Schwerpunkt Bier
Starker Druck auf dem Braukessel

Leicht hatte es die Bierbranche zuletzt wahrlich nicht. Dennoch trotzte sie erfolgreich der Krise – mithilfe von Innovationen und Investitionen. KEYaccount hat sich in der heimischen Brau-Branche umgehört und mit den Herstellern gesprochen. 

Die Sonne lacht und macht Durst: Herr und Frau Österreicher löschen den weiterhin gerne mit einem kühlen Blonden – daran hat sich auch in diesen unsicheren Zeiten nichts geändert, wie Simon Steyrl, Geschäftsführer Lebensmittelhandel beim klaren Marktführer, der Heineken-Tochter Brau Union, berichtet: "Während der Inlandsmarkt in anderen Ländern Europas rückläufig ist, ist er in Österreich konstant." Mit einem durchschnittlichen Pro-Kopf-Konsum von 103 Litern liege man im internationalen Vergleich hinter der Tschechischen Republik auf Platz 2, noch vor Deutschland. Unter den Tisch gebechert hat man die deutschen Nachbar:innen aber keineswegs. Eher greift einem die gesellschaftliche Tendenz zu aufmerksamerem Konsum unter die Arme: Zuwächse erzielt vor allem alkoholfreies Bier. "Das spiegelt den Trend zu einem ausgewogenen Lebensstil wider: Fast ein Drittel in der Gruppe der regelmäßigen Bierkonsument:innen entscheidet sich aktuell bewusst für alkoholfreies Bier." Das zeige sich auch deutlich bei den eigenen Produkten der zahlreichen Marken: "Getragen von der steigenden Nachfrage wächst auch die Produktvielfalt stetig. Die Brau Union bietet ein breites Sortiment an alkoholfreien Bieren mit unterschiedlichen Geschmacksprofilen." Aber auch wenn die Kundschaft recht treu die Stange hält, ist die Lage dennoch weiter angespannt: "Herausfordernd bleibt der Kostendruck durch teure Energie-, Transport- und Lohnkosten bei einem sich verändernden Absatzmarkt. Wie die gesamte Brauwirtschaft sehen wir nach der Corona-Pandemie eine generelle Konsumzurückhaltung und weitere Ausdünnung bei der Anzahl an Gastronomiebetrieben."

Prost ohne Promille

Da fügt es sich ins Bild, dass eine Marke wie Egger, die traditionell deutlich stärker im Handel als im Gastgewerbe vertreten ist, am stärksten zulegen konnte, wie ihr Verkaufsdirektor Ralph Hofmann verrät: "Egger Bier als Marke war laut NielsenIQ-Zahlen im Vorjahr Wachstumssieger – und kann sich weiter am äußerst umkämpften Markt etablieren." Und daran knüpft man weiter an: "Wie für Familienunternehmen typisch, richten wir stets den Blick nach vorne – und haben klare Wachstumsperspektiven." Den Blick nach vorne zu richten, ist heutzutage aber gar nicht immer so einfach. Schließlich sei die Bierbranche in den vergangenen beiden Jahren "multifaktoriell" unter Druck gewesen: Inflation, hohe Lohnabschlüsse und Preissteigerungen in der Logistik haben sich stark bemerkbar gemacht. Vor allem Maut und CO₂-Bepreisung seien Preistreiber. "Im Jahr 2025 sehen wir aus heutiger Sicht nur noch moderate Preisanstiege", freut sich Hofmann daher. Aber er macht auch keinen Hehl daraus, dass für das Gesamtunternehmen insbesondere der Bereich Gerstensaft derzeit nachdenklich stimmt: "Der leicht rückläufige Biermarkt ist eine Herausforderung – zumal dies vermutlich kein temporärer Trend, sondern das Resultat einer neuen Lebensstellung jüngerer Generation ist." Somit beobachtet man auch in St. Pölten, wie sich Alternativen ohne Umdrehungen immer größerer Beliebtheit erfreuen: "Die alkoholfreien Biere stechen durch Wachstum hervor. Der alkoholfreie Biermarkt wächst zurzeit um fast neun Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Wir sehen hier weiteres starkes Wachstum in den kommenden Jahren. 'Prost ohne Promille' liegt klar im Trend."

