"Wir müssen der Gastronomie eine Perspektive geben"

Metro Österreich-CEO Xavier Plotitza im Interview über die vielfältigen Initiativen für die Branche, digitale Sichtbarkeit und warum Solidarität viele Gesichter hat.

Die Auswirkungen der Corona-Krise haben Tourismus und die Gastrobranche hart getroffen. Wie das Großhandelsunternehmen Metro mit den aktuellen Problemstellungen umgeht, darüber spricht Metro Österreich-CEO Xavier Plotitza im umfassenden Interview.

LEADERSNET: Welche Themen beschäftigen den Handel in Corona Zeiten besonders? Wie kommt Metro mit den Herausforderungen zurecht?

Plotitza: Angesichts der aktuellen Infektionszahlen haben wir volles Verständnis für den neuerlichen Lockdown und auch für die frühere Schließung der Geschäfte schon um 19 Uhr. In unserem Fall sind das österreichweit zwölf Großmärkte. Der neuerliche Totalausfall unserer Hauptkundengruppe HoReCa (Abkürzung für Hotel, Restaurant und Catering – Anm. d. Red.) und der Wegfall von Veranstaltungen wird aber leider wieder sehr tiefe Spuren hinterlassen. In der gesamten Branche.

Was uns besonders beschäftigt und von Tag 1 an immer am Wichtigsten war ist es, die Sicherheit unserer Mitarbeiter und Kunden zu gewährleisten. In allen zwölf Großmärkten wurde im ersten Lockdown und auch jetzt in zwei gut aufgestellten Teams so gearbeitet, damit die Mitarbeiter einander nicht treffen und das Risiko einer Infektion durch "Durchmischen" wegfallen kann. Jene Kollegen, die im Homeoffice arbeiten konnten und können, arbeiten von zuhause aus. Wieder.

LEADERSNET: Wie sieht es mit den Hygienemaßnahmen aus?

Plotitza: Wir waren der erste Händler in Österreich mit MNS-Masken und Plexiglasvisieren für alle Mitarbeiter und MNS-Masken für Kunden; diese sind für unsere Kunden nach wie kostenfrei. Zusätzliche, zu den ohnehin immer notwendigen, Hygieneanforderungen im Lebensmittelhandel, wurden umgehend umgesetzt. Dazu kamen strengere Einlasskontrollen, die Desinfektion der Einkaufswägen, Temperaturmessung der Mitarbeiter vor Arbeitsantritt und die freiwillige Testung der Mitarbeiter auf COVID-19, die wir an allen Standorten anbieten.

Schon während des ersten Lockdowns hatten wir – trotz hoher Nachfrage von zum Beispiel Konserven und Klopapier – nie Probleme, die Warenverfügbarkeit aufrecht zu erhalten. Die über Jahre gute Zusammenarbeit mit der Industrie, unseren Lieferanten und Produzenten, ist auf bester Partnerschaft aufgebaut und spielt hier eine wesentliche Rolle. National wie international.

LEADERSNET: Wie stellen Sie sich für das Weihnachtsgeschäft auf? Oder wird es gar keines geben?

Plotitza: Wir haben aktuell beschränkte Öffnungszeiten und unsere Hauptkundengruppe, die Gastronomie, Hotellerie und Cateringunternehmen haben, wenn auch vorübergehend, gänzlich geschlossen , sieht man vom Take Away ab. Großkunden machen 60 Prozent unseres Umsatzes aus. Das heißt dem Weihnachtsgeschäft – der jährlich wichtigste Umsatzbringer – blicken wir sorgenvoll entgegen. Wir sind damit kein Einzelfall.

LEADERSNET: Heuer entfallen allgemein coronabedingt die Weihnachtsfeiern. Bringt Metro deswegen die Alternative "Gastro für alle"? Was ist hier gemeint?

