LEADERSNET: Sehr geehrter Herr Gagstädter, der plannING Day schlägt heuer erstmals seine Zelte in Wien auf – genauer gesagt in der preisgekrönten Ariana in der Seestadt Aspern. Was war ursprünglich die Idee hinter diesem Branchenevent – und wie hat sich das Konzept über die Jahre weiterentwickelt?
Rainer Gagstädter: Der Wunsch nach mehr Teilnehmenden und einer einfacheren Anreise zum plannING Day war der Ausschlag für die Neuausrichtung in Wien Aspern. Bei so vielen unterschiedlichen technischen Richtungen innerhalb der Ingenieurbüros liegt der Schwerpunkt auf Netzwerken. Sich kennenlernen, Erfahrungen austauschen. Das sollte die Ausrichtung des plannING Day sein.
LEADERSNET: Sie bieten den Teilnehmenden heuer einen abwechslungsreichen Mix aus Keynotes, Networking, Führungen und sogar Kabarett. Gibt es einen Programmpunkt, bei dem Sie sagen: "Den darf man auf keinen Fall verpassen"?
Gagstädter: Das Wichtigste für mich am plannING Day ist der Kontakt zu Kolleg:innen – bundesländerübergreifend, branchenübergreifend, aber unter dem Fokus, wie wir als Branche besser werden können. Wenn das dann noch in einem schönen Rahmen passiert, und der Ort einfach erreichbar ist, dann sollte man diese Chance nutzen und den plannING Day besuchen.
LEADERSNET: Auch zahlreiche interaktive Formate stehen auf dem Programm. Warum ist gerade in einer technikorientierten Branche der persönliche Austausch so zentral?
Gagstädter: In einer technikorientierten Branche wie jener der Ingenieurbüros ist der persönliche Austausch deshalb so zentral, weil er die Brücke zwischen komplexer Technik und menschlichem Miteinander schlägt. Technische Lösungen entstehen nicht im Vakuum – sie erfordern interdisziplinäre Zusammenarbeit, kreatives Denken und das Verstehen unterschiedlicher Perspektiven. Persönliche Gespräche schaffen Vertrauen, fördern gemeinsames Lernen und ermöglichen es, Herausforderungen schneller, präziser und oft auch innovativer zu lösen. Gerade in einer zunehmend digitalen Welt gewinnt der direkte Austausch an Bedeutung, um Missverständnisse zu vermeiden und nachhaltige Entscheidungen gemeinsam zu treffen. Der persönliche Dialog ist damit nicht nur Ergänzung, sondern Fundament erfolgreicher Ingenieurarbeit.
Wir sind alle Expert:innen in speziellen Themen der Technik. In vielen Projekten ist jedoch ein intensiver Austausch zwischen unterschiedlichsten Themen (HKLS, Brandschutz, Verfahrenstechnik, Elektrotechnik u. v. m.) notwendig, um einreichfähige Projekte zu bekommen, bzw. eine bescheidkonforme Umsetzung von Projekten sicherzustellen. Ich selbst benötige oft in Abnahmen zum Explosionsschutz etwa Teilgutachten oder Prüfbefunde von anderen Fachgebieten für mein Gutachten. Oft arbeiten zehn Ingenieurbüros in Projekten zusammen. Gerade hier sind persönlicher Kontakt, Erfahrungen und Vertrauen wichtige Punkte, die eine gute Performance des Gesamtprojekts sicherstellen.
LEADERSNET: Das diesjährige Motto "JETZT TUN! - WorkING together" ist ein Aufruf zum Handeln – wo genau sehen Sie aktuell den größten Handlungsbedarf in der Branche?
Gagstädter: Ich sehe hier drei Schwerpunkte. Erstens, Effizienzsteigerungen durch KI: Wo kann ich durch KI-Methoden im Unternehmen besser, schneller und effizienter werden. Hier muss man seine Hausaufgaben machen. Brainstorming, Workshop mit Mitarbeitenden, Inputs von Firmen mit KI-Erfahrung, Projekte umsetzten mit Förderungen wie z. B. Digital Starter. Auch hier können Erfahrungen von Berufskolleg:innen sehr wichtig sein.
Zweitens, das Netzwerken: Das geht nicht von heute auf morgen, aber mit Freude an Kommunikation und dem Verständnis, dass Netzwerken keine Einbahnstraße ist, sondern immer ein Geben und Nehmen beinhalten, ergeben sich Geschäftsbeziehungen, die über Jahrzehnte funktionieren können. Wo man dann auch als Kooperationspartner:in hinzugezogen wird, ohne selbst Akquise gemacht zu haben. Aber, wie gesagt, in Netzwerken darf es kein Ausnutzen einzelner geben.
Drittens, die Weiterbildung: Viele Fachgruppen haben ihr eigenes Weiterbildungsprogramm. In meinem Bundesland Oberösterreich gibt es eine IC-Akademie mit vielen allgemeinen und fachspezifischen Seminaren über das Jahr verteilt. Das Programm macht die Fachgruppe gemeinsam mit der Sparte IC. Abgewickelt wird es über das WIFI. Zu dieser Weiterbildung gehören Seminare zu neuen Normen oder Gesetzen. Aber auch allgemeine Themen, wie die Anwendung von Geoland.at, KI, Cyberkriminalität usw.
LEADERSNET: "Wer plant, trägt Verantwortung" – dieser Leitsatz zieht sich wie ein roter Faden durch den heurigen plannING Day. Welche Rolle spielen Ingenieurbüros dabei, wenn es darum geht, nachhaltige und gesellschaftlich verantwortungsvolle Entwicklungen nicht nur zu ermöglichen, sondern aktiv mitzugestalten?
Gagstädter: Der Leitsatz "Wer plant, trägt Verantwortung" verweist auf die zentrale Rolle von Planung im gesamten Lebenszyklus von Infrastruktur-, Bau- und Energieprojekten. Ingenieurbüros stehen dabei an der Schnittstelle zwischen Vision und Realität – sie sind nicht nur technische Umsetzer, sondern auch Gestalter von Zukunft.
Ingenieurbüros leisten bereits in frühen Planungsphasen einen entscheidenden Beitrag zur Nachhaltigkeit durch fundierte Analysen und energieeffiziente Konzepte. Sie fördern technologische Innovationen, etwa bei klimaneutralem Bauen oder ressourcenschonender Mobilität, und nutzen moderne digitale Werkzeuge. Neue Materialien und smarte Technologien helfen, ökologische und wirtschaftliche Ziele miteinander zu verbinden. Dabei denken sie systemisch und berücksichtigen ökologische, ökonomische und soziale Wechselwirkungen. Mit ihrer interdisziplinären Kompetenz schaffen Ingenieurbüros ganzheitliche und zukunftsfähige Lösungen. Transparente Kommunikation und ethisches Handeln sind dabei ebenso wichtig wie technisches Know-how. Planung bedeutet auch, die Bedürfnisse kommender Generationen mitzudenken und langfristig tragfähige Lösungen zu schaffen. So wird gesellschaftliche Verantwortung im Planungsalltag aktiv gelebt.
Der plannING Day bietet die Bühne, um genau diese Verantwortung sichtbar zu machen. Er zeigt, dass Technik nicht Selbstzweck ist, sondern Werkzeug für nachhaltige und gesellschaftlich wertvolle Entwicklung. Ingenieurbüros sind dabei nicht nur Dienstleister, sondern aktive Mitgestalter einer lebenswerten Zukunft.
Mehr Informationen zum plannING Day am 22. und 23. Mai 2025 in Wien finden Sie hier.
www.ingenieurbueros.at
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