Gastkommentar von Christof Miska
Die besten Neujahrsvorsätze für Führungskräfte und ihre (KI-Super-)Teams

Ein Gastkommentar von Christof Miska, WU-Leadership Experte und wissenschaftlicher Leiter des Master Leadership & Unternehmungsführung der WU Executive Academy. 

Der Jahreswechsel ist traditionell die Zeit der guten Vorsätze: Vielleicht das Rauchen aufgeben, mehr Sport treiben oder einfach nur weniger Süßes essen, sind einige der Klassiker. Auch Führungskräfte nutzen die ersten Tage des Jahres, um sich für die eigene Leadership-Praxis bewusst etwas vorzunehmen, um gemeinsam mit ihren Teams an Herausforderungen zu wachsen und sich als erfolgreiche "Superteams" bereit für die Zukunft zu machen.

Die richtigen Leadership-Vorsätze können bei dieser nicht ganz leichten Übung hilfreich sein. Worauf es im neuen Jahr ankommt und wie vor allem eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Mensch und KI im Team funktionieren kann, lesen Sie hier.

Teil 1: Leading myself – was für mich wichtig ist

Bei Neujahrsvorsätzen ist es wie bei allen anderen Veränderungsprozessen auch: Man sollte zuallererst bei sich selbst beginnen – und das gilt ganz besonders für erfolgreiches Leadership. Aus diesem Grund widmet sich der erste Teil dem Thema Self-Leadership.

Self-Leadership-Vorsatz #1: Werden Sie sich Ihrer eigenen Werte bewusst

Als Führungskraft sind Sie mit zahllosen Situationen konfrontiert, in denen viel auf dem Spiel steht, Sie aber eine Entscheidung treffen müssen. In diesen Situationen können Ihre persönlichen Werte als Leitfaden dienen. Stellen Sie sich diese Fragen, um herauszufinden, was Ihnen wirklich wichtig ist:

  • Wie tanken Sie am besten positive Energie? Wann fühlen Sie sich richtig lebendig und motiviert? Welche Momente (auch außerhalb der Arbeit) geben Ihnen richtig viel Energie, (etwa ein ehrenamtliches Engagement oder ein Teamsport)?
  • Wann performen Sie am besten? In welchen Jobs oder Rollen haben Sie Ihre stärksten Leistungen erbracht? Welche (Ihrer) Werte wurden in diesen Situationen am meisten geschätzt?
  • Was können Sie von den Dingen, die andere von Ihnen wollen, lernen? Um welchen Rat oder welche Unterstützung bitten Sie andere am häufigsten? Diese Muster können Stärken offenbaren, die mit Ihren tieferen Prinzipien verbunden sind.
  • Wo sind Ihre roten Linien? Wann haben Sie sich am meisten entfremdet oder frustriert gefühlt? Diese Momente spiegeln oft eine Verletzung Ihrer innersten Werte wider.
  • Überlegen Sie, was Sie an anderen nicht mögen. Denken Sie über Verhaltensweisen nach, die Sie zutiefst stören – sie weisen oft auf Ihre nicht verhandelbaren Werte hin.

Self-Leadership-Vorsatz #2: Eignen Sie sich die folgenden Leadership-Skills an

Vielleicht eignet sich das neue Jahr auch, um über Ihre Führungsqualitäten nachzudenken. Haben Sie möglicherweise blinde Flecken, wo Sie noch besser werden können? Die gute Nachricht: Leadership Skills sind nicht angeboren, sondern Fähigkeiten, die man im Laufe der Zeit entwickeln kann. Hier eine kurze Checkliste über die wichtigsten, die moderne Führungskräfte auszeichnen:

