Ein Haus besitzt zwei Visitenkarten – zum einen die Fassade, zum anderen das Dach. Um österreichischen Architekten und Bauherren etwas Innovatives und noch nie Dagewesenes anzubieten, machten Wienerberger und das Studio F. A. Porsche, Zell am See, gemeinsame Sache. LEADERSNET hat Wienerberger Österreich-Geschäftsführer Mike Bucher und Studio F. A. Porsche Design Director Christian Schwamkrug vor der großen Präsentation zum Interview getroffen.
LEADERSNET: Wienerberger ist nicht nur der größte Ziegelhersteller weltweit, sondern feiert heuer auch seinen 200. Geburtstag. Ist es gerade der richtige Zeitpunkt, um auch neue Maßstäbe zu setzen?
Bucher: Der Zeitpunkt ist reiner Zufall. Es war mehr so eine Zähneputzidee. Ich habe mir viele Gedanken gemacht, wie ein neuer Ziegel beschaffen sein müsste. Der Trend geht ja weg von Flach- zu Satteldächern. Wenn man da was Modernes möchte, müssen glatte Ziegel ohne Aussage drauf. Das kann man nur mit einem Designer umsetzen, der für moderne schlichte Formen steht, wie eben das Studio F. A. Porsche. Dann hab ich einfach angerufen, und gesagt „ich möchte einen Designdachziegel“.
Schwamkrug: Ich fand das sehr cool, wusste aber zuerst gar nicht, worauf ich mich da genau einlasse. Ein Dachziegel ist völliges Neuland für uns, denn wir machen zwar Gebäude aber keine Gebäudeelemente. Als Designer ist es superspannend, sich mit einem Medium zu beschäftigen, das man noch nie angedacht hat. Wie kann man dem Element etwas Besonderes mitgeben, war die Frage?
Bucher: Er hat nicht gleich zugesagt. Erst nachdem er das Werk besichtigt hat und gesehen hat, dass wir an alles mit großer Sorgfalt herangehen. Das war erst vor rund einem Jahr.
Schwamkrug: Das war das Schöne. Das Werk hat eine unglaubliche Aura von Emotion, Tradition und Manufaktur. Das ist einfach altes Handwerk - so kommen dann doch die 200 Jahre wieder ins Spiel.
LEADERSNET: Gab es schon ähnliche Kooperationen?
Bucher: Nein weder in der Geschichte von Wienerberger haben wir etwas in diese Richtung gefunden – noch gibt es überhaupt irgendeinen Designziegel. Deshalb beschreibe ich es immer als Zähneputzidee: Ich stand vorm Waschbecken und blickte mich um – Waschbecken, Hahn, Sessel - alles stammt von Designern. Dann dachte ich mir, warum eigentlich nicht echtes Design auch bei den Dachziegeln. Die Modelle, die im Dachziegelbereich vorhanden sind, sind alle vor zig Jahren regional entstanden, in den letzten 20 Jahren gab es nur eine Innovation: Ein glatter Ziegel, den jeder Hersteller in unterschiedlichen Größen bringt, der aber nichts mit echter Design-Aussage zu tun hat.
Das Ganze steht auch im Kontext: Ja Design, aber nicht so, dass es erschreckend wirkt. Wir wollten bewusst ein Design, das zum Satteldach passt und andererseits muss es in 30 Jahren immer noch gut aussehen – der Ziegel hält ja 100 Jahre und länger. Auch die Investitionen sind entsprechend hoch, es ist alles auf eine langfristige Produktion ausgelegt.
LEADERSNET: Mit V11 hat der Ziegel auch einen einprägsamen Namen, der den Laien an einen Motor erinnert, bekommen. Was steckt dahinter?
Schwamkrug: V ist das signifikante Gestaltungsmerkmal und 11 bedeutet, dass man 11 Elemente braucht, um einen Quadratmeter zu erstellen. Es hat gar nichts mit Automotive zu tun. Das ist uns auch sehr wichtig, wir wollen das Auto nicht als Vehikel verwenden, das Produkt zu promoten. Es gibt ja Porsche Design und das Design Studio aus gleichem Hause, das aber für Kunden wie hier zum Beispiel für Wienerberger arbeitet.
LEADERSNET: Hat das V auch eine Funktion oder ist es "nur" ein Designelement?
Bucher: Es ist das Designelement schlechthin und hat natürlich eine funktionelle Bedeutung, einen Drainage Effekt. Optisch weisen die Ziegel viele Facetten auf, der Ziegel spielt mit Licht und Schatten, das Dach beginnt zu leben.
LEADERSNET: Welche Aspekte mussten Sie im Arbeitsprozess berücksichtigen?
Schwamkrug: Einer der wichtigsten Aspekte bei der Entwicklung war, sich bewusst zu sein, dass es nicht um den einzelnen Ziegel geht, sondern um einen Verbund. Wenn ich diesen nicht berücksichtige, beziehungsweise den Effekt, der entsteht, dann habe ich alles falsch gemacht.
Bucher: Was uns auch wichtig wàr, ist, dass es für den der es verarbeitet, für den Dachdecker, ein gelerntes Produkt ist. Wir wollten nicht die Welt komplett neu erfinden oder eine neue Art der Deckung auf den Markt bringen. Das Ziel war: neues Design zu schaffen, aber mit der vertrauten Art der Verwendbarkeit. Das Produkt muss Akzeptanz im Markt finden.
LEADERSNET: Wie definieren Sie die Zielgruppe?
Bucher: Ganz einfach, jeder der ein Dach will. Ich bin mir sicher, dass wir damit nicht nur Neubauten machen werden. Auch für Dächer der 50er und 60er Jahre, die oft ein Satteldach haben, ist der Ziegel ganz wunderbar. Wir wenden uns sowohl an Dachdecker wie auch an Architekten. Es ist eine bunte Mischung.
LEADERSNET: Sind Kreative immer mit dem Ergebnis zufrieden?
Schwamkrug: Nein keinesfalls. Am Anfang stehen Entwurf und Prototyp, dann wird ein Modell gefräst, das wie der Entwurf aussieht, dann geht’s in die Produktion und hier können die größten Fehler entstehen. Bei Wienerberger klappte alles auf den ersten Anhieb perfekt und ich bin sehr zufrieden. Sehr wichtig ist die Kommunikation mit dem Kunden. Mit Wienerberger hat das außerordentlich gut funktioniert – und auch sehr viel Spass gemacht.
Bucher: Ja, das kann ich nur bestätigen. Die Chemie stimmt einfach.
Impressionen finden Sie hier.
www.wienerberger.at
www.porsche-design.com