Befeuerte "Aktionitis"

Karl Schwarz, Inhaber der Privatbrauerei Zwettl weiß ebenfalls von einer stabilen Entwicklung in stürmischen Zeiten erzählen: "Die Gastronomie läuft zufriedenstellend – im Handel trotzt Zwettler dem aggressiv geführten Preiskampf und startet gut in das Frühjahr." Und das sei derzeit alles andere als eine Selbstverständlichkeit: "Viele ächzen unter der Last der Kostensteigerungen. Die Lage ist alles andere als gesellig." Und dieses raue Klima bemerkt man auch auf dem Markt: "Der allgemeine Rückgang im Bierkonsum und eine promotionsgetriebene Marktlogik haben spürbare Auswirkungen auf alle Akteure. Der aggressiv geführte Preiskampf führt dazu, dass die Markentreue auf eine harte Probe gestellt wird." Aktuell werden acht von zehn Bieren in Aktion gekauft, was Karl Schwarz kritisch sieht: "Durch die von großen Marktbegleitern angestoßene und befeuerte 'Aktionitis' werden Werte über die Bierbranche hinausgehend vernichtet – das kann niemand wollen." Jedoch lässt sich Schwarz nicht unterkriegen: "Die Marktlage bleibt herausfordernd, doch unsere Marktposition und Innovationskraft bilden eine solide Basis, um erfolgreich zu bleiben." Aber auch im Produktbereich ist man eifrig und bedient den Alkoholfrei-Trend inzwischen nicht nur mit entsprechendem Bier, sondern auch mit Limonaden.

Bei Murauer baut man ebenfalls zunehmend auf dieses boomende Geschäft, wie Geschäftsführer Josef Rieberer sagt: "Insbesondere im Bereich der Limonade im Mehrweggebinde konnten Marktanteile gewonnen werden. Wachstum gibt es im Bereich Limonaden, Weinspritzgetränken sowie alkoholfreie Biere." Insgesamt konnte man im Geschäftsjahr 2024 ein einstelliges Wachstum in Bezug auf Menge und Betriebsleistung erzielen. Große Sprünge erwartet Rieberer heuer nicht: "Beim Bierabsatz gibt es Nachholbedarf. Wir erwarten eher eine stagnierende Nachfrage und hoffen, die Vorjahresmengen halten zu können. Momentan stellen wir fest, dass notwendige Preisanpassungen am Markt schwer umzusetzen sind. Langfristige Kontrakte bewahren uns derzeit vor sprunghaften Einkaufspreisanpassungen." Für im Vergleich zu internationalen Multis kleinere Unternehmen erfreulich, interessieren sich die Konsument:innen aber heutzutage mehr dafür, was sie sich ins Glas gießen: "Das Bewusstsein der Konsument:innen für die Differenzierung zwischen Privatbrauereien und Konzern ist gewachsen."

Rot-weiß-rote Alternativen

Ordentlich Druck auf dem Braukessel hat Stiegl ebenfalls, sagt Geschäftsführer Herbert Bauer: "Wir befinden uns in einer herausfordernden Situation – der internationale Wettbewerb und der damit verbundene Preisdruck sind hart und der Biermarkt in Österreich stagniert." Zuversichtlich stimme ihn aber, dass Stiegl eine starke Marke mit hohen Sympathiewerten sei: Im vergangenen Jahr habe man erneut bei wichtigen Kennzahlen, wie etwa der Käuferreichweite, zulegen können – ebenso dank einer neu eingeführten Limonade. Zudem habe man die Rezeptur des hauseigenen alkoholfreien Biers verbessert. Insgesamt über die Jahre habe sich das Verhältnis stark in Richtung Handel verschoben – mit einem Verhältnis von 65 Prozent zu 35 Prozent Gastronomie sei man aber nach wie vor auch im Gastgewerbe stark vertreten. Ohnehin bekennt sich Bauer klar zum Standort Österreich. Er verkündet: "Wir sind DIE rot-weiß-rote Alternative zu in Österreich erhältlichen Konzernbieren. Uns geht es darum zu verdeutlichen, dass man mit jedem Stiegl auch einen Schluck Österreich trinkt und heimische Arbeitsplätze sichert." Um die Heimat zu stärken, war Stiegl deshalb zudem eines der Gründungsmitglieder des 2021 gegründeten Vereins der Unabhängigen Privatbrauereien Österreichs. Letztlich komme es aber vor allem auf eines an: "Am Ende des Tages sollte ein Bier richtig gut schmecken."

