Wissenswertes zum Thema "Betriebliche Altersvorsorge"

| 02.06.2022

LEADERSNET sprach über dieses Thema mit zwei kompetenten Experten: Johann Eder, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater und Margit Haudek, Unternehmensberaterin im Bereich Human Ressource-Support und Arbeitsrechtsexpertin.

Finanzielle Rahmenbedingungen, steuerliche Regelungen und geänderte Arbeitswelten verlangen innovative Maßnahmen um maximale Sicherheit im Rahmen einer betrieblichen Vorsorge zu erreichen. Worauf ist bei der Auswahl von unterschiedlichen Vorsorgemodellen zu achten? Wann ist der richtige Zeitpunkt, damit zu beginnen? Wie erreicht man den besten Liquiditätsschutz? Mit welcher Gesellschaftsform optimiert man am besten Steuern und Abgaben? Themen, die sowohl Arbeitgeber wie auch Arbeitnehmer gleichermaßen betreffen.

LEADERSNET: Welche Vorsorgemodelle halten Sie für geeignet, um größte Sicherheit zu erlangen?

Johann Eder, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater sowie Geschäftsführender Gesellschafter der EMB Wirtschaftstreuhandgesellschaft: "Beginnen wir mit dem Bereich 'Einsatz von Lebensversicherungen zur Optimierung von Vorsorgen, Bankveranlagung und Steuerminimierung' und 'Lebensversicherungen als Rückdeckung der Gesellschafter-Geschäftsführer-Pensionszusagen'.

Geschäftsführung und Gesellschafter-Geschäftsführer können sich im Rahmen der steuerlichen Möglichkeiten (§ 14 des EstG) eine Pensionszusage erteilen. Diese Pensionszusage kann entweder durch Wertpapiere oder durch eine Lebensversicherung rückgedeckt werden.

Da die dafür zugelassenen Wertpapiere kaum Erträge bringen, ist es im Hinblick auf die Refinanzierung der Zusage, die dann zum Zeitpunkt der Pensionierung die Kosten der ausbezahlten lebenslangen Rente oder des Einmalbetrages abdecken sollen, ratsam, eine Lebensversicherung abzuschließen, die die liquiditätsmäßige Abstützung der Kapitalgesellschaft ermöglicht. Es sind dabei einige arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen und das Betriebspensionsgesetz zu beachten, aber wenn das rechtzeitig gemacht wird, ist das im Hinblick auf die immer größer werdende Pensionslücke, nämlich zwischen Aktivbezug und Pensionsbezug, absolut ratsam für jeden Gesellschafter/Geschäftsführer oder auch für jeden übrigen Geschäftsführer an eine solche Pensionsabdeckung über die zweite Säule nachzudenken. Bei richtiger Ausgestaltung der Situation von wesentlich oder unwesentlich beteiligten GmbH & Co KG- Geschäftsführern oder nur GmbH-Geschäftsführern kann eine derartige Pensionszusage mit einer Rückdeckung durch eine Lebensversicherung dazu führen, dass bis zu 70 Prozent der Prämie durch Steuerersparnisse erwirtschaftet werden."

LEADERNET: Haben Lebensversicherungen darüber hinaus auch noch andere Vorteile?

Eder: "Lebensversicherungen können auch für Zwecke der Mitarbeiterbindung eingesetzt werden, nämlich dann, wenn sie auch hier als Rückdeckung für Pensionszusagen dienen. Lebensversicherungen stellen durchaus auch Alternativen zu Bankveranlagungen dar. Zu beachten ist, dass allerdings gewisse Randbedingungen erfüllt werden müssen. Einerseits beträgt die Laufzeit bei Personen über 50 Jahren mindestens zehn Jahre, bei Personen unter 50 Jahren mindestens 15 Jahre Laufzeit um sowohl steuerlich als auch aus der Sicht der Kapitalertragssteuer und Versicherungssteuer ein möglichst optimales Ergebnis zu erreichen. Zu bedenken ist, dass bei Lebensversicherungen eben keine Bankgebühren anfallen, wie die Depotkontogebühr, Ausgabe-Aufschläge und Transaktionsgebühren; vor allem verlangen die Banken bei größeren Summen derzeit eine Verwahrgebühr und bieten derzeit nur Negativzinsen."

LEADERSNET: Worauf wäre bei dieser Veranlagungsform noch zu achten?

Eder: "Wenn Unternehmen als Veranlagungsmöglichkeit eine Lebensversicherung wählen, bedarf es allerdings einiger Überlegungen hinsichtlich der Art der Rückdeckung der Lebensversicherung. Idealerweise sollte es hier eine fondsgebundene Lebensversicherung sein, da dann die Wertzuwächse nicht sofort zu aktivieren und dementsprechend auch noch nicht zu versteuern sind.

