Wasser ist zum Waschen da

Gastkommentar von Event- und Cateringexpertin Hannah Neunteufel.

Als ich klein war und mit meinen Eltern essen ging (was so in etwa zweimal monatlich vorkam) wurde mir stets eine freundliche Regel mitgegeben: "Hannah, bestelle Dir zu Essen was du möchtest, und bestelle dir auch etwas zu trinken - denn der Wirt verdient nur am Getränk", so die Maxime meiner Mutter. An diesen Satz werde ich noch heute oft erinnert: vor allem dann, wenn ich manche Gäste beobachte, die Stress machen, wenn kein Leitungswasser angeboten wird. 

Wirte "ertrinken" am Leitungswasser

Ich persönlich finde nicht, dass ein Lokal Leistungswasser als Hauptgetränke anbieten muss – ganz im Gegenteil. Und ich darf in diesem Zusammenhang eine kleine Anregung für größere Zusammenhänge geben: Leitungswasser als Hauptgetränk wird in Wahrheit nicht als "erste Wahl", sondern zumeist vielmehr aus persönlichen, sparfüchsischen Gründen bestellt: so à la "Da erspare ich mir etwas, dass ich es wo anders ausgeben kann". Der Beweis: An Gratis Getränke-Buffets, wo eine große Auswahl an Getränken, und eben auch Stilles Wasser angeboten wird, wird das Wasser kaum angerührt. Das Problem an der Sache: dieser Trend bringt (á la longue) die Wirte um.
 
Denn an der Regel meiner Eltern hat sich nichts geändert – im Gegenteil. Sie hat viel mehr Berechtigung, als noch vor 40 Jahren: Den Gastronomen wurden die Daumenschrauben in den letzten ca 8 bis 15 Jahren immer enger und enger angezogen – auf vielerlei Ebenen. Wirtschaftlich zu arbeiten erfordert Disziplin und effektivste Optimierung. Wirte die eine beliebte, augenscheinlich brummende Hütte haben, und hier wie man glauben würde, das Geld mit der Scheibtruhe nach Haus führen, müssen am Ende des Monats  oft mal erfinderisch sein, um die horrenden Sozialabgaben zu stemmen. Und wenn ein paar Monate gutes Geschäft (Saison) ist, dann wird der kleine "Polster" spätestens durch das 13. und 14. Gehalt, erfinderische Abgaben und sonstige offizielle Überraschungen aufgefressen. Dazu kommt, dass es für KMUs ohnedies schon so gut wie ein Ding der Unmöglichkeit ist, sich Reserven zu erwirtschaften. So ist die Realität.
 
"Mehr ist mehr"
 
Darum: Bitte, bitte liebe Gäste – bestellt "richtige" Getränke! Leistet, ja, gönnt euch die ein, zwei, drei Euro mehr! Weshalb? Ihr verhindert das Sterben der kleinen Gastronomie – und ihr reguliert im gleichen Atemzug auch das Noch-Größer-Werden der übermächtigen Ketten, der Konzerne. Kein Leitungswasser in der Gastronomie zu bestellen ist echte Umverteilung! Gönnt Euch ein Apfel-Wasser, gönnt Euch eine Schickimicki-Limonade, ein zweites Achterl. Unterstützt den kleinen, feinen Individual-Gastronomen, den kleinen Imbiss um Eck, die nette Tiki-Bowl-Bude mit dem Konsumieren von echten Getränken – frei nach dem Motto "Mehr ist mehr“. Die Vielfalt in der Gastronomie für die kommenden Jahre zu unterstützend und dadurch zu sichern, wird uns allen das Leben versüßen. Und seien wir uns ehrlich: wir trinken alle eh viel zu wenig, wenn der Tag lang ist.
 
 
 

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