Da kann man Bierliebhaber:innen eben auch in preisbewussten Zeiten kein X für ein U vormachen. Das weiß man genauso beim Nachbar im Salzburger Land, bei Trumer. Eigentümer Josef Sigl: "Die Menschen werden vorsichtiger und reflektierter, wollen aber auf echte Qualität und Genuss nicht verzichten." Daher werde 2025 wieder ein herausforderndes Jahr, jedoch mit neuen Chancen. Insbesondere die eigenen Vollbieralternativen wie Leichtbier und ein Biohaferdrink erfreuen sich steigender Beliebtheit. Dennoch sei in den vergangenen Monaten eine verhaltenere Konsumation spürbar gewesen. Insbesondere der Verein der Unabhängigen Privatbrauereien sei in der komplizierten Gesamtsituation daher eine Verstärkung.

Fortgehen verlernt

Bekennendes Mitglied ist ebenso die Brauerei Freistädter: "Jede Marktkonzentration ist langfristig schlecht für Vielfalt, für Qualität, Regionen und damit die Konsument:innen", meint Geschäftsführer Paul Steininger. Insgesamt aber habe sich die Lage ein wenig entspannt, die Kostensituation nivellierte sich in manchen Bereichen wieder etwas. Grund zur Sorge gibt es aber weiterhin: "Die Entwicklung in der Gastronomie ist schon eine Herausforderung. Es scheint, als hätte die Jugend – speziell seit Corona – das Fortgehen verlernt. Das finde ich insgesamt, also aus gesellschaftlicher und sozialer Sicht, bedauerlich." Auf die eigenen Zahlen hatte das jedoch zuletzt noch keinen Einfluss, da man gute Zahlen präsentieren kann: "Unsere Bilanz 2024 fällt in allen Bereichen sehr positiv aus. Wir konnten unseren Bierausstoß – entgegen dem Markttrend – auf 160.000 Hektoliter um vier Prozent steigern und damit in einem starken Wettbewerbsumfeld einen neuen Ausstoßrekord erzielen." Kostensteigerungen versuche man durch höhere Produktivität abzufedern und man setze nach wie vor auf eine sehr moderate Preispolitik. "Bier muss leistbar bleiben", fordert Steininger nämlich.

Ganz im Westen scheint das noch der Fall zu sein, da der dortige Platzhirsch Mohrenbräu seine Ware offenbar weiter gut an den Mann und die Frau bringen kann: "2024 haben wir rund 175.000 Hektoliter Eigenbier abgesetzt und einen Umsatz von 33 Millionen Euro erzielt", bilanziert Vertriebsleiter Günter Brunner. "Im LEH halten wir laut Nielsen einen Wert-Marktanteil von 48 Prozent in Vorarlberg." Für 2025 prognostiziert Brunner: "Der Markt wird sich voraussichtlich seitwärts entwickeln, wobei ein starker Aktionsdruck und verändertes Konsumverhalten weiterhin prägend bleiben." Insbesondere letzteres ist mit gestiegenen Ansprüchen verbunden: "Die Aufmerksamkeit für regionale Wertschöpfung und handwerkliche Braukultur ist spürbar gestiegen – insbesondere seit der Pandemie. Kund:innen reagieren preissensibler, der Aktionsanteil ist spürbar gestiegen. Gleichzeitig zeigt sich aber auch: Wer auf verlässliche Qualität setzt, wird belohnt."

www.brauunion.at

www.stiegl.at

www.egger-bier.at

www.zwettler.at

www.freistaedter-bier.at

www.trumer.at

www.mohrenbrauerei.at

Kommentar veröffentlichen

* Pflichtfelder.

leadersnet.TV