  • Neugier. Wenn Sie zu einem Thema etwas nicht wissen, fragen Sie. Zeigen Sie den anderen, dass auch Sie als Führungskraft nicht immer eine Antwort auf jede Frage haben. Versuchen Sie, Freude daran zu entwickeln, Neues zu entdecken und auszuprobieren und mit dem Lernen nie aufzuhören.
  • Authentizität. Arbeiten Sie daran, Ihr Selbstbewusstsein zu stärken, indem Sie sich aktiv in Situationen begeben, in denen Sie Ihre Stärken nutzen und Ihre Schwächen verbessern können.
  • Anpassungsfähigkeit. Halten Sie Ausschau nach Aufgaben und suchen Sie nach Erfahrungen, die Flexibilität erfordern. Fordern Sie sich selbst heraus, in neuen Umgebungen mit unterschiedlichen Menschen zu arbeiten.
  • Analytisches Denken. Führungskräfte müssen in der Lage sein, komplexe Probleme in kleinere Teile zu zerlegen, ihre Ursachen zu identifizieren und neue Lösungswege zu finden. Trainieren Sie Ihre analytischen Fähigkeiten, indem Sie sich auf Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge konzentrieren und auf Muster und Trends achten.
  • Kreativität. Sie müssen nicht unbedingt jede großartige Idee selbst haben. Manchmal geht es darum, ein Umfeld zu ermöglichen, das die Kreativität anderer fördert.
  • Umgang mit Unklarheiten. Eine besondere Stärke von Führungskräften ist es auch, widersprüchliche Ideen im Kopf zu behalten und mit konkurrierenden Prioritäten umzugehen, die alle gleich wichtig erscheinen. Versuchen Sie, diese Ambiguität als natürlichen Bestandteil von Veränderung zu akzeptieren. Bleiben Sie flexibel und offen und sehen Sie Unsicherheit nicht als Bedrohung, sondern als Chance, aus der Neues entstehen kann.

Self-Leadership-Vorsatz #3: Gehen Sie die Extrameile – aber ohne dabei auszubrennen

Herausfordernde Zeiten erfordern bisweilen außergewöhnliche Maßnahmen oder Leistungen. Führungskräfte sind daher nicht selten gezwungen, die Extrameile zu gehen und sich richtig ins Zeug zu legen. Weil aber die Extrameile ein Sprint und kein Marathon ist, ist es wichtig, ein paar einfache Regeln zu beachten, um auch langfristig leistungsfähig zu bleiben:

  • Machen Sie Pausen, um sich zu erholen. Häufige, gut getimte Pausen (wie Atemübungen, Spaziergänge, oder bildschirmfreie Zeit) helfen, Ihre geistige Leistungsfähigkeit wiederherzustellen. Gerade an besonders intensiven Tagen, an denen Sie Probleme lösen oder an komplexen Dingen arbeiten, sollten Sie Erholungszeiten einplanen. Ermutigen Sie Ihr Team, dasselbe zu tun.
  • Passen Sie Ihre Aufgaben Ihrem Energieniveau an. Kreatives und analytisches Denken funktionieren am besten, wenn Ihr Geist frisch ist. Blockieren Sie sich dafür Zeit am Morgen oder am Vormittag und verschieben Sie komplexe Aufgaben nach Möglichkeit auf andere Tage.
  • Nicht alles muss perfekt sein. Perfektion führt nicht selten zu Überforderung, Selbstzweifeln und Erschöpfung. Aus diesem Grund empfiehlt sich ein gelassener Umgang mit den eigenen Grenzen – das stärkt Resilienz, Lernfähigkeit und innere Balance.

Teil 2: Leading the team – was das Team braucht

Nicht weniger wichtig ist es für Führungskräfte, sich zu überlegen, wie sie für Ihre Teams da sein können, um sie – gerade in herausfordernden Zeiten – bestmöglich zu unterstützen. Darum geht es im zweiten Teil bei den Team-Leadership-Vorsätzen.

Team-Leadership-Vorsatz #1: Kommunizieren Sie in unsicheren Zeiten proaktiv mit Ihrem Team

Wenn die Herausforderungen im Alltag zunehmen, braucht Ihr Team vor allem eines: Klarheit – speziell, was die Kommunikation anbelangt. Wie aber können Sie transparent, zuverlässig und konstruktiv kommunizieren, auch wenn Sie nicht alle Antworten parat haben?

  • Resilienz – mit gutem Beispiel vorangehen. Versuchen Sie, ruhig, klar und besonnen aufzutreten. In schwierigen Momenten schaffen Beständigkeit und Gelassenheit Vertrauen und helfen Ihrem Team, sich auf das zu konzentrieren, was es kontrollieren kann.
  • Fokus auf das, was funktioniert. Wenn Sie Unsicherheiten ansprechen, konzentrieren Sie sich auf jene Bereiche, in denen Sie und Ihr Team Fortschritte erzielt haben. Seien Sie aber gleichzeitig ehrlich in Bezug auf die Herausforderungen, die vor Ihnen stehen, ohne in Schuldzuweisungen oder falschen Optimismus zu verfallen.
  • Stellen Sie die richtigen Fragen. Wenn Ihr Team Sorgen oder Bedenken hat, müssen Sie diese ernst nehmen. Fragen Sie, welche Themen sie beschäftigen und wie sich das bei der täglichen Arbeit auswirkt. Wenn sich niemand zu Wort meldet, empfiehlt es sich, in inoffiziellen Gesprächen mit ausgewählten Teammitgliedern herauszufinden, wo der Schuh drückt.
  • Reagieren Sie mit Bedacht. Wenn Sie zu einem Sachverhalt (noch) keine Antworten haben, erklären Sie, was eine Auswirkung auf das Ergebnis haben könnte. Halten Sie sich an die Fakten (so vorhanden) und geben Sie nur Informationen weiter, die das Team direkt betreffen. Was Ihre Mitarbeitenden jetzt nicht brauchen können, sind irrelevante Infos oder Mutmaßungen – das sorgt nur für Verwirrung und zusätzliche Verunsicherung.

