"Die Digitalisierung war in der Pandemie ein Rettungsanker"

| Christoph Aufreiter 
| 04.09.2022

Rudolf Schrefl, CEO von Drei, spricht im LEADERSNET-Interview über den Digitalisierungsprozess, wie sich Österreich im Europavergleich schlägt und warum man eine strategische Partnerschaft mit A1 einging.

Kaum ein Thema war seit Anbruch der Coronapandemie in der Wirtschaft – aber auch im Privatleben – so omnipräsent wie digitale Kommunikation. Während der Lockdowns konnte man so remote Arbeiten und auch heute noch setzen viele Betriebe verstärkt auf Home-Office. Warum es trotzdem wichtig sei, an einigen Tagen im Büro zu sein, erklärt Rudolf Schrefl im LEADERSNET-Interview.

LEADERSNET: Die Digitalisierung schreitet weiter voran. Die Pandemie hat uns hier einen Boost gezündet. Wo stehen wir gegenwärtig und wo sind die Grenzen der digitalen Transformation?

Schrefl: Die Digitalisierung war für die Wirtschaft in den letzten zwei Jahren der Pandemie sicher eine Art Rettungsanker und hat gezeigt, dass Digitalisierung im Kontext der Kommunikation extrem wichtig ist. Wir sind in Verbindung geblieben. Nicht nur über das klassische Telefonat, sondern über Videocalls. Man hat beim Homeschooling und Homeworking gesehen, wie wichtig digitale Netze sein können, um den täglichen Bedarf an Kommunikation zu decken. Hier ist es unsere große Aufgabe, dass wir niemanden zurücklassen. Die Grenzen der Digitalisierung sehe ich heute sehr stark im ländlichen Bereich, in dem die Internetverbindung etwa nicht so schnell ist, wie im urbanen. Unsere große Aufgabe ist es, dem Abhilfe zu schaffen. Das ist nicht nur bezüglich der Kommunikation wichtig. Ich glaube, ohne Digitalisierung werden wir Herausforderungen wie die Energiewende nicht hinbekommen. Wir als Drei denken, dass wir hier einen wesentlichen Beitrag leisten können.

LEADERSNET: Apropos "niemanden zurücklassen": Viele Senior:innen haben es geschafft, ein Smartphone bedienen zu können. Aber eben nicht alle. Ist hier eine Simplifizierung notwendig, bzw. gibt es einen "Digitalisierungsspalt" zwischen Jung und Alt?

Schrefl: Das ist absolut richtig und betrifft nicht nur Jung und Alt. Wir dürfen auch niemanden zurücklassen, der sich heute möglicherweise Dienstleistungen nicht leisten kann. Wir müssen also dafür sorgen, dass das Angebot leistbar bleibt oder wird.

Ein großes Ziel unseres Unternehmens ist es, für alle Bevölkerungsgruppen ein Angebot zu schaffen. Wir haben gesehen, dass in der Pandemie die Unternehmen, die sich schon mit Digitalisierung beschäftigt haben, ganz gute Fortschritte gemacht haben. Acht von zehn hatten aber auch riesige Probleme, was etwa die Finanzierung von diesen digitalen Transformationsprojekten betrifft.

LEADERSNET: Sie haben sich bei Drei stark für die digitale Transformation in den Businessmarkt eingesetzt. Was ist euch hier gelungen und wo steht ihr gerade?

Schrefl: Ich glaube, dass wir einen wesentlichen Beitrag geleistet haben, Unternehmen vor allem in der Anfangsphase der Pandemie zu unterstützen. Viele Unternehmen haben sehr rasch bemerkt, dass weder sie als Betrieb, noch die Mitarbeiter:innen eine ausreichende Internetverbindung haben, um den Bedarf decken zu können. Hier haben wir zu Beginn extrem rasch zusätzliche Kapazität in unser Mobilfunknetz gebracht, aber auch zusätzliche Festnetz-Internet-Leitungen, sowohl für Betriebe als auch Privathaushalte, hergestellt. Hier war der Bedarf natürlich enorm und gerade deshalb bin ich auf meine Kolleg:innen stolz, dass sie hier die sprichwörtlichen Ärmel hochgekrempelt und Gas gegeben haben. Man muss aber auch ein Dankeschön an die öffentliche Hand richten, wo Genehmigungsverfahren wesentlich schneller abliefen, als vor der Pandemie. Das ist ein bisschen ein österreichisches Phänomen: Wenn der Stachel im Fleisch ist, dann macht man plötzlich Fortschritte.

LEADERSNET: Die Energiewende, so heißt es zumindest, gelingt uns nur dann, wenn es eine europäische Gesamtlösung gibt. Ist am internationalen Markt Österreich ein Vorreiter in Sachen digitaler Wende und in Sachen digitaler Kompetenz im Bereich Telekommunikation, oder sind wir hier im Rückstand?

Schrefl: Österreich war immer ein Vorreiter, was die digitale Kommunikation betrifft. Österreich liegt aber nur auf Platz 16 von 39 Ländern, wenn es um die Festnetz-Internetverbindungen geht. Hier ist ein großer Aufholbedarf notwendig, um auch in den ländlichen Regionen Fortschritte zu erzielen. Insgesamt glaube ich, dass wir als Branche aber massiv in die Digitalisierung einzahlen.

