"Es gibt eine Welt abseits der Krise und wir bieten dieses Stück heile Welt"

Marlene Auer ist Chefredakteurin von "Kurier-Freizeit". Mit LEADERSNET spricht die 34-Jährige über Eskapismus in Zeiten der Krise, warum sich digitale Beiträge so gravierend von Print unterscheiden und wie man in jungen Jahren zur Chefredakteurin wird.

Im November 2021, mitten in der Delta-Welle, launchte mit freizeit.at die neue Seite von Kurier-Freizeit. Ob man damit ein Risiko eingegangen ist verrät Marlene Auer LEADERSNET-Redakteur Christoph Aufreiter.

 

LEADERSNET: Im November des Vorjahres wurde freizeit.at gelauncht. Welche Schwerpunkte waren für Sie, in der doch sehr langen Planungsphase, wichtig?

Auer: Wir starteten mit einer umfassenden Analyse und der Frage, wie groß der Markt für den Soft-News-Bereich in Österreich sowie generell im deutschsprachigen Raum ist. Dabei setzten wir uns mit sehr vielen Zahlen auseinander, ebenso mit Marktforschung und Personas. In weiterer Folge konzipierten wir redaktionelle Formate speziell für diesen digitalen Bereich. Darüber hinaus bauten wir einen internen Workflow auf, der es ermöglicht, dass sämtliche, thematisch passende Inhalte auf unserem Portal gebündelt werden. Wir etablierten eine eigene Struktur für Social Media, befassten uns auch mit Designs. So entstand in Summe Freizeit.at als Lifestyle-Portal von Kurier-Freizeit und Kurier. Alles, was zu dem Motto "Alles was dir guttut " passt, findet sich dort: von Reise über Mode bis hin zu Kultur und Kulinarik. Mit den Februarwerten von rund einer halben Million User sind wir nun erstmals auch in der ÖWA gelistet und freuen uns über diesen gelungenen Start.

LEADERSNET: Im Zuge des Launches gab es auch optische Veränderungen. Gab es irgendwelche Punkte, die Ihnen da wichtig waren?

Auer: Optisch haben wir freizeit.at komplett neu geschaffen und dabei besonders auf Userfreundlichkeit und Übersichtlichkeit geachtet. Auch auf den Stil: freizeit.at soll eine moderne Lifestyle-Plattform sein, die informiert und inspiriert. So starteten wir neben dem tagesaktuellen Content auch mit redaktionellen Serien, etwa Insider-Ausflugsziele oder Selbstversuche. Diese Texte sind speziell für digital geschrieben und aufbereitet, sie entsprechen dem mobilen Leseverhalten.

LEADERSNET: Der Launch fand im November 2021 – also wirklich inmitten der Delta-Welle – statt. Gab es da im Vorfeld nicht Sorgen, dass die Werbeeinnahmen einbrechen würden?

Auer: Dadurch, dass wir Freizeit.at als komplett neues Portal gelauncht haben, hatten wir keine Vergleichswerte. Ziel ist natürlich immer, möglichst viele User mit möglichst hoher Verweildauer auf der Seite zu haben. Deswegen stellten wir uns die Frage: Was macht eine Plattform so interessant, dass man sie immer wieder aufsucht? Also haben wir drei große Alleinstellungsmerkmale erschaffen, abseits vom täglichen News-Content: Erstens die Bewegtbild-Schiene der Freizeit-Academy, bei der uns unter dem Motto „Lernen von den Besten“ Meister ihres Fachs in zehn Videolessons in ihre Welt mitnehmen. So verrät etwa Wintersportprofi Thomas Morgenstern, wie man fit für die Skipiste wird. Musiker Josh lernt uns Gitarre spielen. Oder Spitzenkoch Uwe Machreich, wie das perfekte Backhenderl gelingt. Zweitens haben wir eine große Datenbank für Reisereportagen aufgebaut, in der man per Filter nach eigenen Vorlieben stöbern kann. Dasselbe für den Bereich Kulinarik: Wir reicherten ein Rezeptarchiv samt Portionsrechner mit Hunderten Gerichten an. Durch diesen Service schaffen wir Themenbereiche, die nie "alt" und immer wieder neu angesurft werden – das ist für die User, aber schließlich dann auch für den Werbemarkt in Hinblick auf Anzeigenbuchungen interessant.

