Faire Treibhausgasbudgets
Uni Graz entwickelte Modell für regionale Klimagerechtigkeit

Ein Forschungsteam hat erstmals nachvollziehbare Kriterien definiert, um Treibhausgasbudgets auf regionaler Ebene fair aufzuteilen. Dies soll Regionen dabei unterstützen, Klimaziele transparenter zu gestalten und ambitionierter umzusetzen. 

Vor fast genau zehn Jahren, am 12. Dezember 2015, wurde mit der Unterzeichnung des Pariser Klimaabkommens bei der UN-Klimakonferenz der Grundstein für eine nachhaltigere Zukunft gelegt. Dieser internationale Vertrag verpflichtet fast alle Länder der Welt, CO₂-Emissionen zu reduzieren und so gemeinsam gegen den Klimawandel vorzugehen – mit dem Hauptziel, die globale Erwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius zu begrenzen. Um dies zu erreichen, haben neben den einzelnen Nationen inzwischen auch mehr als 200 subnationale Regionen sowie 300 Städte eigene Klimaziele verabschiedet. Doch wie viele Emissionen ihnen fairerweise überhaupt zustehen, war bislang unklar. Forschende der Universität Graz unter der Leitung von Karl Steininger, Klimaökonom am Wegener Center der Uni Graz, haben deswegen nun erstmals transparente Kriterien für eine gerechte Verteilung auf subnationaler Ebene entwickelt und darauf basierend Treibhausgasbudgets für alle europäischen Regionen berechnet. Veröffentlicht wurden die Ergebnisse am Mittwoch im Wissenschaftsjournal Nature Communications.

Produktionsbasierte Emissionen

"Wir gehen davon aus, dass jede:r Einzelne in einem Land den gleichen Anspruch auf Wohlfahrtsvorteile aus emissionsverursachenden Aktivitäten hat. In weiterer Folge unterscheiden wir zwischen konsum- und produktionsbasierten Emissionsbudgets", erläutert Teresa Lackner, Erstautorin der Publikation, die Grundlage für das neue Rahmenwerk.

Für produktionsbasierte Emissionen, sprich jenes CO₂, das durch die heimische Wirtschaft und Industrie verursacht wird, haben die Forschenden die sogenannte "Equal Transition Opportunity Production-Based Allocation" (ETOPA) geschaffen. Dabei handle es sich um einen Mechanismus, der produktionsbasierte Emissionen auf subnationaler Ebene gerecht zuteilt, erklärt Steininger. "Er berücksichtigt unterschiedliche regionale ökonomische Strukturen und Risiken im Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft. Denn Verteilungsgerechtigkeit beim Treibhausgasbudget bedeutet auch, dass alle Regionen gleiche Chancen haben", so der Forschungsleiter.

Konsumbasierte Emissionen

Jene Emissionen, die mit dem Konsum der jeweiligen Bevölkerung in Verbindung stehen, entstehen hingegen Großteils nicht im eigenen Land. So werden etwa technische Komponenten, Kleidung oder auch Lebensmittel oftmals im Ausland, wenn nicht sogar auf einem anderen Kontinent, produziert. Um die Fairness zu wahren, müssen aber auch diese in die Berechnung einbezogen werden. "Für die Aufteilung eines nationalen konsumbasierten Emissionsbudgets auf Regionen schlagen wir eine qualifizierte, gleichmäßige Pro-Kopf-Zuteilung vor, die regionale Grundbedürfnisse, historische Verantwortung und Vorteile aus früheren Emissionen berücksichtigt. Das war bisher nicht in ausreichendem Maße der Fall", so Steininger.

Um solche konsumbasierten Emissionen zu reduzieren, könne man laut dem Klimaökonomen etwa Bauordnungen überarbeiten: "Neue Vorgaben, wie etwa die obligatorische Verwendung von klimaneutral produziertem Zement, könnten deutliche Einsparungen bringen."

Praxisnahe Forschung

Abschließend weist der Forschungsleiter darauf hin, dass man das neue Modell zur gerechten Verteilung des verbleibenden Treibhausgasbudgets unter den Regionen gemeinsam mit österreichischen Städten diskutiert und entwickelt habe: "Positive Rückmeldungen, wie aus der Linzer Stadtverwaltung, bestätigen, dass transparente, nachvollziehbare Kriterien für die Argumentation von Maßnahmen zur Emissionsreduktion hilfreich sind, auch, um dem Vorwurf des 'Greenwashing' entgegenzutreten", erläutert Steininger. 

Die gesamte Studie können Sie hier nachlesen.

www.uni-graz.at

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