Die Projektpartner Austrian Power Grid (APG) und Kärnten Netz haben vor Kurzem den Trassenkorridor für das Gemeinschaftsprojekt Netzraum Kärnten vorgestellt. Die Grobtrasse erstreckt sich über rund 190 Kilometer, davon etwa 173 Kilometer neue 110-kV-Leitung, zwischen den Umspannwerken Obersielach in Kärnten und Lienz in Osttirol und durchquert 36 Gemeinden.
Mit dieser Präsentation begann ein gemeinsamer Dialog mit allen betroffenen Gemeinden und Bürger:innen, um bis Ende 2026 eine möglichst optimale Feintrasse zu entwickeln.
Bedeutung des Projekts
Für eine sichere und nachhaltige Stromversorgung braucht es ein leistungsfähiges Netz, das den Wandel hin zu erneuerbaren Energiequellen unterstützt. Österreich verfolgt ambitionierte Ziele: bis 2030 soll der gesamte Strom aus erneuerbaren Quellen stammen, bis 2040 will das Land klimaneutral sein. In Kärnten und österreichweit wird sich der Strombedarf in den kommenden 15 Jahren voraussichtlich verdoppeln, so die APG und Kärnten Netze.
Um diese Energiewende zu ermöglichen, muss die im Osten Österreichs erzeugte erneuerbare Energie zu den Pumpspeicherkraftwerken im Süden und Westen transportiert werden. Dafür sei eine moderne, belastbare Netzinfrastruktur unerlässlich. Das Projekt sieht daher den Bau einer 380-kV-Leitung von Lienz nach Obersielach – als letztes Teilstück des österreichischen 380-kV-Rings – sowie den Ausbau des regionalen 110-kV-Verteilnetzes vor.
"Mit dem Lückenschluss der 380-kV-Verbindung zwischen Lienz und Obersielach schließen wir eine große Versorgungslücke im österreichischen Hochspannungsnetz. Damit erhöhen wir die Netzstabilität, beseitigen Engpässe und stützen das regionale Netz in Kärnten und Osttirol ab. Außerdem können wir die erneuerbaren Energien im Osten mit den Speicherkapazitäten im Süden bzw. Westen effizient verbinden. Netzraum Kärnten ist damit ein zentraler Baustein für die versorgungssichere bzw. leistbare Energiewende in ganz Österreich und stärkt zugleich Wirtschaft, Tourismus und Industrie und damit den gesamten Standort", sagte Wolfgang Hafner, Projektleiter APG Netzraum Kärnten.
"Netzraum Kärnten bedeutet die Neukonzeption des 110-kV-Netzes in Kärnten. Wir schaffen die Voraussetzung, um die sichere und ausreichende Stromversorgung unserer Kund:innen auch mit den zukünftigen Anforderungen in den nächsten Jahrzehnten zu gewährleisten", erläutert Eva Tatschl-Unterberger, Geschäftsführerin der Kärnten Netz und ergänzt: "Zu den neuen Herausforderungen gehören die Integration von zusätzlicher Stromerzeugung aus erneuerbarer Energie und neue elektrische Anwendungen unserer Kund:innen, wie zum Beispiel Elektrofahrzeuge, Wärmepumpen und elektrisch betriebene Prozesse in der Industrie."
Trassenwahl und Planungsschritte
Für die Trassenführung werden verschiedene Fachdisziplinen einbezogen – von Umwelt- über Geologie- bis hin zu Infrastrukturfragen. Dabei gilt es, Mensch, Natur und Technik in Einklang zu bringen sowie wirtschaftlich sinnvolle Lösungen zu finden, so die Verantwortlichen. Auf den Masten der neuen 380-kV-Leitung wird gleichzeitig eine 110-kV-Leitung mitgeführt – eine Raum sparende und kosteneffiziente Methode, um die Infrastruktur zu bündeln.
