"Bis E-Autos Reichweiten von 1.000 km zu vernünftigen Kosten fahren können, wird es noch dauern"

| Tobias Seifried 
| 13.07.2023

Erwin Mattes, Head of Corporates - Sales & After Sales bei Denzel, zeigt im LEADERSNET-Interview, wieviele heimische Fuhrparks bereits auf E-Mobilität umsatteln, was man auf Langstrecken mit E-Autos beachten muss, warum Verbrenner noch lange nicht tot sind, wie es bzgl. der Datensammlung moderner Pkw aussieht und warum es aktuell ein großer Vorteil ist, 21 unterschiedliche Automarken im Portfolio zu haben.

In den heimischen Fuhrparks hat sich in den letzten Jahren viel getan. Der Trend geht auch hier klar in Richtung Elektromobilität. Neben politischen Anreizen und positiven Auswirkungen auf das eigene Image sind dafür auch die ESG-Vorgaben verantwortlich. Dennoch sind wir noch weit davon entfernt, dass alle heimischen Unternehmen ihre Flotten auf reine E-Autos umstellen. LEADERSNET wollte genauer wissen, wie sich die aktuellen Entwicklungen tatsächlich darstellen und hat deshalb bei einem Experten der Wolfgang Denzel Auto AG, die mehr als 1.000 Firmenkunden hat, nachgefragt. 

LEADERSNET: Sehr geehrter Herr Mattes, wie stark wirkt sich das bereits jetzt auf die Nachfrage nach E-Autos aus?

Erwin Mattes: Bei großen Unternehmen mit entsprechenden CO2-Zielen ist eine klare Strategie in Richtung E-Mobilität erkennbar. Hier wird bei einer Neuanschaffung bereits vollständig auf E-Fahrzeuge gesetzt, verknüpft mit Vorgaben, bis wann bestehende Firmenwägen umgestellt werden sollen. Bei KMU ist diese Ausrichtung nicht ganz so eindeutig und es gibt weiterhin eine große Bandbreite an Akzeptanz hinsichtlich Elektromobilität – von Reserviertheit bis zu klarer E-Strategie. Ein Trend in Richtung alternativer Technologien ist aber klar erkennbar, weshalb wir Elektro, Hybrid und Plug-In-Hybrid, bis zum Wasserstoff in unserem Portfolio haben. Mit unseren 21 Marken gewährleisten wir, dass wir je nach Fahrprofil und Einsatzzweck die passgenaue Antriebsart anbieten können. So ist auch weiterhin Benzin und Diesel interessant und in unserem Sortiment.

LEADERSNET: Viele Firmen haben sich zum Ziel gesetzt, ihre Fuhrparks komplett auf E-Autos umzustellen. Wie viele Ihrer Kund:innen haben das bereits geschafft?

Mattes: Nur eine Handvoll an Unternehmen. Diese sind vor allem in den Branchen "erneuerbare Energien" aktiv und haben schon sehr früh auf E-Mobilität gesetzt. Entscheidet sich ein Kunde für reine E-Mobilität bei zukünftigen Anschaffungen, so ergibt sich – auf Basis der durchschnittlichen Behaltedauer eines Firmenfahrzeuges von fünf Jahren – dennoch eine entsprechende Durchlaufzeit bis zur vollständigen Umstellung. Es kann also auch bei einer klaren E-Strategie dauern, bis Betriebe 100 Prozent konvertiert sind.

LEADERSNET: Bei Unternehmen, die viele Außendienstler im Einsatz haben, die jährlich zehntausende Kilometer fahren (müssen), werden wohl noch länger auf Dieselfahrzeuge setzen. Hier ist diese Antriebsform in Sachen Reichweite, Effizienz und Ökonomie nach wie vor unschlagbar. Wie lange wird es Ihrer Meinung nach dauern, bis es E-Autos gib, die auch bei flotterer Fahrweise an die 1.000 Kilometer Reichweite schaffen?

