Weil die Züge aus China kommen
Westbahn stockt Flotte auf und erntet dafür Kritik

Einigen Seiten passt es nicht, dass das Unternehmen auf neue Doppelstückzüge aus China setzt. Doch ist das gerechtfertigt?

Wenn ein Bahnunternehmen aufgrund der steigenden Nachfrage seine Flotte erweitert, löst das im Normalfall großen Zuspruch aus. Im aktuellen Fall der privaten Westbahn, die hierzulande mit den staatlichen ÖBB konkurriert, ist das jetzt aber anders. Grund dafür ist, dass die neuen Züge in China geordert wurden.

Konkret wird die Flotte um vier neue Doppelstockzüge des chinesischen Herstellers CRRC erweitert. Damit reagiert die Westbahn laut eigenen Angaben auf die steigende Nachfrage auf der Weststrecke. Durch die zusätzlichen Garnituren wachse die Gesamtkapazität um 28 Prozent auf knapp 10.000 Sitzplätze. "Die Westbahn wächst – immer mehr Menschen setzen auf die Bahn für verlässliche und komfortable Mobilität. Mit den neuen Doppelstockzügen schaffen wir mehr Kapazität und Qualität auf der Schiene", betonte Westbahn-Geschäftsführer Thomas Posch. Laut Marco Ramsbacher, ebenfalls Geschäftsführer, biete das gewählte Fahrzeug "ein hervorragendes Gesamtpaket aus Qualität, Lieferzeit und Effizienz". Die neuen Züge seien energieeffizienter und ermöglichten künftig einen Halbstundentakt zwischen Wien und Salzburg.

Kritik aus Industrie und Politik

Der Verband der Bahnindustrie in Österreich (VBI) begrüßte zwar die Investition in moderne Fahrzeuge, warnte jedoch vor den Folgen für die europäische Bahnproduktion. VBI-Geschäftsführer Anil W. Rai erklärte, der Import von Schienenfahrzeugen aus Nicht-EU-Ländern gefährde langfristig "Wertschöpfung, Know-how und Arbeitsplätze in Österreich und Europa". Öffentliche Mittel, etwa über das Klimaticket, sollten "nicht indirekt in die chinesische Industrie fließen".

Auch SPÖ-Verkehrssprecher Wolfgang Moitzi zeigte sich kritisch und sprach von einem "falschen Signal" gegenüber der heimischen Bahnindustrie. Wer von Steuergeld profitiere, müsse dieses auch in österreichische Wertschöpfung investieren.

Scharfe Worte kamen von der Gewerkschaft vida. Deren Eisenbahn-Vorsitzender Gerhard Tauchner warf der Westbahn "Rosinenpickerei" vor: "Österreichisches Steuergeld kassieren und gleichzeitig bei einem subventionierten Billigstbieter aus China bestellen – das ist das falsche Signal." Die vida fordert verbindliche soziale, ökologische und regionale Kriterien bei allen Beschaffungen. Außerdem warnte Tauchner vor technologischer Abhängigkeit: "Wer Züge bestellt, bestellt auch digitale Kontrolle – und die muss bei uns bleiben."

Westbahn betont europäische Wertschöpfung

Die Westbahn lässt die Kritik nicht gelten und verweist darauf, dass wesentliche Komponenten der neuen Fahrzeuge im Umfang von rund 50 Prozent – etwa Sitze, Türen, Bremsen oder Sicherheitstechnik – aus europäischer Produktion stammen. Ein Unternehmen aus Österreich steuert die Bremsen bei. Der Zulassungsprozess sei nahezu abgeschlossen, die Züge sollen in den kommenden Wochen schrittweise in den Fahrgastbetrieb aufgenommen werden. In diesem Zusammenhang verweist das private Bahnunternehmen auch auf die deutlich kürzere Lieferzeit. 

Fazit

Ob die Kritik gerechtfertigt ist, bleibt Ansichtssache. Fest steht, dass jedes private Unternehmen auf seine Kosten schauen muss und dort einkaufen darf, wo es will – solange der Anbieter allen (gesetzlichen und technischen) Vorgaben entspricht. Bei CRRC ist das eindeutig der Fall. Und wenn man vor den industriepolitischen Folgen warnt, muss man sich ansehen, was schon alles aus China kommt, das vor einigen Jahren noch in Europa gefertigt wurde – Stichwort PV-Anlagen, Windräder, Wechselrichter, Autos etc. Natürlich wäre es für den europäischen Wirtschaftsstandort wünschenswert, dass derartige Aufträge an Unternehmen aus Europa vergeben werden. Doch wenn vergleichbare oder teils sogar bessere Produkte anderswo günstiger und schneller zu bekommen sind, ist es in der Privatwirtschaft legitim, auf diese zu setzen. Auch wenn der Preisvorteil im Falle von chinesischen Zügen oder Elektroautos auch durch staatliche Subventionen zustande kommt.

www.westbahn.at

Kommentar veröffentlichen

* Pflichtfelder.

leadersnet.TV