Plotitza: Wir müssen der Gastronomie Perspektiven geben und sie so gut es geht unterstützen. Daher haben wir im Oktober die Initiative gastrofüralle.at ins Leben gerufen, bei der schon über 2.000 Gastronomiebetriebe österreichweit mitmachen. Wir wollen der Branche dann, wenn es wieder möglich ist, Geschäft und Umsatz bringen. Unternehmen können die Gutscheine bei uns kaufen und sie ihren Mitarbeitern als Anerkennung schenken. Diese wählen ein Restaurant oder einen Wirten auf der Plattform aus, vielleicht sogar in ihrer Nähe. Damit unterstützen wir Regionalität und stehen der Gastronomie zur Seite, sie soll für ihren Einsatz und für ihre Entbehrungen der letzten Monate die Wertschätzung erfahren, die sie verdient. Kaum eine Branche trägt so sehr zur Vielfalt und Freude in unserer Gesellschaft bei, wie die Gastronomie. Wir und viele Unternehmen, die wir für die Initiative gewinnen konnten, unterstützen sie mit aller Kraft. Die teilnehmenden Gastronome lösen die Gutscheine dann bei Metro ein und mit einer Registrierung bis 25. November gibt es noch minus zehn Prozent auf den Einkauf. Hier erlaube ich mir den Appell an alle Gastronomiebetriebe österreichweit, an alle Unternehmer, die das jetzt hier lesen: Macht mit www.gastrofüralle.at Weitersagen ist erwünscht!

LEADERSNET: Sie haben nicht erneut vorübergehend ihre Großmärkte für alle geöffnet. Warum?

Plotitza: Metro hat im ersten Lockdown die Großmärkte für alle geöffnet und erfüllte damit den Auftrag, die Grundversorgung der Österreicherinnen und Österreicher sicherzustellen. Wir hatten im Frühjahr nie Probleme, die Warenverfügbarkeit aufrecht zu erhalten und sind auch jetzt bestens gerüstet. Unsere Lager sind dank professionellem Dispositionsverhalten und bestem Einvernehmen mit Lieferanten und regionalen Produzenten voll, wir können alles anbieten und möchten besonders unser Obst & Gemüse, das Frischfleisch und unser Fischangebot ans Herz legen. Unsere Flächen erlauben uns größere Lager, wodurch wir schneller Zugriff auf stark nachgefragte Warengruppen haben. Neben der Warenverfügbarkeit garantieren wir in allen Großmärkten aufgrund umfassender Hygienekonzepte, breiter Gänge und ausreichend Platz einen sicheren Einkauf für unsere Kunden und ein sicheres Arbeiten für unsere Mitarbeiter. Dennoch ist dieser Lockdown anders, wir nehmen die Maßnahmen der Bundesregierung sehr ernst. Unser gesamtes Warenangebot, im Lebensmittel und Nonfoodbereich ist mit der neuen Lockdown-VO und "Offen für Alle" aus derzeitiger Sicht nicht vereinbar, insbesondere wenn der Handel geschlossen hat. Solidarität hat viele Gesichter.

LEADERSNET: Metro on Tour: Sie bieten ein Lieferservice für die Gastronomie an. Was steckt dahinter? Wie lange wird es angeboten werden?

Plotitza: Neben der österreichweiten Metro ist viel mehr als Cash & Carry. Wir bieten unseren Kunden selbstverständlich seit Jahren eine ausgeklügelte und auf die Gastronomie abgestimmte Zustellung (Food Service Distributon, kurz FSD). Mit "Metro on Tour" sprechen wir aber nun alle Unternehmen an, die einen Lieferservice in Anspruch nehmen wollen. Aus Anlass des zweiten Lockdowns haben wir auch unsere Zustellgebiete erweitert und liefern an mittlerweile über 1.000 Postleitzahlen in Österreich kontaktlos an die Haustür. Kunden wählen online aus dem Metro Profisortiment mit über 58.000 Produkten und erhalten den Einkauf direkt an die Lieferadresse. "Metro on Tour" gehört zu Metro ebenso wie das Abholgeschäft und FSD,

LEADERSNET: Welche Rolle spielt die Gastronomie allgemein in ihren Geschäftsfeldern?

Plotitza: Die HoReCa-Branche ist unsere Hauptziel- und kundengruppe mit der wir 60 Prozent des Umsatzes machen. Wir richten unser Sortiment und unsere Serviceleistungen ausschließlich nach deren Bedürfnissen aus.

