Die KIM-VO (Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung), die strenge Regeln für die Vergabe von Wohnkrediten vorgegeben hat, wurde im August 2022 erlassen und war zum Schutz vor Überlastung und (Privat-)Insolvenz gedacht. 20 Prozent Eigenkapital waren Pflicht, und der Prozentsatz des Familieneinkommens, der für eine Kredittilgung aufgewendet werden durfte, war ebenfalls reglementiert. Das sorgte nicht nur für weniger Vertragsabschlüsse in der Kreditwirtschaft, sondern machte sich auch in vielen anderen Branchen bemerkbar. Anfang Dezember letzten Jahres entschied aber das Finanzmarktstabilitätsgremium (FMSG), die KIM-Verordnung mit 30. Juni 2025 auslaufen zu lassen und nicht zu verlängern.
Boost für die Wirtschaft
Kurz nach dem Auslaufen der strengen Kreditvergaberegeln haben sich bereits zahlreiche Expert:innen zu Wort gemeldet, die den Umstand begrüßen und sich nun einen Boost für die kriselnde Immobilienbranche erwarten. "Der Zeitpunkt des Auslaufens der KIM-Verordnung ist auch ein Zeitpunkt, an dem sich die Rahmenbedingungen insgesamt verbessern – etwa durch sinkende Zinsen, gesunkene Inflation und weiterhin einer Kostenerleichterung durch die Gebührenbefreiung bis 2026. Der Markt zieht bereits an – das Eigenheim wird wieder leistbarer und auch erreichbar", sagte Martina Hirsch, Geschäftsführerin s Real.
Auch Yves Suter, Geschäftsführer von Hartl Haus, sieht die steigenden Zinsen und das Ende der KIM-Verordnung als positiven Schritt, der frischen Wind in die Branche und neuen Mut für Bauwillige bringen soll. "Wir sind froh, dass die Regierung gerade das Ende der KIM-Verordnung, für das die gesamte Baubranche stark gekämpft hat, so rasch umgesetzt hat. Der Traum vom eigenen Haus lebt – und wir spüren das ganz konkret: Unser Auftragsstand reicht bereits wieder über ein Jahr hinaus", so Suter.
Mehr Flexibilität für Banken
"Durch das Auslaufen der KIM-Verordnung liegt die Verantwortung für gewissenhafte Kreditvergabe wieder weitestgehend bei den Kreditinstituten, auch wenn entsprechende Anforderungen an das Reporting weiter bestehen. Von einem Risiko einer Überhitzung der Immobilienkreditvergabe im Privatkundensegment wie bis 2022 kann nicht mehr ausgegangen werden. Für Kund:innen wie auch Banken ist dies positiv zu bewerten, weil die Kreditvergabe wieder flexibler erfolgen kann und die entsprechenden Bankprozesse wieder einfach und effizienter werden", ist sich Andreas Sumper, Partner bei zeb Consulting, sicher.
Laut den beiden Sprechern von Raiffeisen Immobilien Österreich, Peter Weinberger und Peter Mayr, gewinnen die Banken wieder etwas mehr Flexibilität bei der Beurteilung der Kreditwürdigkeit, eine Chance für potenzielle Käufer:innen. "Das Auslaufen der KIM-Verordnung könnte ein wichtiger psychologischer Impuls für den Markt sein, es könnte wieder mehr Kund:innen ermutigen, sich, um eine Eigenheimfinanzierung zu bemühen", so Weinberger. Auch Co-Sprecher Mayr sieht die neue Situation vorsichtig optimistisch: "Junge Familien und Erstkäufer:innen könnten wieder realistischere Chancen auf ein Eigenheim bekommen. Voraussetzung ist jedoch eine angepasste Regulierung, die Flexibilität und individuelle Kreditbeurteilung ermöglicht, statt pauschal bürokratische Hürden aufzubauen."
FMA fordert Hausverstand
Und genau daran könnte es hapern. Denn kurz vor dem Auslaufen veröffentlichte die österreichische Finanzmarktaufsicht (FMA) ein Rundschreiben zur soliden Vergabe von privaten Wohnimmobilienkrediten (WIK-Rundschreiben), das den Rahmen für die Kreditvergabe nach dem Auslaufen der KIM-Verordnung festlegen soll und weiterhin strenge Vergabekriterien empfiehlt.
Kernstück des Rundschreibens sind im Einklang mit der Empfehlung des FMSG die drei Grundregeln für die Kreditvergabe, die mit der KIM-V etabliert wurden:
- Eigenmittel mitbringen (konkret: maximal 90 Prozent Beleihungsquote),
- bei der Höhe der Kreditrate vorsichtig bleiben (maximal 40 Prozent des Jahres-Nettoeinkommens) und
- möglichst vor der Pension schuldenfrei sein (maximale Laufzeit 35 Jahre).
Diese Regeln sind zwar rechtlich nicht bindend, bei Auffälligkeiten darf die Behörde aber dennoch prüfen. Auch nach Auslaufen der KIM-Verordnung kommen also neuerlich bürokratische Hürden auf Banken und ihre Kund:innen zu. "Zur Unzeit, denn viele Haushalte und Unternehmen stehen derzeit durch hohe Kosten ohnehin unter großem Druck", meint Weinberger.
Auch der CEO des Sparkassen-Prüfungsverbandes, Gerhard Margetich, geht davon aus, dass auch nach dem Ende der KIM-Verordnung jede Bank die Kredite vor Vergabe weiterhin gewissenhaft prüfen wird. "Auch von Seiten FMA sind ja Regelungen und Vorgaben vorhanden. Einerseits ist es wichtig, dass es klare und einheitliche Spielregeln für Banken gibt. Auf der anderen Seite ist unklar, wie die umfassenden und teils rigiden Softlaw-Regeln in der Praxis wirken werden", so Margetich.
www.fma.gv.at
www.sreal.at
www.hartlhaus.at
www.raiffeisen-immobilien.at
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