"Die Stimmung der Immobranche schwankt zwischen Zuversicht und Sorge"

Georg Spiegelfeld, Präsident Immobilienring Österreich und Andreas G. Gressenbauer, Vizepräsident Immobilienring Österreich, geben einen umfassenden Überblick.

Der iR Research des Immobilienring Österreich, verzeichnet in Österreichs Landeshauptstädten eine inhomogene Entwicklung bei Mietwohnungen. Mehr Angebote in Wien, St. Pölten und Salzburg, steigender Druck auf das Hochpreissegment, in den Uni-Städten fehlen die Studenten und Null-Einkommen bringt AirBnB -Wohnungen in Schwierigkeiten und auch Facebook mischt nun mit. 

"Makler mit genug Eigentumsobjekten haben ein erfolgreiches Jahr hinter sich", resümiert Georg Spiegelfeld, Präsident des Immobilienring Österreich zur Situation der Branche. "Banken sind sehr vorsichtig und Corona schürt die Angst vor Arbeitsplatzverlust. Damit könnte in diesem Jahr bereits ein Stillstand eintreten", ergänzt Andreas G. Gressenbauer, Vizepräsident des Immobilienring Österreich. 

"Makler, die genug Eigentumswohnungen oder Einfamilienhäuser im Portfolio hatten, haben ein wirtschaftlich erfolgreiches Jahr hinter sich", so Spiegelfeld über 2020. "Eigentum wird oft vom Plan weg gekauft, obwohl die verfügbaren Einkommen gesunken sind. Während Einfamilienhäuser für den Eigenbedarf angeschafft werden, ist ein großer Teil der Eigentumswohnungen als persönliche Anlage oder für späteres Wohnen der eigenen Kinder gedacht", so Spiegelfeld weiter. Wer ins Grüne ziehen will, möchte gleichzeitig ein modernes, urbanes Umfeld mit erstklassiger Infrastruktur vorfinden.

"Aber in diesem Jahr könnte bereits ein Stillstand eintreten", ergänzt Gressenbauer. "Für Finanzierungen bei Privaten agieren Banken bereits sehr vorsichtig. Ein Eigenkapital von 40 Prozent, dazu ein viele Jahre nachweisbares Angestelltenverhältnis u.v.a.m. sind dafür Voraussetzung. Dazu schürt Corona die Angst vor Arbeitsplatzverlusten", so Gressenbauer. Bei Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen erwartet Spiegelfeld für 2021 zwar nur mehr einen moderaten Anstieg, konstatiert aber bereits in einigen Bereichen ein Bewertungsrisiko.

Im Detail

Beim iR Research (Beobachtungszeitraum Mitte August 2020 bis Mitte Jänner 2021) werden mehr leistbare Miet-Wohnungen in Wien und St. Pölten verzeichnet. So hat sich das Angebot in Wien bei Mieten bis 750 Euro (Brutto, ohne Heizung) um rund 40 Prozent erhöht, ebenso in St. Pölten. Um etwa 10 Prozent mehr Auswahl gibt es in den darüber liegenden Preisbereichen von 750 bis 1.250 Euro . Auf ein verringertes Angebot weisen die Zahlen für Linz und Klagenfurt hin. Diese zeigen im Vergleichszeitraum in den Preisbereichen 500 bis 2.000 Euro einen Rückgang von 25-30 Prozent  auf. Unverändert ist das Angebot in Graz (Ausnahme ein Plus bei Wohnungen zwischen 1.500 Euro bis 1.750 Euro) und Innsbruck. Eine deutliche Veränderung zeichnet sich in Salzburg ab. Das Angebot an Mietwohnungen hat sich im Preisbereich 750 - 1.000 Euro, sowie 1.500 -1.750 Euro verdoppelt. In Bregenz gibt es, so wie schon in den Jahren davor, kaum Mietangebote.

Für die unterschiedliche Entwicklung gibt es viele Gründe, wie Georg Spiegelfeld erklärt:" Der Wohnungsneubau in Wien hat kräftig aufgeholt, so kann sich die Situation vor allem beim leistbaren Wohnen entspannen. Dazu drängen AirBnB Wohnungen auf den Markt, zunehmend mehr Eigentumswohnungen werden nicht für den Eigenbedarf, sondern zur Vermietung gekauft." Studenten fehlen spürbar in den Universitätsstädten und führen zu einem vergrößerten Angebot an Kleinwohnungen oder WG-Angeboten, sagt Andreas G. Gressenbauer. "Gäste, Schauspieler oder Mitarbeiter von Festspielen fehlen auch bei Ferienwohnungen oder Zweitwohnsitzen in den Städten", führt Gressenbauer auf die völlig neue Lage, deutlich sichtbar in Salzburg, zurück.