Mattes: Es gibt tatsächlich einzelne Kunden, die auch bei hohen Kilometer-Leistungen E-Fahrzeuge einsetzen. Es ist in weiten Teilen Österreichs durchaus möglich, lange Strecken mit E-Autos zu fahren, bedarf aber etwas Lade-Planung. Neben der eigenen Überzeugung, klimafreundlicher agieren zu wollen, ist oftmals der Sachbezugsvorteil ein starker Treiber für Entscheidung für Elektromobilität. Hinsichtlich Reichweiten sehen wir in den letzten Jahren eine rasante Entwicklung und eine große Dynamik bei den Herstellern. Da tut sich einiges. Bis wir aber eine Reichweite von 1.000 Kilometern zu vernünftigen Kosten fahren können, wird es sicher noch ein wenig dauern.

LEADERSNET: Nun eine Frage, die nicht nur Elektroautos betrifft. Aktuelle Fahrzeuge sind mittlerweile Hightech-Geräte auf Rädern, die auch Unmengen an Daten sammeln. Welche Chancen, aber auch Gefahren bzw. Herausforderungen liegen in der elektronischen Datenverarbeitung ? Und wie können sich Arbeitgeber und Autohersteller darauf einstellen?

Mattes: Die Chancen sind ganz klar in den Bereichen Sicherheit und Convenience zu sehen.

Ein Beispiel aus dem Bereich Sicherheit: Auch bei Autos geht die Entwicklung in Richtung IoT (Internet of Things), womit ein (vernetztes) vorausfahrendes Fahrzeug Glatteis erkennt und das nachkommende Fahrzeug vor dieser Gefahr warnen kann. Hinsichtlich Convenience kann ein Fahrzeug bei einer Tunneldurchfahrt automatisiert auf Umluft umschalten – das steigert das Wohlbefinden.

Aus ethischer Sicht entstehen dadurch natürlich auch Herausforderungen, denn, wem gehören die (gesammelten) Daten? Dem Hersteller? Dem Kunden? Dem Fahrer? Dem Eigentümer des Autos (Leasinggesellschaft)? Neben der Frage des Eigentums ist auch die Verwendung noch zu regulieren. Beim Einsatz vom Telematik-Systemen beim Kunden, also das Monitoring der Kilometerleistungen bis hin zur Einsatzlogistik, sollte das konkret in Vereinbarungen zwischen Unternehmen und Fahrern definiert werden.

Bis eine Regelung gefunden wird, die für alle Parteien passt, gilt es sowohl für Hersteller als auch Arbeitgeber, eine Balance zwischen moralischen und betrieblichen Interessen zu finden.

LEADERSNET: Abschließend noch eine allgemeinere Frage: Wie zufrieden ist die Wolfgang Denzel Auto AG mit dem bisherigen Geschäftsjahr und wie sieht der Ausblick aus? Sind die Auftragsbücher voll und die Nachfrage hoch, oder bemerken Sie aufgrund diverser Krisen, die viele Unternehmen treffen, eine gewisse Kaufzurückhaltung?

Mattes: Im Bereich Retail verzeichnen wir trotz der herausfordernden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen einen sehr guten Geschäftsgang. Das liegt auch daran, dass wir mit unserem breiten Markenportfolio von 21 Automarken wirklich sehr gut aufgestellt sind. Wir haben für jeden Bedarf und jedes Budget das passende Auto, da werden Kunden immer fündig.

Speziell im Firmenkundenbereich spüren wir, dass es immer wichtiger wird, einen stabilen Beratungspartner für Mobilitäts- und Infrastrukturfragen zu haben. Das hängt auch mit der Komplexität der Modell- und Antriebsvielfalt (vom Diesel und Benziner, über Hybridvarianten bis zur E-Mobilität) und den sich wandelnden Anforderungen auf Unternehmens- und Mitarbeiterseite zusammen. Die fundierte Beratungsleistung am Kunden liegt uns besonders am Herzen und wird auch intensiv an den unterschiedlichen Standorten in Österreich nachgefragt.

Aktuell merken wir eine Verbesserung der Lieferfähigkeit der OEMs (Original Equipment Manufacturer), gerade auch bei Elektrofahrzeugen, was im Laufe des Jahres sicher die eine oder andere Kaufentscheidung positiv beeinflusst hat bzw. noch beeinflussen wird.

www.denzel.at

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