"Gerade in Krisenzeiten schlägt Sicherheit Rendite"

EHL-Immobilien-Chef Michael Ehlmaier spricht im Interview mit LEADERSNET über die Auswirkungen der Pandemie auf das Wohnbedürfnis der Österreicher:innen, die Trends in der Wohnraumbeschaffung und lüftet das Geheimnis weshalb Immobilien krisensicher sind.

LEADERSNET: Sie sind einer der renommiertesten Immobilien-Spezialisten in Österreich. Wie ist es denn dazu gekommen?

Ehlmaier: Manche Menschen glauben nicht an Zufälle. Aber in meinem Fall war es wirklich ein Zufall. Mein Lebenslauf ist ziemlich unspektakulär: Nach der Handelsakademie habe ich ein Studium der Wirtschaftswissenschaften und der Handelswissenschaften an der WU Wien gemacht und danach hatte ich vor, im Vertrieb zu starten, wo auch immer, wie auch immer und mit welchen Produkten auch immer. Und ich bin ganz zufällig 1994, vor genau 27 Jahren in der Immobilienbranche gelandet. Mittlerweile bin ich Gesellschafter meines eigenen Unternehmens, wo ich als dritter Mitarbeiter begonnen habe – der damaligen CPB Immobilientreuhand. Ich bin de facto nicht mehr vermittelbar, weil es tatsächlich mein erster Job ist.

LEADERSNET: Wie groß ist EHL, wie ist sie strukturiert?

Ehlmaier: Wir sehen uns als Komplett-Dienstleister für Immobilien. Wir decken mit unseren Dienstleistungen den gesamten Lebenszyklus der Immobilienbranche ab – beginnend von Immobilien-Bewertungen, über Grundstück-Akquisition, bis hin zu Immobilienvermittlung. Das ist eigentlich unser Kerngeschäft. Wir vermitteln aber auch Büro-Immobilien, Geschäftsimmobilien, Wohnimmobilien, Zinshäuser und Einzelhandelsimmobilien. Ich sage immer, kein Geschäft ist uns zu klein, aber auch keines zu groß. Wir versuchen, den Markt so gut und so erfolgreich wie möglich abzudecken.

LEADERSNET: Wie ist denn die aktuelle Lage am Immobilienmarkt?

Ehlmaier: Also grundsätzlich muss man bei der Branche natürlich differenzieren, um welche Asset-Klasse es sich handelt. Aber allumfassend kann man sagen, dass die Branche mit einem blauen Auge davongekommen ist. Es gibt Branchen, die wesentlich mehr unter der Pandemie gelitten haben und gerade im Wohnbereich erleben wir regelrecht einen Boom.

LEADERSNET: Woher kommt dieser Boom?

Ehlmaier: Ich glaube, weil es wohl ein Bedürfnis ist, das für viele Menschen noch mehr in den Fokus gerückt ist. Es gibt viele Menschen, die momentan kein wichtigeres Thema haben, als "Wie wohne ich, wo wohne ich und wohne ich richtig?". Es ist natürlich auch der gesamte Wohnungsbereich sowie der Gewerbeimmobilien-Bereich einem großen Wandel unterlegen. Es werden Prioritäten neu gesetzt. Es werden Grundrisse neu gestaltet, es ändern sich die Suchanforderungen der Wohnungsmieter oder Wohnungskäufer.

Aber der zweite Punkt ist – natürlich unabhängig vom Wohnbedürfnis der Eigennutzer – auch Wohnen als Veranlagung. Grund und Boden ist de facto nicht vermehrbar. Es gibt volatile Kapitalmärkte, die sind vielleicht für manche noch riskanter als viele andere alternative Veranlagungen. Insofern hat sich auch die Immobilienbranche als ziemlich krisenresistent in den vergangenen zwölf Monaten gezeigt.

LEADERSNET: Wie ist es EHL während der Krise ergangen?

