Überschießender Aufwand und veraltet: "Was die Media-Analyse misst, weiß längst niemand mehr"

| 13.04.2022

Etablierte Medienmanager wie Pirker, Kralinger, Metzger und Mair üben scharfe Kritik an der "härtesten Währung am Markt." 

Die Media-Analyse misst nicht die Anzahl der Leser:innen, sondern die Auflagenzahlen und galt lange als  härteste Währung am Markt der werbetreibenden Wirtschaft. Doch in jüngster Zeit häufen sich kritische Stimmen, die die Media-Analyse als veraltet beschreiben.

In einem Interview mit medianet bemängelt Horst Pirker, Chef der VGN Medien Holding, dass der Community-Ansatz, auf den die VGN setze, nicht berücksichtigt werde. Daher könne die Media-Analyse, so wie sie sich derzeit präsentiere, nichts beitragen.

Veränderte Mediennutzung 

Die Verantwortlichen der Media-Analyse halte er für "gescheite und kompetente Menschen, die aber in der Tradition feststecken". Die Media-Analyse reiche weit zurück ins vorige Jahrhundert und stamme damit aus einer Welt, "deren Mediennutzung mit der Mediennutzung heute ungefähr nichts mehr gemeinsam hat." Gemessen werde Pirker zufolge "irgendetwas". Was genau, wisse heutzutage aber keiner, so Pirker weiter.

Auch tele-Geschäftsführer Hans Metzger und Kurier-Geschäftsführer Thomas Kralinger sehen Reformbedarf. Angesichts der roten Spuren der aktuellen Erhebung (LEADERSNET berichtete) meldet sich auch Styria-Vorstandsvorsitzender Markus Mair zu Wort. "Diese Ergebnisse und die gesamte Entwicklung des klassischen Medienmarktes sind für einen geistigen Verdrängungsmechanismus gar nicht geeignet und sie erfordern nach der notwendigen Analyse auch Maßnahmen in den Unternehmen im Hinblick auf die Weiterentwicklung des Journalismus, den Produkten als Ganzes in Digital und Print und den Medienmarken per se", sagte er zum Horizont.

Nicht ernsthaft ausgefüllte Fragebögen

Metzger wagt sich sogar an die Behauptung, "dass kein einziger dieser 15.000 Fragebögen ernsthaft ausgefüllt wird" und spricht von einer nicht treffsicheren Erhebungsmethode. Er zweifle nicht daran, dass wissenschaftlich sauber gearbeitet werde, "aber dass aufgrund der Art, was und wie abgefragt würde, es zu einem falschen Ergebnis komme." Kralinger prangert auch die Altersgruppen an: "Entsprechende Altersgruppen werden nicht erreicht, somit gebe es keine relevanten Ergebnisse." "Hinzu kommt, dass wir, je nachdem, wie die einzelne Medienhäuser ihre Print- beziehungsweise Digitalprodukte aufstellen, ganz unterschiedliche Resultate einer in Wahrheit Marken-Reichweite erhalten", sagte Kralinger abschließend dem Horizont.

Horizont rechnete sogar ein Beispiel vor: Der Standard  komme 2021 bei einer laut Media-Analyse Reichweite von 542.000 Leser:innen und einer laut Österreichischer Auflagenkontrolle (ÖAK) verbreiteten Auflage von rund 67.000 Stück auf durchschnittlich acht Leser:innen pro Ausgabe, während Die Presse oder der Kurier auf lediglich vier kommen.

Pirker kommentierte das Dilemma gegenüber medianet: "Wie soll man sich das vorstellen? Dass das alles Großfamilien sind? Oder dass jedes einzelne Exemplar des Standard wie ein Wanderpokal (...) zirkuliert?"

Plattformen vermischt

Die Methode der Messung sei nicht mehr geeignet, es würden sich verschiedene Plattformen vermischen, so die Medienmanager unisono. Es gibt allerdings bereits eine  Arbeitsgruppe, die sich damit beschäftigt, Reformvorschläge für die Media-Analyse zu erarbeiten. (jw)

www.media-analyse.at

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