Team-Leadership-Vorsatz #2: Geben Sie dem Zufall eine Chance

Bei Serendipity, also der Fähigkeit, etwas Wertvolles zu finden, ohne danach zu suchen, könnte man meinen, dass es sich um reinen Zufall oder Glück handelt. Tatsächlich aber handelt es sich um eine wiederholbare Methodik, die es Unternehmen erlaubt, Innovationen systematisch voranzutreiben. Indem Sie Ihrem Team helfen, das Unerwartete zu erkennen und zu nutzen, schaffen Sie ungeahnte Möglichkeiten:

  • Fördern Sie die funktionsübergreifende Zusammenarbeit. Serendipity entsteht oft an der Schnittstelle verschiedener Ideen. Schaffen Sie Gelegenheiten für Mitarbeiter aus verschiedenen Abteilungen, zusammenzuarbeiten und Perspektiven auszutauschen. Diese gegenseitige Inspiration führt nicht selten zu neuen Erkenntnissen und Lösungen.
  • Sorgen Sie für eine Kultur der emotionalen Sicherheit. Mitarbeiter müssen sich sicher und unterstützt fühlen, wenn sie unkonventionelle Ideen teilen, ohne Angst vor Verurteilungen zu haben. Unternehmen wie Pixar haben Strategien eingeführt, die sicherstellen, dass jede Meinung oder Idee Gehör findet. Auf diese Weise konnten Kreativität und Innovation in Unternehmen deutlich gesteigert werden.
  • Investieren Sie in flexible Strukturen. Starre Arbeitsabläufe können Serendipity erst gar nicht entstehen lassen. Setzen Sie stattdessen auf flexible Rahmenbedingungen, die Experimente und Iterationen ermöglichen. Agil zu sein, erleichtert vor allem eine flexible Planung und erweitert den Blick für unternehmerische Chancen.
  • Unterstützen Sie Ihr Team, wachsam und neugierig zu bleiben. Bieten Sie Schulungen und Weiterbildungsformate an, die Fähigkeiten wie aktives Zuhören, Neugierde und Intuition fördern. Diese Eigenschaften ermöglichen es Ihrem Team, schwache Signale – also potentielle Chancen – zu erkennen, die andere vielleicht übersehen.
  • Nutzen Sie (neue) Technologien, um Serendipity zu ermöglichen. Tools wie KI-gesteuerte Empfehlungssysteme können kuratierte und dennoch zufällige Begegnungen schaffen, sei es, um Mitarbeiter innerhalb eines Unternehmens miteinander zu verbinden, oder sie mit unerwarteten Möglichkeiten zusammenzubringen.

Teil 3: Leading the AI transformation – so managen Sie Ihr eigens "Superteam"

Und last but not least geht es im dritten Teil um die Zusammenarbeit zwischen Mensch und KI. In Zeiten von Agentic AI sind Führungskräfte nämlich gut beraten, KI nicht mehr nur als Werkzeug zu sehen, sondern als Teil des Teams – ein Zusammenspiel, das in der Fachwelt bereits als "Superteams" bezeichnet wird.

AI-Leadership-Vorsatz #1: Nutzen Sie das volle Potential von KI

Wer heute im harten (internationalen) Wettbewerb bestehen will, kann es sich nicht leisten, bei der Einführung von KI hinterherzuhinken. Die erfolgreichsten Unternehmen konzentrieren sich auf vier Schlüsselbereiche, um KI zu einem echten Wettbewerbsvorteil zu machen:

