Um Geld zu verdienen, ist jedes Mittel recht – außer Gutes zu tun

Alexander Schöpf expressis verbis, warum er beim Schauen von "Die Höhle der Löwen" ob der dreisten Frage eines Investors fast von der Couch gefallen wäre.

Am Montagabend habe ich mir die Start-up-Show "Die Höhle der Löwen" auf dem deutschen Privatsender Vox reingezogen. Die Sendung, die einem sehr ähnlichen Konzept, wie die Puls 4-Show "2 Minuten 2 Millionen" folgt, gibt Gründern die Chance, ihr Start-up oder ihre Geschäftsidee vor fünf potentiellen und prominenten Investoren – den sogenannten "Löwen" – zu pitchen und im besten Fall ein Investement abzustauben.

"Tinder für Ehrenamt"

Eines der Start-ups, das seine Geschäftsidee in der Sendung vom 21. September präsentiert hat, war "Letsact". Die beiden "Letsact"-Gründer Ludwig Petersen und Paul Bäumler sind gerade mal Anfang 20 und wollen mit ihrer App, um es ganz einfach auszudrücken, die Welt verbessern. Konkret wollen sie NGOs mit freiwilligen Helfern zusammenbringen und ehrenamtliches Engagement erleichtern – quasi ein "Tinder für Ehrenamt", wie es die beiden Gründer auf den Punkt brachten. Für einen Anteil von zehn Prozent an "Letsact" wollten Bäumler und Petersen 300.000 Euro von den Investoren.

Vielleicht bin ich ein wenig naiv, aber für mich hat sich die Idee der beiden jungen Gründer ziemlich gut angehört. Über die finanzielle Bewertung des Start-ups erlaube ich mir kein Urteil, da mir dafür die Kompetenz fehlt. Jedenfalls war ich der Meinung, dass die "Letsact"-Macher auch auf das Wohlwollen der "Löwen" – in diesem Fall waren es Ralf Dümmel, Nico Rosberg, Dagmar Wöhrl, Georg Kofler und Nils Glagau – stoßen würde.

Verärgerte, überhebliche und weinende "Löwen"

Selten bin ich mit einer Einschätzung so daneben gelegen: Kofler schien regelrecht verärgert über den Pitch zu sein, Wöhrl rümpfte ebenfalls die Nase und Rosberg lief am Ende weinend aus dem Studio. Den Vogel hat meiner Meinung aber tatsächlich der Südtiroler Medienmanager Georg Kofler abgeschossen, der die beiden Gründer allen ernstes fragte, wie sie es mit ihrem Gewissen vereinbaren können, die Welt verbessern zu wollen und damit auch noch (viel) Geld zu verdienen.

Ich bin fast von der Couch gefallen, ob soviel Dreistigkeit von Kofler. Denn bei genauerer Betrachtung entpuppt sich seine Frage als ziemlich schonungslose Entlarvung eines an sich perversen Systems: Nämlich, dass jedes Mittel recht ist, um Geld zu verdienen – außer man will etwas Gutes tun. Dann sollte man tunlichst zum katzbuckeligen Bittsteller werden, der sich demütig darüber freuen darf, von den Launen gutbetuchter Gönner abhängig zu sein. Wobei der eine oder andere spendenfreudige Wohlhabende sicher keine Skrupel hatte, sein Vermögen auch auf Kosten anderer anzuhäufen.

Gutes tun als Geschäftsmodell

Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich will jetzt nicht damit sagen, dass nur noch Unternehmen eine Berechtigung haben sollten, die nachweislich Gutes tun oder die Welt verbessern. Aber zumindest sollte dies als Geschäftsmodell nicht nur nicht verpönt sein, sondern eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein und eine Vorbildwirkung haben. Und vielleicht sollte das jemand auch den Herrn und Damen Kofler und Wöhrl – die ehemalige CSU-Politikerin war nämlich auch der Meinung, dass es sich gar nicht schickt, mit einem Unternehmen wie "Letsact" Geld zu verdienen – mal klar und deutlich sagen.


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Endlich spricht es jemand aus - schon in der österreichischen Show 2 Minuten 2 Millionen ist mir über die Jahre aufgefallen, dass fast jeder Idee, die skalierbar ist, hohes Potenzial zugeschrieben wird, jeder sozialen oder wirklich nützlichen oder gesellschaftliche Veränderungen bewirkenden kaum. Wichtig ist immer nur skalierbar - am besten weltweit - mit möglichst wenig Personal und sonstigen Ressourcen.
Vielleicht wäre es an der Zeit das Format zu ändern - jene Unternehmen zu unterstützen, die sowohl ein gutes Business Modell haben - das vielleicht nicht gleich die Welt sondern mal einen überschaubaren Markt erobern will - etwas zum Gemeinwohl beiträgt. Und ja, wieso soll man mit einer sozialen Idee nicht Umsatz machen, das Hilfswerk schafft zig Arbeitsplätze - zugegeben, unterbezahlt - Ärzte verdienen ebenfalls gut, SONNENTOR.
Es sollte sogar so sein, dass zum gesellschaftlichem Wohl beitragende, Umweltverschmutzung vermeidendende, Ressourcen schonende, Mitarbeiter fördernde und ausbildende Unternehmen, die zur Kreislaufwirtschaft beitragen, Unternehmer und Mitarbeiter weniger Steuern zahlen und andere, vielleicht auch für die Gesellschaft verzichtbaren mehr.

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