IFWK-Diskussionsrunde
Warum in Österreichs Wirtschaft der Hut brennt

| Larissa Bilovits 
| 24.11.2025

Bei einer hochkarätig besetzten IFWK-Diskussionsrunde wurde deutlich, dass Finanz und IT in vielen Unternehmen aneinander vorbeireden – mit spürbaren Folgen für Innovation, Investitionen und strategische Entscheidungen. 

Österreichs Innovationskraft leidet nicht nur unter fehlenden Ressourcen oder komplexen Rahmenbedingungen – oft scheitert Fortschritt an etwas viel Grundsätzlicherem: der mangelnden Verständigung zwischen Finanz- und IT-Verantwortlichen. Diese seit Jahrzehnten bestehende Kommunikationslücke bremst Unternehmen aus und lässt den Standort im internationalen Vergleich zurückfallen. Genau diesem strukturellen Problem widmete sich nun das Internationale Forum für Wirtschaftskommunikation (IFWK) im Rahmen einer Dialogrunde, bei der Gründer Rudolf J. Melzer unter dem Motto "Der Hut brennt in Österreichs Wirtschaft" CFOs und Finanzexpert:innen ebenso wie CIOs und IT-Fachleute an einen Tisch brachte.

Warum CFOs und CIOs seit Jahrzehnten aneinander vorbeireden

Den Anfang machte IFWK-Vizepräsidentin und Excellence-Research-Vorständin Isabella Mader, die eine globale Gartner-Studie zitierte: Demnach zeigen seit über 45 Jahren rund 70 Prozent der CIOs und CFOs Unzufriedenheit mit ihrer Zusammenarbeit – ein Befund, der grundlegende Kommunikationsdefizite offenlegt. ÖGV-Präsident und Softwareunternehmer Peter Lieber führte dieses Problem weiter aus: IT müsse einerseits schützen und stabilisieren, während Innovation naturgemäß Risiken birgt – ein systemischer Konflikt, der klare organisatorische Trennungen zwischen stabilitätsorientierten und innovationsgetriebenen Teams erfordere. Entscheidend sei zudem ein gemeinsames Verständnis über die Wertschöpfung und ein professionelles Architektur-Management, das in vielen Industrien fehle.

Verbund-Digital-Power-Geschäftsführer Thomas Zapf betonte, dass IT-Abteilungen oft zu sehr von Herstellerlogiken geprägt seien, und präsentierte Business-Engagement-Modelle als Lösung, um Mehrwert und Unternehmensbedarf besser zu erkennen. Kommunikation sei dabei unweigerlich mit Empathie verbunden – Technik müsse lernen, zuzuhören. T-Systems-CFO Nora Lawender ergänzte die Sicht der Finanzseite: Kurzfristige Budgetzwänge führten häufig zu Entscheidungen zugunsten globaler Cloudprovider, ohne die langfristigen geopolitischen und wirtschaftlichen Risiken ausreichend mitzudenken. Sie plädierte daher für mehr Transparenz und ein gemeinsames Verständnis zwischen IT und Finanz, um kurzfristige Notwendigkeiten mit nachhaltiger Strategie in Einklang zu bringen.

Weiters plädierte Automatisierungs-Experte Roman Oberauer dafür, Hypes von echten Trends zu trennen: KI befinde sich noch in einer taktischen Hype-Phase, während Automatisierung und Datenprodukte langfristige, strategische Entwicklungen seien. Investitionen müssten sich daher an stabilen Trends orientieren und so strukturiert werden, dass die Finanzabteilung Risiken nachvollziehen kann. Und auch Mader betonte, dass moderne IT-Strategie Informationstechnologie als strategische Investition begreift. Lawender ergänzte wiederum, dass Unternehmen flexibel bleiben, Geschäftsmodelle rasch anpassen und in kleinen, alltagsrelevanten Schritten automatisieren müssen – gerade in Zeiten überlasteter Teams.

Melonenprojekte, Risiken und klare Verantwortung

Die Diskussion setzte sich mit der Frage fort, warum Transformationsprojekte so häufig scheitern. Zapf warnte vor sogenannten "Melonenprojekten", die nach außen erfolgreich wirken, intern jedoch massive Probleme aufweisen. Ein offener Umgang mit Risiken, transparente Projektführung und konsequente Nachbetrachtungen seien daher unerlässlich, um Vertrauen aufzubauen und Fehlentwicklungen frühzeitig zu erkennen. Lieber betonte ergänzend, dass Unternehmen nur dann strategisch handeln können, wenn sie ihre tatsächliche Wertschöpfung klar definieren und sich nicht an überholten Routinen orientieren.

Darauf aufbauend rückten die Diskutant:innen die Bedeutung eines strukturierten Risikomanagements in den Fokus. Kleine, klar abgegrenzte Pilotprojekte senken Investitionsrisiken, schaffen Orientierung und ermöglichen schnelle Kurskorrekturen. Erfolgreiche Transformation beruhe zudem auf dem Zusammenspiel starker interner Teams mit detailliertem Prozesswissen und externer Expertise, die Methoden und Erfahrung aus zahlreichen ähnlichen Projekten einbringt. Wie zentral die Finanzseite dabei ist, zeigte Robert Resch am Beispiel der SAP-HANA-Einführung bei der APA, bei der CFO Doris Pokorny eine Schlüsselrolle spielte – ein Hinweis darauf, wie essenziell klare Verantwortung und fachliche Unterstützung für komplexe Digitalisierungsprojekte sind.

Namhafte Gäste

An der Diskussion rund um steigenden Innovationsbedarf bei gleichzeitig sinkenden Budgets beteiligten sich weiters der selbstständige Finanzmarktexperte Peter Brezinschek, Gabriele Schallegger (Senior Vice President Finance bei Wienerberger), Reinhold Pfeifer (Head of Transformation and Process Optimization (TPO) bei der Porr AG), SCC-Vorstand Dietmar Teissl, MediNexis-Geschäftsführer Markus Gstöttner, Rita Niedermayr (Geschäftsführerin des Controller Instituts), Marte Fjelland von RHI Magnesita sowie Nadja Huber (CFO von Wolf Theiss). Bei Sekt von Peter Szigeti diskutierten des Weiteren SHEconomy-Herausgeberin Michaela Ernst, die Anwältin Stefanie Lugger, Stefanie Koch (Kleine Zeitung Wien), Gabriela Maria Straka von respACT, die Unternehmensberater Robert Bodenstein und Erik W. Eder, Anwalt Wilhelm Milchrahm sowie Karl Koczurek (Direktor bei der Österreichischen Beamtenversicherung).

www.ifwk.net

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