Höhere Mieten in Wien und Salzburg kommen weiter unter Druck

Viele Jahre war in Wien und Salzburg das verfügbare Angebot im Hochpreissegment zu klein. Internationale Unternehmen und Festspiele benötigten hochwertigen Wohnraum für Expats, Gäste etc., Investitionen in diesem Bereich erfolgten. In Wien wurde die Vermietung jedoch bereits vor 4-5 Jahren bei 2.000 Euro schwierig. Spiegelfeld: "Internationale Unternehmen und Organisationen sind seit einigen Jahren nicht mehr bereit jeden Preis für das Wohnen ihrer Mitarbeiter zu bezahlen. Oft erhalten diese einen monetären Zuschuss und mieten sich eine günstigere Wohnung. Aktuell fehlen uns aber auch die kurzfristigen Mieten im Hochpreissegment." Damit hat sich in Wien bei Mieten von 2.000  bis 2.500 Euro das Angebot um 27 Prozent vergrößert. "Der imaginäre Mietpreisdeckel ist aktuell auf rund 1.500 Euro gesunken", so Spiegelfeld. So verweist Wien im Bereich von 1.500 bis 1.750 Prozent auf ein größeres Angebot von 12 Prozent, Graz von 79 Prozent, Salzburg von 68 Prozent. Gressenbauer: "Der Markt hochwertiger Mitwohnungen leidet sehr unter der aktuellen Situation. Salzburg Stadt brauchte bisher vor allem für Oster-, Pfingsten- und Sommerfestspiele Wohnungen mit sehr gutem Standard. Viele wurden halb- bis ganzjährig gemietet. Dieser Markt ist eingebrochen."

Studenten bleiben aus

Wohnungen mit etwa 90m² und rund 12 Euro bis 15 Euro Bruttomiete/m², sowie Sanitäranlagen aus den 1970ern wurden in den vergangenen Jahren an Studenten als WG´s vermietet. Aber seit zehn Monaten fehlen Studenten in den Uni-Hauptstädten und für Familien sind die Grundrisse meist nicht geeignet. Zimmer werden ab 380 Euro bis etwa 500 Euro warm angeboten – allerdings sind zu diesem Preis bereits Kleinwohnungen mit rund 35m² zu haben. Zudem verfügen diese Wohnungen oft über keine Freiflächen und haben hohen Sanierungsbedarf. "Wohnungseigentümer müssten hier Geld für eine grundlegende Sanierung in die Hand nehmen, das meist fehlt", sagt Spiegelfeld. "Wohnungen, die nicht am letzten Stand der Technik sind, stehen in Wien zunehmend in einem starken Konkurrenzverhältnis zu neu fertig gestellten Wohnungen. Denn selbst diese werden bereits des Öfteren mit zwei Monaten mietfrei angeboten", ergänzt Spiegelfeld.

Wie steht es um AirBnB-Wohnungen?

Viele Private hatten in den letzten zehn Jahren Kleinwohnungen (in Wien meist Altbau) zur Kurzzeit-Vermietung gekauft. Bis zum ersten Lockdown im März 2020 wurden diese vor allem in Wien und Salzburg über AirBnB vermietet. Viele davon werden seither vollmöbliert und völlig überteuert angeboten. Gressenbauer: "Diese Wohnungen befinden sich oft in Bahnhofsnähe und stark frequentierten, sprich lauten, Lagen – das ist gut für Touristen, aber schlecht für private Mieter. Dazu sind meist keine Freiräume wie Balkon oder Terrasse vorhanden." Die Zukunft für Kurzzeitvermietungen über AirBnB wird schwierig, so Gressenbauer weiter, "Stadtverwaltungen sichern sich immer mehr Zugriff, Miteigentümer wollen den Touristenstrom im eigenen Wohnbau nicht mehr hinnehmen."

Fakeprofile und private Gruppen im Web

Vor allem auf Facebook haben sich viele private Gruppen gebildet, die Wohnimmobilien suchen oder anbieten, vor allem mit der Hoffnung keine Makler zu benötigen. Allerdings, die Suche nach Preishits ist meist vergeblich. Gressenbauer dazu: "Bei unserem regelmäßigen Research zeigt sich, dass sich Mieter recht gut auf dem Markt auskennen, oft besser als die privaten Anbieter, sogar beim MRG. Passt das Preis-Leistungsverhältnis nicht oder werden nicht nachvollziehbare Ablösen verlangt, werden Anbieter mit gnadenloser Häme in den Kommentaren überschüttet." Anders sieht es im Bereich Eigentum aus: Fakeprofile von Suchenden mischen sich in die Gruppen, um an besondere Schnäppchen zu kommen und diese dann mit entsprechendem Aufschlag weiter zu verkaufen. Zunehmend finden sich in den Gruppen auch Finanzierungsanbieter die völlig unbekannt sind. Spiegelfeld warnt vor zu viel Euphorie, an besondere Preisschnäppchen zu kommen. (red)

www.ir.at

www.spiegelfeld.eu

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