Zu bedenken ist, dass die Einlagensicherung der Banken im Konkursfall nur bis zu 100.000 Euro gewährleistet ist. Versicherungen sind auch im Konkursfall zu 100 Prozent geschützt. Seit dem Jahr 1937 ist in Österreich keine Versicherungsgesellschaft mehr pleite gegangen, aber in den letzten Jahren hatten wir fast jedes Jahr eine größere Bankpleite mit erheblichen Verlusten für die Anleger. Braucht man trotzdem flüssiges Geldflüssiges Kapital für kurzfristige Investitionszwecke, so kann man eine Lebensversicherung zu Gunsten eines Bankkredites verpfänden und sie wird als erstklassige Sicherheit von den Banken gerne genommen."

LEADERSNET: Worauf wäre aus Sicht der Arbeitsrechtsexpertin bei der Betrieblichen Vorsorge zu achten?

Margit Haudek, Unternehmensberaterin im Bereich Human Ressource-Support und Arbeitsrechtsexpertin; Spezialistin insbesondere für die betriebliche Pensionsvorsorge: "Die Arbeitswelt, wie wir sie momentan vorfinden, ist in Bewegung und die Werte verändern sich total. Die Unternehmen sind jetzt mehr oder weniger gezwungen, eine Arbeitgebermarke aufzubauen, die das Unternehmen für zukünftige Mitarbeiter attraktiv macht. Employer Branding gewinnt also immer mehr an Bedeutung, denn die Wechselbereitschaft der Mitarbeiter ist mit dem Abflauen der Pandemie enorm gestiegen.

Unternehmen führen jetzt eher Bleibegespräche denn Rekrutierungsgespräche und sind intensiv bemüht, Führungskräfte, zum Beispiel in Management Teams, langfristig ans Unternehmen zu binden; ein im Unternehmen aufgebauter Know-how-Verlust ist extrem schmerzlich. Demzufolge sind Schlüsselarbeitskräfte am Bewerbermarkt sehr attraktiv und werden massiv umworben. Um Mitarbeiter zu binden und erworbenes Know how im Unternehmen zu erhalten, kann ein Angebot einer Pensionsvorsorge ein probates Mittel sein. Selbstverständlich sind dabei arbeitsrechtliche Vorgaben zu beachten, insbesondere das Gleichbehandlungsgesetz.

Im Bewerbungs-/Einstellungsgespräch ist festzuhalten und zu vereinbaren, zum Beispiel nach wie vielen Jahren an Dienstzugehörigkeit eine Führungskraft mit einer direkten Leistungszusage (Pensionsvorsorge) rechnen kann, welche Projekte er unter anderem in den Anfangsjahren erfolgreich geführt hat, manchmal sogar über verschiedene Zeitzonen und er damit eine hohe Einsatzbereitschaft bewiesen hat."

LEADERSNET: Wirken sich Lebensversicherungsveranlagungen auch bei Stiftungen aus?

Eder: "Vermögen zu erhalten und über Generationen weiterzugeben, ist das Ziel vieler Stiftungen. Lebensversicherungen können durch den Steuereffekt bei der Zwischen-KöSt dazu beitragen, die Rendite der Veranlagung zu steigern, um mittels ausgewogener Anlagestrategie den Werterhalt des Stiftungsvermögens zu ermöglichen. Dies ist besonders unter dem Gesichtspunkt der Inflation und des derzeit Niedrigzinsumfeldes ein sehr engagiertes Ziel. Damit es mit der Lebensversicherung bei einer Stiftung funktioniert, ist es notwendig, dass man zwischen der Institution oder der Gesellschaft, die den Vertrag hält und der Person, deren Leben mit dem Vertrag versichert ist, unterscheidet.

Durch den Unterschied bei der Wahl der beiden Parteien, Versicherungsnehmer und versicherte Person, ergibt sich die Möglichkeit für eine Stiftung, einen Versicherungsvertrag abzuschließen, in dem die Stiftung der Versicherungsnehmer und der Stiftungsvorstand oder ein Begünstigter aus der Stiftung die versicherte Person ist. Die versicherte Person hat keine Rechte am Vertrag. Funktion der versicherten Person besteht in der Kalkulationsgrundlage für die Ablebenswahrscheinlichkeit gemäß der Sterbetafel. Die versicherte Person kann nicht ausgewechselt werden. Im Falle des Ablebens der versicherten Person wird der Vertrag fällig und die Begünstigten aus dem Lebensversicherungsvertrag erhalten die Ablebensleistung. Bei einer Stiftung können Begünstigte aus dem Lebensversicherungsvertrag die Stiftung oder die Begünstigten aus der Stiftung sein."