  • Holen Sie sich das Buy-in von oben. Beziehen Sie Ihren Chef oder Ihre Chefin in Ihre geplanten KI-Initiativen ein und überzeugen Sie ihn/sie, wie wichtig die Unterstützung aus der Chef-Etage für den Erfolg ihres KI-Fahrplanes ist, vor allem deshalb, weil bei vielen (technologischen) Innovationen der ROI nicht sofort sichtbar ist.
  • Gehen Sie strategische Partnerschaften ein. Finden Sie heraus, wo ihr Team möglicherweise noch weiße Flecken zum Thema KI-Knowhow und -Umsetzungs-Skills hat und holen Sie sich externen Rat, wo notwendig. Versuchen Sie nicht, das Rad neu zu erfinden, sondern setzen Sie auf bewährte Lösungen, die anderswo schon Erfolg gebracht haben. So verkürzen Sie ihre Entwicklungszeit enorm.
  • Brechen Sie interne Silos auf. Rufen Sie eine bereichsübergreifende Arbeitsgruppe ins Leben, die sich mit der unternehmensweiten Standardisierung von KI-Prozessen beschäftigt und eine effiziente Umsetzung sicherstellt. Alternativ können Sie auch agile, funktionsübergreifende Teams bilden, um kritische Probleme anzugehen. In jedem Fall sollte die reibungslose Zusammenarbeit zwischen IT und den Abteilungen oberste Priorität haben.
  • Setzen Sie auf ein verlässliches Datenmanagement. Hochwertige, gut verwaltete Daten sind für den Erfolg von KI unerlässlich. Überprüfen Sie daher Ihre Prozesse, wie Daten erfasst und weiterverarbeitet werden und matchen Sie die Ergebnisse mit den Anforderungen an Ihre KI und Ihr internes KPI-Reportingsystem.

AI-Leadership-Vorsatz #2: Kreieren Sie Ihr Superteam – so gelingt die Zusammenarbeit zwischen Mensch und KI

Um als Führungskraft sicherzustellen, dass Ihr Superteam, das sich aus Menschen und KI zusammensetzt, reibungslos funktioniert und sich die Menschen nicht von der Technologie bedroht fühlen, müssen Sie KI-Agenten als Teamkollegen und nicht nur als Software behandeln. Das beginnt damit, dass Sie die Art und Weise, wie Sie (Zusammen-)Arbeit definieren, neu denken müssen:

  • Definieren Sie Aufgaben und Ergebnisse neu. Teilen Sie jede Aufgabe in einzelne Teilaufgaben. Überlegen Sie dann, welche davon am besten von KI erledigt werden können, welche menschliche Fähigkeiten erfordern und wo beides notwendig ist. Sie kaufen nicht mehr "digitale Arbeitskraft" zu, sondern Ergebnisse. Um diese zu erzielen, definieren Sie dann die optimale Kombination aus Mitarbeitenden und KI-Agenten.
  • Sein Sie sich Ihrer KI-Anforderungen bewusst. Erstellen Sie eine Übersicht mit KI Tools, die zu den Anforderungen Ihres Unternehmens passen. Vielleicht reicht eine KI-Lösung, vielleicht brauchen Sie aber völlig unterschiedliche KI-Modelle. Nehmen Sie sich ruhig Zeit für die Analyse und die Auswahl, das erspart Ihnen später viel Kopfweh und erspart Ihnen generische Lösungen, die nicht wirklich passen.
  • Sorgen Sie für reibungslose, hybride Arbeitsabläufe. Definieren Sie klar, wer für welche Aufgabe verantwortlich ist. Legen Sie Schnittstellen und Zuständigkeiten fest, damit die Zusammenarbeit zwischen Mensch und KI ungehindert funktionieren kann.
  • Etablieren Sie rechtliche und ethische Regeln. Entwerfen Sie gemeinsam (mit den Rechts-, Compliance- und/oder Ethik-Teams) unternehmensweite KI-Richtlinien. Legen Sie fest, wie Daten verwendet und verarbeitet werden und wie mit Bias umgegangen wird. Das regulatorische Risiko steigt – wer jetzt in Vorleistung geht, ist dann anpassungsfähiger als jene, die zögern.
  • Konzentrieren Sie sich auf die Menschen. KI sollte die Stärken des Menschen unterstützen, nicht ersetzen. Investieren Sie daher gezielt in Schulungen, die Kreativität, Beziehungsfähigkeit und ethisches Urteilsvermögen fördern. So bleiben Sie wettbewerbsfähig und sorgen dafür, dass Sie Ihre wertvollsten Mitarbeiter nicht an andere Unternehmen verlieren.

www.executiveacademy.at


Kommentare auf LEADERSNET geben stets ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors bzw. der jeweiligen Autorin wieder, nicht die der gesamten Redaktion. Im Sinne der Pluralität versuchen wir, unterschiedlichen Standpunkten Raum zu geben – nur so kann eine konstruktive Diskussion entstehen. Kommentare können einseitig, polemisch und bissig sein, sie erheben jedoch nicht den Anspruch auf Objektivität.

leadersnet.TV