Schwangeren-Skandal um Amazon

Der Online-Riese soll weibliche Angestellte, die ein Kind erwarteten, gefeuert haben – Betroffene klagen.

Amazon steht erneut im Kreuzfeuer herber arbeitsrechtlicher Kritik: der für seine skrupellose Kündigungspolitik berüchtigte Online-Monopolist soll schwangere Mitarbeiterinnen aufgrund von "Unproduktivität" entlassen haben. Sechs ehemalige Mitarbeiterinnen verklagen Amazon nun auf Motivkündigung, da sie der Handelsriese nach Bekanntgabe ihrer Schwangerschaft entließ. Im Detail seien – in der Schwangerschaft unvermeidbare – verlängerte WC-Zeiten innerhalb der Schicht sowie das Nicht-Einhalten von Produktivitätsvorgaben gewesen.

Amazon-Management kritisierte aufgrund von Schwangerschaft sinkendes Arbeitstempo

Wie die Technologie-Plattform Cnet berichtet, haben mindesten sieben ehemalige Amazon-Mitarbeiterinnen ihren Job aufgrund ihrer Schwangerschaft verloren. Da sie ein Kind erwartete benötigte die Angestellte verständlicherweise längere Pausen- und WC-Zeiten. Dies jedoch wurde ihr seitens des Managements kurz darauf vorgeworfen. Ebenso kritisierten die Vorgesetzten ihr sinkendes Arbeitstempo. Laut den Berichten der Cnet-Journalisten habe die Arbeiterin alleine für den WC-Gang in dem 950.000 Quadratmeter großen Amazon-Lager zehn Minuten benötigt. Im Januar 2019 brachte sie vor Gericht Klage ein, im Juni startet der Prozess – ihre Geschichte ist kein Einzelfall.

Amazon streitet Vorwürfe kategorisch ab

Branchen-Berichten zufolge soll Amazon in den vergangenen acht Jahren in vergleichbaren Situationen ähnlich gehandelt haben. In einigen Fällen konnten sich der Konzern und die Ex-Mitarbeiterinnen außergerichtlich einigen, doch darüber hinaus gibt es noch einige offene Sammelklagen.

Amazon ist sich jedoch keiner Schuld bewusst und streitet die Vorwürfe kategorisch ab. Von Motivkündigungen kann keine Rede sein. Ein Unternehmenssprecher sagte, sein Arbeitgeber stehe für Chancengleichheit und arbeite permanent daran, Mitarbeitern ihre medizinischen und persönlichen Wünsche zu erfüllen. Doch Gerichtsunterlagen beweisen, dass dies nicht immer der Wahrheit entspricht: so missachteten einige Abteilungsleiter beispielsweise ärztliche Schreiben, in denen schwangeren Patientinnen empfohlen wurde, sich nicht anzustrengen

Ständiger Produktivitätsdruck – ohne wenn und aber 

Das Analyse-System von Amazon erfasst und dokumentiert jede noch so kleine Schwäche im Arbeitsprozess der Mitarbeiter und stellt, wenn Produktivitätsziele nicht erreicht werden, nach einem gewissen, strengen Algorithmus Amazon-Arbeitnehmern automatisch die Kündigung aus (LEADERSNET berichtete).

Ob fehlende Motivation, persönliche Sorgen oder Schwangerschaft: jegliche Arbeitsschritte und mögliche Verzögerungen im Produktivitätsablauf werden vom Unternehmen dokumentiert. Wie bekannt wurde, ist die ständige technische Suche nach Fehlern im Arbeitsprozess jedoch kein ausschließlich auf Amazon beschränktes Problem. Auch in anderen Unternehmen, wie beispielsweise bei Walmart, kamen ähnliche Fälle ans Licht. (rb)

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