"Das Theatermachen ist ein mutiges Experimentieren mit ungewissem Ausgang"

20. Nestroy Preis ging unter anderen an Sybille Berg, Steffi Krautz, Steven Scharf, Markus Öhrn oder John Simons.

Sonntagabend traf sich das Who's Who der heimischen Schauspiel-Elite im Theater an der Wien, denn es war an der Zeit, den bereits 20. Nestroy Theaterpreis in würdige Hände zu vergeben.

Und auch wenn es die witzelnde Anregung, einen Spezial-Nestroy für die Darstellerin der russischen Oligarchennichte im Ibiza-Video zu verleihen, nicht in die Phase der Umsetzung schaffte, so wurde umso mehr Talent abseits der Polit-Bühne vor den Vorhang geholt.

Frauenschwerpunkt und Frausein am Theater

Wenngleich Kritiker die diesjährige Nestroy-Verleihung als recht zahm wahrnahmen, konnte man doch einen gewissen feministischen Schwerpunkt in den Zwischen- und auch Haupttönen des Abends verorten. So wurde etwa Markus Öhrn mit dem Spezialpreis ausgezeichnet: 2018 war er für "Häusliche Gewalt" bei den Festwochen nominiert, 2019 trug er den Nestroy für dessen nicht unumstrittene Fortsetzung "3 Episodes of Life" davon. Für seine Rede, dass #MeToo am Theater schon wieder ins Hintertreffen geraten sei, erntete der schwedische Regisseur viel Beifall.

Sibylle Berg wurde für ihr "Hass-Triptychon" bei den Festwochen mit dem Autoren-Nestroy ausgezeichnet und musste selbst lachen, als sie fantasierte, wie gleichberechtigt und freundlich es im Theaterbetrieb zugehe. Das Publikum lachte schallend mit. Dennoch mahnte sie: "Die Menschen gewöhnen sich an alles: ein Klima, das sich ändert, Reiche, die immer reicher werden, Faschisten in der Regierung und sich hassende Bevölkerungen. Wir machen weiter wie immer, wird schon nicht so schlimm werden."

Andrea Breth, die erzählte, dass sie sei die erste Frau gewesen sei, die in der BRD inszenieren durfte, nahm den Ehrenpreis für ihr Lebenswerk entgegen. "Zu jung für diese Auszeichnung" sei sie mit ihren 67 Jahren zwar, doch freute sich die Regisseurin dennoch über die Ehrung und meinte: "Wenn Kultur wegbricht, wird der Platz frei für Gewalt, wenn die Technologie unsere Menschlichkeit übertrifft, wird es nur noch eine Generation von Idioten geben."

Vokstheater, Burg und Festwochen mehrfach ausgezeichnet

Der Preisregen im 20. Jahr der Nestroy-Verleihungen fiel so gleichmäßig aus wie selten zuvor: über zwei Auszeichnungen – mit dem Publikumspreis sogar drei –durfte sich das Volkstheater freuen, je zwei Auszeichnungen gingen an das Burgtheater und – rechnet man auch den Preis für das beste Stück hinzu – die Wiener Festwochen.

Steffi Krautz wurde für ihre Darstellung der Blanche DuBois in "Endstation Sehnsucht" am Volkstheater als beste Hauptdarstellerin ausgezeichnet. Auch sie erzählte von ihren Erfahrungen vom Frausein am Theater und merkte in ihrer Rede an, sie sei von einem Kritiker als zu dick, zu alt und zu wenig attraktiv für die Rolle der Blanche DuBois bezeichnet worden.

Ebenso ans Volkstheater gingen der Preis für die beste Nebenrolle: Evi Kehrstephan wurde für ihre Leistungen in den Inszenierungen "Biedermann" und "die Brandstifter" geehrt. Der Publikumspreis ging an Thomas Frank. 

 Die "Burg" konnte sich über zwei Auszeichnungen für ihr Haus freuen: Steven Scharf wurde sowohl für seine schauspielerischen Leistungen in "Medea" als auch in "Woyzeck" ausgezeichnet und die jüngste Burgtheaterversion von "Woyzeck" wurde mit Johan Simons auch für die "beste Regie" geehrt.

