Gastkommentar Ralf-Wolfgang Lothert
Optimismus

| Redaktion 
| 06.07.2025

Gastkommentar von Ralf-Wolfgang Lothert, Mitglied der Geschäftsleitung und Director Corporate Affairs & Communication von JTI Austria.

Der von mir sehr geschätzte Salzburger Landeshauptmann Wilfried Haslauer hat in seinen Abschiedsinterviews mehrfach betont, wie sehr es an Optimismus in unserem Land fehlt. Österreich, so meint er, sei ein Land der Skeptiker:innen und Bedenkenträger:innen. Diesen Eindruck teile ich. Wir neigen dazu, das Glas eher halb leer als halb voll zu sehen. Doch warum ist das so und was können wir dagegen tun?

Was ist Optimismus? 

Wie es meine geneigten Leser:innen gewohnt sind, beginnen wir ganz von vorne und mit einer einfachen Frage: Was ist eigentlich Optimismus? Eine gängige Definition beschreibt Optimismus als die Grundhaltung, dass am Ende alles gut wird. Es geht um das Vertrauen in eine positive Zukunft – selbst dann, wenn die Gegenwart voller Herausforderungen steckt. Dabei ist Optimismus keineswegs naiv. Er bedeutet nicht, Schwierigkeiten zu ignorieren, sondern sie zu erkennen und trotzdem an Lösungen zu glauben. Oder sogar noch einen Schritt weiterzugehen, und Rückschläge als Chancen zur Weiterentwicklung zu begreifen.

Klingt doch gut, oder? Und doch fällt es uns schwer, diese Haltung im Alltag wirklich zu leben. Warum aber ist das so? Einerseits liegt es wohl in der menschlichen Natur: Negatives fällt mehr auf, brennt sich stärker ein. Manche Menschen sehen konsequent das Schlechte, weil sie sich dadurch sicherer fühlen. Andererseits hängt Optimismus aber auch stark von äußeren Rahmenbedingungen ab. Und genau da haben wir in Österreich Nachholbedarf.

Selbstwirksamkeit 

Ein wesentlicher Baustein für Optimismus ist Selbstwirksamkeit, also das Gefühl, dass das eigene Handeln etwas bewirken kann. In vielen modernen Unternehmen wird das bewusst gefördert: Mitarbeitende erhalten konstruktives Feedback, ihre Beiträge werden anerkannt, sie sehen den Effekt ihrer Arbeit. Das stärkt nicht nur die Motivation, sondern auch das Vertrauen in eine gestaltbare Zukunft.

Im politischen Alltag erleben viele Menschen jedoch das Gegenteil. Bürger:innen fühlen sich oft nur dann angesprochen, wenn es auf Wahlen zugeht – danach werden sie selten eingebunden. Unternehmen erleben Ähnliches: Ihre Expertise wird zwar formell abgefragt, aber in der Umsetzung oft ignoriert. Man denke nur an Themen wie Bürokratieabbau, Senkung der Lohnnebenkosten oder längst überfällige Strukturreformen. Seit Jahren werden sie eingefordert, jedoch passiert ist wenig. Das Ergebnis ist Frustration, weil die Menschen den Glauben daran verlieren, dass sich ihr Engagement lohnt. Und ohne dieses Vertrauen ist Optimismus schwer möglich.

Zukunftsvertrauen 

Ein weiterer zentraler Faktor ist Zukunftsvertrauen. Gemeint ist das Bewusstsein, dass Entscheidungen getroffen werden, die nicht nur die Gegenwart verwalten, sondern auch Perspektiven für morgen eröffnen. Dazu gehört auch Entscheidungsfreude, sprich die Bereitschaft, Chancen zu erkennen, kalkulierte Risiken einzugehen und mutige Schritte zu setzen. In der Wirtschaft ist diese Haltung längst notwendig, um wettbewerbsfähig zu bleiben. In der Politik hingegen – und dieser Kritikpunkt wird meinen geneigten Leser:innen wohlbekannt vorkommen – herrscht oft das Gegenteil: Risikovermeidung um jeden Preis. Es wird taktiert und verwaltet, statt gestaltet. Sehr deutlich wird das aktuell in der Diskussion um die Pensionen, die komplett an der Realität vorbeigeht. So steigen die prognostizierten Pensionskosten von heuer 33 bis im Jahr 2029 auf 38,3 Milliarden Euro und bilden zu diesem Zeitpunkt 90 Prozent der Mehrausgaben des Bundes. Hier werden dringende Reformen aufgeschoben, weil man niemanden verärgern will. Was bleibt, ist ein politischer Stillstand und damit eine verlorene Chance auf echten Fortschritt.

Optimismus braucht Klarheit

Was also tun? Optimismus braucht Klarheit! Probleme müssen benannt und reflektiert werden. Wer sich vor unbequemen Wahrheiten drückt, schafft kein Vertrauen. Offenheit und Reflexionsfähigkeit sind daher weitere zentrale Elemente einer optimistischen Gesellschaft.

Und nicht zuletzt braucht es Resilienz, also die Fähigkeit, auch in schwierigen Zeiten handlungsfähig zu bleiben. Resilienz speist sich aus Erfahrung, aus Gemeinschaft, aus der Überzeugung, dass Krisen gemeistert werden können. Sie ist eng verwoben mit Optimismus, gepaart mit dem Gefühl, nicht allein zu sein.

All das zeigt: Ja, wir brauchen mehr Optimismus – aber nicht als Parole, sondern als ernsthafte Haltung. Denn bloßer Zweckoptimismus, der vorgibt, alles sei in Ordnung, ist nicht nur unglaubwürdig, sondern langfristig kontraproduktiv. Echter Optimismus braucht Substanz, er entsteht dort, wo Menschen ernst genommen werden, mitgestalten dürfen und Veränderungen erleben. Ein Mindset, das wir bei JTI Austria seit vielen Jahren nicht nur leben, sondern auch stetig weiterentwickeln.

Ein Sprichwort lautet: Optimismus ist wie ein Muskel – man muss ihn trainieren. Und genau das sollten wir tun, und zwar regelmäßig, bewusst, gemeinsam. Fangen wir bei uns selbst an. Schaffen wir in unserem Umfeld Räume, in denen Zuversicht wachsen kann. Und fordern wir von der Politik nicht nur schöne Worte, sondern auch konkrete Taten, die den Weg in eine lebenswerte Zukunft ebnen. Optimismus ist kein Luxus. Er ist eine Haltung, die wir uns und unserem Land nicht länger vorenthalten sollten.

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