LEADERSNET: Sie sind gerade mal 34 Jahre jung und sind jetzt das dritte Mal Chefredakteurin. Vorher hatten Sie diese Position bei Falstaff, danach beim Horizont und jetzt in der Kurier-Freizeit inne. Was muss man tun um das in doch jungen Jahren zu schaffen?

Auer: Ich habe mich schon in meiner Jugend für Medien und Journalismus begeistert und dieses Interesse dann zum Beruf gemacht. Daher brachte ich von vornherein ein hohes Maß an Neugier und Einsatzfreude mit. Die Medienwelt ist kein Nine-to-five-Bereich, daher braucht man außerdem einen langen Atem, Leidenschaft für die Thematik und die Bereitschaft zur ständigen Weiterentwicklung – persönlich als auch fachlich. Medien haben vor zehn Jahren, als ich die erste Chefredaktion inne hatte, ganz anders funktioniert als heute. Es ist also wichtig, Entwicklungen bei der Mediennutzung zu beobachten und mit ihnen zu arbeiten. Es sind Tools hinzugekommen, Kanäle wurde geöffnet, und je nach Ausspielart konsumiert man heutzutage Inhalte anders. Das zu wissen und zu analysieren ist wesentlich um gute Medienprodukte leiten, bespielen und erschaffen zu können.

LEADERSNET: Gab es irgendwelche Themen, wo Sie überrascht waren, dass das die Leser:innen so sehr interessiert?

Auer: Immer wieder. Ein Beispiel: In der Woche, als der Krieg ausbrach, war das Leseverhalten natürlich auf dieses Thema fokussiert, denn es schockiert, betrifft und berührt uns alle im Herzen. Doch bald erkannten wir auch einen Gegentrend: Themen völlig abseits der Krise zogen plötzlich stark an, etwa ein Text zu einem Selbstversuch, eine Woche keinen Kaffee zu trinken. Dieser hat sich zum Peak – so nennen wir die Spitzen im Traffic – der Woche entwickelt. Zu den Gründen kann man nur Mutmaßungen anstellen. Vielleicht wollten User sich ablenken von den dramatischen Ereignissen und suchten genau deshalb nach Themen aus ihrem Alltag. Generell aber sieht man daran: Es gibt noch eine Welt abseits der Krisen und Menschen sind dankbar für krisenfreie Zonen, das schreiben mir viele auch als Leserpost. Im übrigen halten wir das auch bei der Printausgabe der Kurier-Freizeit so: Wir bieten ein Stück heile Welt, von der ersten bis zur letzten Seite.

LEADERSNET: Ich bin ziemlich sicher, dass unsere Leser:innen interessiert, was gerade die Essens Trends sind. Können Sie da für Aufklärung sorgen?

Auer: Ein Trend ist sicher "Streetfood", der durch Corona einen Hype erlebt hat. Auch Nachhaltigkeit im Sinne von regionalen und saisonalen Zutaten. Und das Sharing-Table-Modell, bei dem Gerichte zum Teilen in die Mitte des Tischs gestellt werden.

LEADERSNET: Stellen wir uns vor, eine:r unserer Leser:innen denkt sich "Ich habe doch auch mal eine tolle und interessante Reise gemacht" und möchte darüber eine Reportage machen. Kann er da einfach an Sie herantreten?

Auer: Natürlich, gute Texte von guten Autoren sind immer willkommen. Wir arbeiten zwar vorrangig als Team mit fest angestellten Redakteuren, aber punktuell auch mit freiberuflichen Schreibern. (ca)

www.freizeit.at

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