LEADERSNET: Vor nicht allzu langer Zeit, hätten wir uns nicht vorstellen können, dass wir alle unsere Finanztransaktionen sicher über das Handy durchführen oder remote arbeiten werden. Was sind Ihre Visionen bzgl. der digitalen Arbeit in den nächsten fünf Jahren? Wo geht die Zukunft hin?

Schrefl: Wir bei Drei haben hier eine Vorleistung geschaffen: Aus der Pandemie rauskommend, haben wir entschieden, dass wir auch unseren Betrieb sehr viel stärker auf neue Arbeitszeitmodelle umstellen. Derzeit haben wir eine Anwesenheitspflicht von zwei Tagen. Während der anderen drei Arbeitstage, kann man arbeiten, von wo aus man will. Die zwei Tage im Office, sind extrem wichtig, weil es natürlich bei kreativen Prozessen wichtig ist, den Flurfunk mitzubekommen und sich persönlich auszutauschen. Das ist natürlich auch für die Firmenkultur wichtig. Ich sage immer, wenn man vor einem Bildschirm sitzt und neun Kasteln mit neun Gesichtern sieht, dann wird man für die Mitarbeiter:innen als Unternehmen sehr rasch austauschbar.

Wir merken, dass unsere Kolleg:innen sehr gerne ins Office kommen und auch viel Spaß bei der Arbeit haben. Und das passiert meistens, wenn man wirklich physisch vor Ort ist. Hier entsteht auch Kreativität und Innovation.

LEADERSNET: Werden wir es noch erleben, dass wir im Netz etwas kaufen und das Produkt mit Drohne und per Handy gesteuert, in den eigenen Postkasten geliefert bekommen?

Schrefl: Das ist eine schwierige Frage. Es gibt natürlich viele Experimente in diese Richtung. Wir betreiben etwa ein Projekt, mit 5G autonome Drohnen über große Distanzen steuern zu können. Dieses Projekt könnte wahrscheinlich Produkte zum Kunden liefern. Ich glaube, dass eine Drohnenlieferung sinnvoll ist, wenn etwa in sehr ländliche Regionen dringend Medikamente notwendig sind, die man dann schnell ausliefern kann. Ob man damit tatsächlich "das nächste Paar Schuhe" ausliefern wird – da bin ich skeptisch.

LEADERSNET: Was denken Sie, was unseren Alltag in naher Zukunft tatsächlich revolutionieren wird?

Schrefl: Ich glaube, dass es die Transformation unseres Haushalts insgesamt sein wird. Wir verschwenden heute sehr viel Energie dadurch, dass wir in einem Zimmer das Licht aufdrehen, rausgehen und es nicht abschalten. Das sind Dinge, die man mit intelligenten Haussteuerungssystemen vermeiden kann. Diese Transformation wird aber auch das Thema Energieproduktion und Energiespeicherung betreffen.

LEADERSNET: Eines der großen Themen ist die Geschwindigkeit der Datenübermittlung. Ihr seid mit A1 eine Glasfaserpartnerschaft eingegangen (LEADERSNET berichtete). Aus welcher Vision heraus ist das passiert?

Schrefl: Das ist ein Thema der Nachhaltigkeit. Wir haben natürlich die Ambition, ganz Österreich mit Hochgeschwindigkeitsinternetverbindungen auf Basis von 5G zu versorgen. Das machen wir auch. Nichtsdestoweniger gibt es Anforderungsprofile oder Bereiche, wo Glasfaser oder Festnetztechnologien notwendig sind. Hier war es einfach klüger, eine Partnerschaft einzugehen, als unter der Straße ein zweites Glasfaserkabel zu verlegt. Der richtige Zugang ist hier Partnerschaften zu schaffen und dadurch auch mehr Vermarktungsmöglichkeiten zu erhalten. Wir kommen so schnell an unsere Kunden heran und können die Glasfaser, die die die A1 schon vergraben hat, auch an unsere Kunden vermarkten. Damit haben wir natürlich auch die Möglichkeit, über verstärkten Wettbewerb diesen Vorteil des Preiskampfs, den man natürlich auch auf dieser Ebene hat, den Kunden weiterzugeben.

LEADERSNET: Immer wieder heißt es, dass diese digitale Transformation eine Sehnsucht nach Analogie entstehen lasse. Dazu meine Frage: Dürfen wir uns auf die Zukunft freuen, oder müssen wir diese mit Respekt erwarten?

Schrefl: Ich persönlich freue mich auf die Zukunft. Es wird sehr viele Herausforderungen, aber auch Chancen geben. Man muss mit Technologie respektvoll umgehen und man darf niemanden zurücklassen. Das ist auch unsere Vision. Wir wollen jeden, egal in welcher Region, in welcher Lebenssituation, mitnehmen. Egal ob es ein großes Unternehmen ist, oder ein Kleinbetrieb.

www.drei.at

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