Arbeitszeit pro Kopf wird in Europa immer kürzer, besonders in Österreich

| Redaktion 
| 19.06.2023

Während die Anzahl der Beschäftigten im Euroraum seit 1995 um fast 30 Prozent zugenommen hat, stieg das Arbeitszeitvolumen nur um rund 23 Prozent. Gleichzeitig nahm die Produktivität zu.

"Die Arbeitszeit pro Kopf ist im Euroraum seit 1995 bis heute um über sechs Prozent zurückgegangen. Eine deutlich gestiegene Produktivität und die Zunahme der Anzahl der Beschäftigten haben seitdem dennoch einen Anstieg der Wertschöpfung um real 50 Prozent ermöglicht", meint UniCredit Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer. Die UniCredit Bank Austria führte dazu eine Studie durch.

Gesellschaftliche Herausforderung

"Der Rückgang der eingesetzten Arbeitszeit pro Kopf wird sich in den kommenden Jahren voraussichtlich fortsetzen. Der gesellschaftliche und demografische Wandel wird zu einer großen Herausforderung für die Erhaltung des Wohlstands in Europa werden", so Bruckbauer. Dies gelte umso mehr, als in den USA die jährliche individuelle Arbeitszeit um 300 Stunden höher als im Euroraum ist und seit 2010 sogar um rund 85 Stunden zugenommen hat.

Arbeitszeit pro Kopf sinkt in Europa seit langem

2022 hat die Beschäftigung im Euroraum mit fast 144 Millionen einen neuen Rekordstand erreicht. Das entspricht einem Plus von 33 Millionen seit dem Jahr 1995. Die Anzahl der Beschäftigten ist somit im Durchschnitt um fast ein Prozent pro Jahr gestiegen. Spitzenreiter ist Irland mit einem Beschäftigtenanstieg von durchschnittlich 2,7 Prozent pro Jahr während in Lettland die Beschäftigung sogar leicht zurückgegangen ist. In Österreich lag der Beschäftigtenanstieg mit knapp über ein Prozent pro Jahr etwas über dem Durchschnitt.

Rekord an Beschäftigten

"Angesichts des Rekords an Beschäftigten liegt auch das Arbeitszeitvolumen im Euroraum mit über 210 Milliarden Stunden im Jahr 2022 auf einem Allzeithoch. Allerdings ist das Arbeitszeitvolumen seit 1995 'nur' um rund 23 Prozent gestiegen, während die Anzahl der Beschäftigten um 30 Prozent zugenommen hat", meint UniCredit Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl.

Insbesondere in Irland, Luxemburg und Malta haben sich diese beiden Zeitreihen stark auseinanderentwickelt. Auch in Österreich ist mit einem Anstieg der Beschäftigten um 33 Prozent und einem Zuwachs des Arbeitszeitvolumens um 18 Prozent die Lücke überdurchschnittlich stark aufgegangen.

Mit rund 1.460 Stunden ist die durchschnittliche Arbeitszeit pro Kopf im Euroraum 2022 um fast 90 Stunden geringer als 1995. Das entspricht einem Rückgang der durchschnittlichen Arbeitszeit um fast sechs Prozent. Zum stärksten Rückgang unter den Ländern des heutigen Euroraums kam es in Irland. Die durchschnittliche Arbeitszeit verringerte sich seit 1995 um 260 Stunden oder fast 14 Prozent. Mit 180 Stunden bzw. mehr als elf Prozent folgt Österreich mit dem drittstärksten Rückgang im Euroraum. Nur in Zypern kam es in diesem Zeitraum zu einem leichten Anstieg.

"Österreich weist nach Irland und Lettland den stärksten Rückgang der jährlichen Arbeitszeit pro Kopf im Euroraum seit dem Jahr 1995 auf. Sowohl in Irland als auch in Lettland ist das Arbeitsvolumen pro Kopf jedoch immer noch deutlich höher als in Österreich. Nur in Deutschland, Niederlande, Frankreich und Belgien wird weniger Stunden pro Kopf gearbeitet als in Österreich", so Pudschedl.

Teilzeit boomt

Die Verringerung der individuellen Arbeitszeit im Euroraum widerspiegelt sich in einem Anstieg der Teilzeitbeschäftigung. Die absolute Anzahl an Teilzeitbeschäftigten verdoppelte sich in diesem Zeitraum beinahe auf über 31 Millionen. In Österreich nahm die Anzahl der Teilzeitbeschäftigten von knapp 500.000 im Jahr 1995 auf fast 1,3 Millionen 2022 zu. Das entspricht einem Anstieg um fast 170 Prozent. Nur in Luxemburg, Malta, Spanien und Italien gab es eine noch höhere Dynamik.

Im Euroraum machte im Jahr 2022 die Anzahl der Teilzeitbeschäftigten im Verhältnis zur gesamten Beschäftigung 20,5 Prozent aus. Im Jahr 1995 lag die Teilzeitquote in den heutigen Mitgliedsländern des Euroraums bei nur rund 13 Prozent. Mit 21,5 Prozent hat die Teilzeitquote im Euroraum im Jahr 2015 einen bisherigen Höhepunkt erreicht. Der einsetzende wirtschaftliche Aufschwung nach der Eurokrise führte zu einem Rückgang der Teilzeitquote, der bis heute anhält.

"In Österreich stieg die Teilzeitquote von 13 Prozent 1995 bis 2022 auf fast 30 Prozent. Das ist innerhalb des Euroraums die höchste Teilzeitquote, abgesehen von den Niederlanden. Zum Unterschied vom gesamteuropäischen Trend nahm in Österreich die Teilzeitquote seit 1995 kontinuierlich zu, auch nach 2015", meint Pudschedl. In Österreich haben mehr als 50 Prozent der Teilzeitbeschäftigten keine Hinderungsgründe für eine Vollzeitbeschäftigung.

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