterer Konsequenz zu "deutlichen Quotenreduktionen" insbesondere bei den nicht besicherten Gläubigern kommen wird. Der KSV1870 plädiert dafür, den Betrachtungszeitraum von Schuldnern auf zumindest drei Jahre anzuheben und mit jenem der zukünftig angedachten Entschuldungsdauer gleichzusetzen. Auch, weil die Erfahrung gezeigt hat, dass Schuldner erst ab dem dritten Jahr zu spürbar höheren Leistungen fähig sind und somit erst dann ein deutlicher Anstieg der abgeschöpften Beträge zu verzeichnen ist.
"Der KSV1870 setzt sich seit Jahren dafür ein, Unternehmen bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen, die Chance einer schnelleren Entschuldung zu ermöglichen. Bei Privatpersonen sehen wir diesen Bedarf nicht", so Karl-Heinz Götze, Leiter KSV1870 Insolvenz. Dabei bedürfe es einer differenzierten Betrachtungsweise zwischen den Schuldenursachen, da Unternehmen im Unterschied zu Privatpersonen für Wirtschaftswachstum sorgen und Arbeitsplätze schaffen und damit aus volkswirtschaftlicher Sicht ein wertvollen Beitrag für den Staat leisten würden, so der KSV 1870.
Keine Entschuldung ohne Anstrengung und Verkleinerung des Kreditmarktes möglich
Letztlich nehme die Novelle dem Schuldner nicht nur die Chance, sich bei seinen Gläubigern zumindest teilweise zu rehabilitieren, sondern es werde ihm auch suggeriert, sich "ohne besondere Anstrengung" entschulden zu können, so die Kritik des Kreditschutzverbandes von 1870: "Eine nochmalige Verkürzung der Entschuldungsdauer ist ein Angriff auf die Eigenverantwortung der Konsumenten", so Vybiral. Darüber hinaus bestehe die Gefahr einer weiteren Konsumverschuldung, da Schuldner relativ leicht rehabilitiert wären. Schuldner benötigen Zeit, ihre Schulden zurückzuzahlen – das ist innerhalb von drei Jahren zumeist unmöglich. Denn dem Betroffenen muss es trotz Schuldenabbaus möglich sein, die Grundbedürfnisse des täglichen Lebens begleichen zu können. Dazu komme, dass der Maßstab "des redlichen privaten Schuldners" nach dem jetzigen vorliegenden Entwurf äußerst niedrig sei, sodass viele Schuldner nahezu in die dreijährige Entschuldung "gedrängt" werden würden, so der KSV 1870.
Als eine zusätzliche negative Auswirkung könnte sich auch die Verkleinerung des Kreditmarktes erweisen, gibt der KSV 1870 abschließend zu Bedenken: Es sei davon auszugehen, dass bei einer verkürzten Entschuldungsdauer die Vergabe von neuen Krediten stark zurückgeht, was in weiterer Folge gravierende Auswirkungen auf den gesamten österreichischen Wirtschaftszyklus verursachen würde. (red)
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