LEADERSNET: Wie unterstützen Sie die Gastronomen und die Hotellerie in diesen herausfordernden Zeiten

Plotitza: Was unsere Kunden bewegt treibt uns an. Wir gehen in diesem Jahr speziell auf jene Themen ein, die derzeit im Fokus stehen: Produkte und Lösungen, die den Arbeitsalltag erleichtern – auch bei einem möglichen Mitarbeiterausfall – und jene, die beim Sparen helfen, bzw. Auslastung bringen.

Wir haben in den vergangenen Monaten verschiedene Initiativen entwickelt: Diese reichen von enormen Finanzierungspaketen über branchenübliche Aktivitäten bis zur #GastroFürAlle Gutschein-Initiative für B2B (gastrofüralle.at) und der B2C Weihnachtskampagne #PauseFürDie Küche, um der Gastronomie Unterstützung zu geben und für mehr Auslastung zu sorgen; dann, wenn sie wieder öffnen darf. Wir sind Partner der Unternehmerinnen und Unternehmer in Österreich, besonders in schwierigen Zeiten, daher setzen wir uns seit Beginn der Coronakrise für die Hotellerie, das Gastgewerbe und die Veranstaltungsbranche ein und bieten vielfältige Unterstützung. Mit branchenüblichen Aktivitäten beispielsweise und mit digitalen Lösungen zur Gästeregistrierung in Restaurants, mit Möglichkeiten zum Online Ordering von Speisen als Takeaway-Lösung, sowie einer Vielzahl von maßgeschneiderten Angeboten, individuellen Beratungslösungen und Hilfestellungen zur Überbrückung des temporären Lockdowns.

LEADERSNET: Hat die digitale Sichtbarkeit  nun noch mehr an Bedeutung gewonnen?

Plotitza: Ja, gerade für Lieferservices oder Speisenabholung im Lokal. Wir haben daher unsere Online-Plattform DISH (Digital Innovations and Solutions for Hospitality) aufgrund der deutlichen Nachfrage noch im Oktober um zwei Abo-Lösungen – orientiert am Bedarf der Gastronomen – erweitert: Diese reichen von von der Gestaltung einer Webseite bis hin zu Lösungen für Themenbereiche wie Personalplanung oder Social Media. Und wir haben unseren Lieferservice ausgebaut, denn neben der auf die Gastronomie maßgeschneidertenFood Service Delivery (FSD) bieten wir unseren Unternehmer-Kunden den Lieferservice "Metro on Tour", in Zeiten der Reduktion von Kontakten ein sehr beliebtes Angebot.

LEADERSNET: Mit welchen Leistungen konnte sich Metro als "Leitbetrieb" qualifizieren?

Plotitza: Die Begründung der Leitbetriebe Austria lautet: "Metro schafft es seit langer Zeit, einerseits sein eigenständiges Geschäftsmodell an sich ändernde Marktbedingungen anzupassen, andererseits seinen USP und die klare Positionierung im österreichischen Handel nicht zu verwässern. Das ist eine bemerkenswerte strategische Leistung, die jahrzehntelangen, nachhaltigen Erfolg ermöglicht hat."

LEADERSNET:  Bereits 2010 wurden in Österreich von den Rundfunkunternehmen die Vorgaben der EU-Richtlinie für die Bewerbung von Lebensmitteln mit einem hohen Gehalt an Salz, Zucker oder Fett im Rahmen von Kindersendungen durch einen Verhaltenskodex umgesetzt. Der nun vorliegende österreichische Gesetzesentwurf des Gesundheitsministeriums geht weit über die EU-Richtlinie hinaus: Ungesunde Lebensmittel sollen daher künftig nicht mehr beworben werden. Wie stehen Sie dazu?

Plotitza: Es kann viele Ansätze geben, die Bevölkerung für einen gesunden Lebenswandel zu gewinnen. Das kann mit zahlreichen Maßnahmen unterstützt werden, ob "ausblenden" dafür richtig ist, bezweifle ich. Ich plädiere für Überzeugung und Bewusstsein schaffen, dass gesunde Ernährung zu einem besseren Wohlbefinden führt und wie bei allem gilt für mich: Mit Maß und Ziel. Metro spricht mit ihrer Werbung Großhandelskunden an, das heißt wir sehen uns nicht in erster Linie betroffen. (jw)

www.metro.at

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