Die Grobtrasse hat eine Länge von circa 190 Kilometern, umfasst 36 Gemeinden und verläuft in drei Planungabschnitten von Osttirol bis Unterkärnten. Der Korridor ist in Teilen 200 bis 1.000 Meter breit. Während zuvor 58 Gemeinden untersucht wurden, verbleiben 36 als Teil des Projekts – vier in Osttirol, 32 in Kärnten. Die bestehende 220-kV-Leitung bleibe aus Kapazitätsgründen bestehen. Im Abschnitt Oberkärnten fiel die Wahl auf das Drautal – aus Gründen der Naturgefahrenminimierung, technischer Umsetzbarkeit und Kosten. Im Raum Spittal bis Treffen wurden drei Korridore verglichen; das südlich der Drau mit Autobahnbündelung erwies sich als verträglichste Lösung – mit geringeren Eingriffen in Siedlungen und Natur sowie optimierten Kosten. Im Abschnitt Unterkärnten wurde die Variante über Landskron und Ossiacher Tauern ausgewählt – sie vermeide Siedlungen, vereine wildökologische, forstliche und geologische Vorteile und sei kürzer sowie technisch sicherer; auch hier erfolgt Infrastrukturbündelung, was Kosten senken soll.
Große Bürgerbeteiligung
Mit der Präsentation der Grobtrasse startete auch ein breit angelegter Informationsprozess. Rund 90.000 Haushalte in der betroffenen Planungsregion wurden eingeladen, sich direkt über das Projekt zu informieren und Fragen einzubringen. Insgesamt rund 2.500 Besucher:innen nahmen an den regionalen Informationsveranstaltungen teil. Sie nutzten die Gelegenheit, sich umfassend über den aktuellen Planungsstand zu informieren, mit Expert:innen der Austrian Power Grid (APG) und der Kärnten Netz GmbH (KNG) ins Gespräch zu kommen und individuelle Anliegen zu äußern.
Nach Abschluss der acht Infomessen zogen die Projektverantwortlichen eine positive Bilanz: Die rege Teilnahme und der konstruktive Dialog zeigten das große Interesse der Bevölkerung an einer transparenten und sachlichen Auseinandersetzung mit dem Vorhaben. "Wir haben in den letzten zwei Wochen viel informiert, erklärt und auch viel zuhört und gezeigt, wo die Grobtrasse verläuft und warum. Ebenso wurden die weiteren Planungsschritte von unserem Expert:innen-Team vor Ort umfangreich dargestellt. Das insgesamt sehr große öffentliche Interesse an den Infomessen bestätigt, dass unsere Vorgehensweise völlig richtig war. Denn die frühzeitige Information und ein transparenter Austausch mit der Bevölkerung sind bei einem Projekt dieser Größenordnung essenziell, damit es gelingen kann", erläutern APG-Projektleiter Wolfgang Hafner und KNG-Projektleiter Gernot Kowatsch.
Weitere Schritte
"Die Planung der 380-kV-Leitung sowie der 110-kV-Leitung erfolgt mit größter Sorgfalt und im engen Dialog mit den betroffenen Gemeinden. Transparenz und der offene Austausch mit der Bevölkerung sind für uns entscheidende Faktoren, um gemeinsam eine tragfähige und zukunftssichere Lösung für Kärnten, Osttirol und Österreich zu entwickeln", betont Hafner.
Der nächste Schritt ist laut den beiden Unternehmen die Feintrassenplanung: Fachleute aus 23 Disziplinen erheben über verschiedene Jahreszeiten detaillierte Daten zu Natur, Landschaft, Boden und Geologie – inklusive Zufahrtswege. Auch Gespräche mit Gemeindevertreter:innen, Grundeigentümer:innen und Bürger:innen seien essenziell. Das Ergebnis: eine Feintrasse mit genau festgelegten Maststandorten und Zufahrten bis Ende 2026. Nur so könne eine verträgliche Lösung für Mensch und Natur gefunden werden – Grundlage für das Umweltverträglichkeitsverfahren.
Interviewpartner:innen
Was Wolfgang Hafner (Projektleiter APG Netzraum Kärnten), Christian Bellina (APG-Teamleiter und UVE-Koordinator) und Eva Tatschl-Unterberger (Geschäftsführerin der Kärnten Netz) noch sagen, sehen Sie in unserem Video.
www.apg.at
www.kaerntennetz.at
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