Überragende Theater-Jugend

Die vom Kurier gesponserten Auszeichnungen für den besten Theaternachwuchs gingen verdient an zwei vielversprechende junge Talente: den jungen Regisseur Moritz Beichl für seine herausragende Inszenierung von "Der Tag, an dem mein Großvater ein Held war" im Landestheater Niederösterreich und Anna Rieser für ihre bewegende Derstellung der Grace in "Dogville" im Landestheater Linz. 

Die Trophäe für das beste Bühnenbild ging an Raimund Orfeo Voigt, der die Jury mit gleich zwei Arbeiten überzeugen konnte. Nämlich mit "Der einsame Weg" von Arthur Schnitzler im Theater in der Josefstadt und mit "Sommergäste" von Maxim Gorki bei den Salzburger Festspielen.

Zur besten Off-Produktion wurde "The Bruno Kreisky Lookalike" von Toxic Dreams erkoren, woraufhin Yosi Wanunu überzeugt für die freie Szene plädierte. Beste Aufführung in den Bundesländern wurde "Die Revolution frisst ihre Kinder!" am Schauspielhaus Graz. Als "beste Aufführung im Sprachraum" wurde "Dionysos Stadt" an den Münchner Kammerspielen von Christopher Rüping ausgezeichnet, der das Theatermachen als "mutiges Experimentieren mit ungewissem Ausgang" bezeichnete, als er seinen Nestroy entgegennahm.

Impressionen von der Abendgala finden Sie in unseren Fotogalerien hier und hier. (red)

www.nestroypreis.at

Die "Nestroy"-Preisträger 2019

Beste Schauspielerin: Steffi Krautz

Bester Schauspieler: Steven Scharf

Beste Nebendarstellerin: Evi Kehrstephan

Bestes Stück: "Hass-Triptychon – Wege aus der Krise" von Sybille Berg

Beste Regie: Joahn Simons

Bester Nachwuchs weiblich: Schauspielerin Anna Rieser 

Bester Nachwuchs männlich: Regisseur Moritz Beichl

Bestes Bühnenbild: Raimund Orfeo Voigt für "Der einsame Weg“ von Arthur Schnitzler im Theater in der Josefstadt und "Sommergäste“ bei den Salzburger Festspielen

Beste Bundesländer-Aufführung: "Die Revolution frisst ihre Kinder!" von Jan-Christoph Gockel und Ensemble

Beste Off-Produktion: Toxic Dreams und Regisseur Yosi Wanunu für "The Bruno Kreisky Lookalike"

Lebenswerk: Regisseurin Andrea Breth

Spezialpreis: "3 Episodes of Life" von Markus Öhrn

Publikumspreis: Thomas Frank

Die "Nestroy"-Preisträger 2019

Beste Schauspielerin: Steffi Krautz

Bester Schauspieler: Steven Scharf

Beste Nebendarstellerin: Evi Kehrstephan

Bestes Stück: "Hass-Triptychon – Wege aus der Krise" von Sybille Berg

Beste Regie: Joahn Simons

Bester Nachwuchs weiblich: Schauspielerin Anna Rieser 

Bester Nachwuchs männlich: Regisseur Moritz Beichl

Bestes Bühnenbild: Raimund Orfeo Voigt für "Der einsame Weg“ von Arthur Schnitzler im Theater in der Josefstadt und "Sommergäste“ bei den Salzburger Festspielen

Beste Bundesländer-Aufführung: "Die Revolution frisst ihre Kinder!" von Jan-Christoph Gockel und Ensemble

Beste Off-Produktion: Toxic Dreams und Regisseur Yosi Wanunu für "The Bruno Kreisky Lookalike"

Lebenswerk: Regisseurin Andrea Breth

Spezialpreis: "3 Episodes of Life" von Markus Öhrn

Publikumspreis: Thomas Frank

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