Ehlmaier: Die Immobilienbranche ist grundsätzlich eine Branche, wo es sehr viele Besichtigungstermin mit Kunden gibt. Wir können nicht alle Mitarbeiter:innen aus dem Homeoffice arbeiten lassen. Wir sind in gewisser Weise auch eine kritische Infrastruktur. Wir müssen auch im Rahmen unserer Hausverwaltung Dinge erledigen: vom Wasserrohrbruch bis zum Organisieren kleinerer Reparaturen. Von zuhause lässt sich natürlich auch viel managen, aber eine Wohnungsübergabe kann man beispielsweise nicht abwickeln. Eine Wohnungsbesichtigung kann zwar im ersten und zweiten Schritt digital stattfinden, mit 3D-Rundgängen und virtuellen Besichtigungen, aber irgendwann gibt es auch diese physische Schlüsselübergabe – außer der der Schlüssel wird wirklich nur noch per Post geschickt.

Aber natürlich war in unserer Branche die Pandemie sicherlich ein ganz, ganz starker Digitalisierungstreiber. Jüngere Unternehmen und größere Unternehmen waren sicherlich schon besser aufgestellt und mehr firm als kleinere und ältere Unternehmen. Aber es gilt der Spruch: "Jede Krise ist auch eine Chance." Schließlich bietet so eine Krise eine Chance einer Weiterentwicklung. Und wir haben das selbst auch bei uns bemerkt. Wir waren eigentlich überrascht, wie sich von 195 Mitarbeiter auf einmal 160 oder 170 im Homeoffice befunden haben und es trotzdem funktioniert hat.

LEADERSNET: Hat das Thema "Homeoffice" jetzt durch die Pandemie einen anderen Stellenwert bei der Immobiliensuche erlangt?

Ehlmaier: Es ist sicherlich ein Trend, dass man sich überlegt wie man zuhause ein "eigenes Zimmer" oder eben einen gut abgrenzbaren Arbeitsplatz schaffen kann. Einrichten hat natürlich mit der Wohnungsgröße zu tun, hat auch mit der Zimmeranzahl zu tun und mit der familiären Situation. Es ist ein Unterschied, ob ich alleine oder zu zweit bin oder ob auch eine ganze Kinderschar um mich herumläuft. Aber ein ganz wichtiges Thema ist natürlich die Leistbarkeit, weil de facto ein Zimmer mehr – auch wenn es nur sieben oder zehn Quadratmeter sind – kostet auch viel mehr.

LEADERSNET: Weshalb ist das Geschäft mit Immobilien so krisensicher?

Ehlmaier: Zum einen ist Grund und Boden nicht vermehrbar. Zur anderen bieten Immobilien auch eine relativ stabile und sichere Wert-Veranlagung im Vergleich zu unsicheren Instrumenten am Kapitalmarkt. Man wird im Grundbuch eingetragen und es strahlt Sicherheit aus. Gerade in Krisenzeiten heißt es sehr oft, dass Sicherheit Rendite schlägt. Also unsere Anleger, die zum Beispiel in eine Vorsorge-Wohnung investieren, fragen jetzt nicht mehr nach dem Prozentsatz der Verzinsung, sondern interessieren sich für Sicherheit. Zum Beispiel kaufe ich, wenn ich eine Wohnung kaufe, die ich nicht selber nutze, sondern vermiete, auch die Inflation mit, weil die Mietverträge an den Mieter, jährlich indexiert werden. Insofern habe ich hier nicht nur eine Netto-Verzinsung, sondern eine Brutto-Verzinsung.

LEADERSNET: Welche sind denn Ihrer Meinung nach die Wohn-Trends 2021?

Ehlmaier: Der größte Trend, den wir in den vergangenen zwölf Monaten gelernt haben, ist sicherlich der Trend zu Freiflächen. Es gibt ungleich mehr Anfragen nach einer Miet- oder Eigentumswohnungen, sei es mit einer großen Loggia, oder mit einem ganz kleinen Balkon. Natürlich gibt es auch den Trend zum Einfamilienhaus. Wobei hier haben wir natürlich wieder das Thema mit Leistbarkeit gegeben, da sich nicht jeder ein 800 Quadratmeter Grundstück mit einem wunderschönen Haus drauf leisten kann. Aber gerade das Thema nach Frischluft und nach Freiraum ist da. Und ein anderer Trend ist auch der vorhin bereits angesprochene Arbeitsplatz in der Wohnung, den man künftig bei der Planung mit berücksichtigen wird müssen. (sk)

www.ehl.at

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