Gastkommentar Ralf-Wolfgang Lothert
Auf Wiederlesen!

| Redaktion 
| 14.12.2025

Gastkommentar von Ralf-Wolfgang Lothert, Mitglied der Geschäftsleitung und Director Corporate Affairs & Communication von JTI Austria.

Ja, es musste wohl so weit kommen. Dies wird, zumindest für eine Weile, mein letzter Gastkommentar sein. Vielleicht denken einige von Ihnen jetzt: "Gott sei Dank, endlich." Insgeheim hoffe ich aber, dass viele geneigte Leser:innen eher sagen: "Nein wirklich, wie schade."

"Instrument unserer Demokratie"

Für mich war dieser Gastkommentar nie nur ein Ventil, um Unmut oder Positionen kundzutun. Manche meiner Freund:innen würden sogar behaupten, er sei eine Art notwendiger psychologischer Aderlass gewesen. Doch für mich war er vor allem eines: ein kleines, aber wichtiges Instrument unserer Demokratie.

In einer Welt, die immer schneller wird, in der wir Informationen im Vorbeigehen konsumieren und Diskussionen auf Hashtags und Schlagworte reduzieren, wird echter Meinungsaustausch immer seltener. Wir lesen oft nur noch in Stichworten, wir sprechen nicht mehr miteinander, wir hören einander nicht mehr zu. Und wenn wir doch diskutieren, dann häufig nur in sogenannten "Bubbles", wo die eigene Überzeugung wie ein Echo zurückhallt.

Wettstreit der Ideen

Genau deshalb habe ich diesen Raum geschätzt. Und genau deshalb war es mir ein Anliegen, ihn Woche für Woche zu nutzen. Nicht, um recht zu haben, sondern um zum Denken anzuregen. Um dazu beizutragen, dass wir wieder miteinander sprechen, statt übereinander. Dass wir die Meinung anderer respektieren, selbst wenn sie uns nicht gefällt.

Ich interessiere mich seit meinem 14. Lebensjahr für Politik und war auch lange selbst politisch aktiv. Was mich daran immer fasziniert hat, war der Wettstreit der Ideen. Die Überzeugung, dass aus unterschiedlichen Positionen die beste Lösung für das Land entstehen kann. Ja, da sind die Fetzen geflogen, aber nie persönlich. Und nach mancher harten Debatte hat man trotzdem gemeinsam ein Bier getrunken, ein Achterl genossen, ja vielleicht sogar gemeinsam Fußball gespielt oder geschaut.

So sollte es sein. So funktioniert Demokratie. So bleibt sie lebendig.

Diskussion und Respekt 

Ich weiß, das klingt in Zeiten, in denen Präsidenten sich wie Berserker benehmen, Menschen öffentlich beleidigen und jede abweichende Meinung als Verrat oder Bedrohung einstufen, fast utopisch. Trotzdem appelliere ich an Sie alle: Lassen wir uns das Diskutieren nicht abgewöhnen. Haben wir Respekt vor anderen Ansichten und versuchen wir gemeinsam, das Beste für unser Land und die darin lebenden Bürger:innen zu erreichen.

Ein letztes Mal werfe ich Ihnen daher nochmals meine Lieblingsmaxime um die Ohren, den von mir oft zitierten Grundsatz von John F. Kennedy: "Frage nicht, was dein Land für dich tun kann, sondern was du für dein Land tun kannst." Und so viel verspreche ich Ihnen: Ich werde auch künftig meinen Beitrag leisten, mit allen mir gegebenen Mitteln. Denn verlieren wir einmal unsere Freiheit und unsere Demokratie, ist es fast unmöglich, sie wiederzugewinnen.

Freiheit. Ein sehr großes Wort, dessen Bedeutung ich in den kommenden Wochen und Monaten erst einmal für mich neu entdecken werde müssen. Freiheit, andere Dinge zu tun, als ich sie in Erfüllung meiner Position bei JTI Austria getan habe. Doch auch hier habe ich viel Freiheit genossen, weil Eigenverantwortung in diesem Unternehmen großgeschrieben wird – etwas, das ich auch nicht müde werde, von der europäischen Politik einzufordern.

"Auf Wiederlesen"

Und was den Gastkommentar betrifft: Ich danke Ihnen für die vielen positiven, auch kritischen, stets jedoch wertschätzenden Rückmeldungen, die mich dazu immer wieder erreicht haben. Wann immer er einen Gedanken, einen Austausch in Gang gesetzt hat, hat er sein Ziel nicht verfehlt. Sollten also einige von Ihnen bei Opinion Leaders Network den Wunsch äußern, mich früher als geplant wieder hier zu lesen – nun, wer weiß, vielleicht heißt es dann schneller als gedacht: "Auf Wiederlesen".

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