LEADERSNET: Welches Modell würden Sie hier empfehlen?

Eder: "Im Rahmen der Zuwendungsbesteuerung in Höhe von 27,5 Prozent Kapitalertragsteuer kann es sinnvoll sein, die Stiftung als Begünstigte einzusetzen, um eine steuerfreie Auszahlung in die Stiftung zu ermöglichen. Besonders eignet sich für die Zwecke der Stiftung die fondsgebundene Lebensversicherung. Hier trägt zwar der Versicherungsnehmer das Veranlagungsrisiko, jedoch besteht hier die Möglichkeit je nach Fondsvariante eine entsprechende Performance zu erzielen. Im ausgewogenen Portfolio bei einer Performance von rund sechs Prozent kann sich unter den gegebenen Voraussetzungen der Vorteil einer Versicherungslösung gegenüber einer direkten Veranlagung bei der Bank nach 15 Jahren von rund acht Prozent ergeben.

Bezieht man unter den Wirtschaftlichkeitsaspekt den Renditevorteil mit ein, der durch die begünstigte Besteuerung der Versicherung erzielt werden kann, liegt der Vorteil ganz klar auf der Hand. Erträge und Wertzuwachs sind in der Stiftung zwischensteuerpflichtig, 25 Prozent als Vorauszahlung auf die Kapitalertragsteuer bei Zuwendung. Innerhalb der Versicherung fällt für die Veranlagung keine Zwischensteuer an, weder auf die Erträge noch auf den Wertzuwachs. Bei Einzahlung der Versicherungsprämien werden allerdings laufend vier Prozent Versicherungssteuer auf die Prämienzahlung fällig. Läuft die Versicherung zehn – wenn die versicherte Person das fünfzigste Lebensjahr vollendet hat – oder 15 Jahre, ist die Versicherung komplett steuerfrei – auch hinsichtlich der Körperschaftsteuer. Es ist sinnvoll, als Begünstigte die Stiftung einzusetzen, da bei Fälligkeit die Leistung der Stiftung zufällt und dort - soweit die steuerlichen Bestimmungen eingehalten worden sind - keine Körperschaftsteuer und Kapitalertragsteuer anfällt.

Entscheidet sich die Stiftung, die Fonds in der Versicherung zu switchen, kann dies nicht nur kostenfrei, sondern auch steuerfrei von statten gehen."

LEADERSNET: Wie präzise lässt sich ein Vorsorgemodell prognostizieren?

Eder: "Für all die Zwecke, die jetzt besprochen worden sind, gibt es zum Beispiel in meiner Kanzlei entsprechende detaillierte Modellrechnungen, die jeweils eine exakte Darstellung auf der Basis des aktuellen Steuerrechts bieten. Ich habe hier sowohl für die Gesellschafter-Geschäftsführer Pensionszusage, bei unterschiedlichen Rechtsformen, unterschiedlichen Laufzeiten die entsprechenden Steuervergleichsrechnungen zur Verfügung, die eine exakte Abbildung der steuerlichen Auswirkungen einer solchen durch Versicherungen rückgedeckten Pensionszusage, darstellen. Hinsichtlich der Veranlagung bei Stiftungen im Vergleich zur Bankveranlagung gibt es ebenso eine exakte Berechnung bei unterschiedlichen Zinssätzen, Veranlagungsformen und Laufzeiten.

Eine exakte Hochrechnung – die weit in die Zukunft reicht – kann nie erstellt werden. Meine Berechnungen beruhen auf den aktuellen steuerlichen Gegebenheiten, die jährlich adaptiert werden, wie zum Beispiel Änderungen bei der Berechnung in der Lohnverrechnung und Änderungen in der ESt-Berechnung, um für die direkte Leistungszusage auch dem begünstigten Geschäftsführer oder Angestellten zeigen zu können, worin sein Vorteil besteht.

Die direkte Leistungszusage wird für nicht wesentlich beteiligte (ASVG-Angestellter) oder für wesentlich beteiligte (GSVG) Gesellschafter-Geschäftsführer berechnet. Darüber hinaus bieten wir die Berechnung für reine GmbHs aber auch für GmbH und CoKGs an.

Ein zusätzlicher Vorteil für die Firma liegt auch darin, dass die Steuerersparnis über die Laufzeit der Pensionszusage einen Teil der Prämienzahlung finanziert. Dies liegt, je nach Gesellschaftsform und Verhältnis der versicherten Person zur Gesellschaft zwischen zwölf und zirka 87 Prozent."

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