250 Jahre Trumer Privatbrauerei
"Mehr langfristiges Denken täte uns allen enorm gut"

| Wolfgang Zechner 
| 11.11.2025

Die Trumer Privatbrauerei feiert heuer ihr 250-jähriges Bestehen. Seit acht Generationen führt die Familie Sigl die Salzburger Traditionsbrauerei. KEYaccount sprach mit Seppi Sigl über Stolz und Verantwortung, den Kampf für unabhängige Bierkultur und die Herausforderungen eines Marktes, der von Konzernen und Kostendruck geprägt ist.

KEYaccount: Herr Sigl, Trumer ist heuer 250 Jahre alt. Was bedeutet dieses Jubiläum für Sie persönlich als Vertreter der achten Generation?

Seppi Sigl: Das ist schon ein sehr spezielles Gefühl – im Alltag ist einem das ja oft nicht bewusst und man hat die Zeit gar nicht, darüber zu reflektieren. Jetzt musste ich mir die Zeit nehmen und mich mit dem Jubiläum beschäftigen. Irgendwie macht mich das schon sehr stolz, ein Unternehmen zu führen, das so lange überlebt hat, unabhängig und seinen Werten treu geblieben ist.

KEYaccount: Wenn Sie an Ihre Vorfahren denken: Was glauben Sie, würden diese heute über die Entwicklung der Brauerei sagen?

Sigl: Ich glaube, sie wären zufrieden. Vieles hat sich bei uns auf eine sehr spannende Weise in den vergangenen Jahrzehnten weiterentwickelt und die Trumer Privatbrauerei hat österreichweit einen guten Ruf. Das freut uns sehr und ich bin mir sicher, das hätte auch die Vorfahren sehr zufrieden gemacht.

KEYaccount: Die Trumer Privatbrauerei steht für handwerkliche Tradition. Gleichzeitig sind Sie für Innovation bekannt. Wie gelingt Ihnen dieser Spagat?

Sigl: Wir sind uns unserer regionalen und geschichtlichen Verankerung bewusst und stehen zu unseren Wurzeln. Aber wir lieben es auch, uns mit der Zukunft auseinanderzusetzen und diese zu gestalten. Beides lässt sich wunderbar vereinen und hat eine außerordentliche Kraft: Zum Beispiel brauen wir seit kurzem in unserem Sudhaus eine pflanzliche Milchalternative aus Hafer mit unserem jahrhundertealten Braumeisterwissen.

KEYaccount: Wie wichtig ist Ihnen das Thema Experimentierfreude, etwa bei neuen Biersorten oder Kooperationen?

Sigl: Wir probieren und verkosten gerne, ich bin aber ein Anhänger von weniger Biersorten – dafür die wenigen richtig gut. Das leben wir auch so – unser Sortiment ist nicht riesig, aber dafür am Punkt. Kooperationen sind uns enorm wichtig! Mit den Culturbrauern prägen wir die österreichische Bierkultur, und gemeinsam mit zehn Privatbrauereien haben wir die Unabhängigen Privatbrauereien Österreichs gegründet. Wir kämpfen für den Erhalt von unabhängiger österreichischer Bierkultur – und das geht nur gemeinsam!

KEYaccount: Sie sprechen oft von „verantwortungsvollem Unternehmertum". Wie leben Sie diesen Anspruch konkret im Brauereialltag?

Sigl: Bei so alten Unternehmen gibt es einfach eine Unternehmenskultur, die Verantwortung – nicht erst seit es en vogue ist – verinnerlicht hat. Wir orientieren uns in unserem Tun an unserer langfristigen Vision und unseren Wertehaltungen, die wir alle paar Jahre hinterfragen und weiterdenken. Wir sind freiwillig Slow-Brewing-zertifiziert, gemeinwohlbilanziert und machen vieles aus Grundüberzeugung, was sich erst langfristig rechnet – wenn überhaupt.

KEYaccount: Der österreichische Biermarkt ist stark vom Marktführer Brau Union geprägt. Wie kann sich eine Privatbrauerei wie Trumer in diesem Umfeld behaupten?

Sigl: Wir bleiben anders, in der Nische, und setzen uns mit Mut und Haltung für unsere Überzeugungen ein. Als inhabergeführte Privatbrauerei machen wir bei der Qualität keine Kompromisse und gehen in neue Geschäftsfelder. Seit kurzem produzieren wir unsere pflanzliche Milchalternative "Sigl Bio".

KEYaccount: Welche strategischen oder inhaltlichen Unterschiede sehen Sie zwischen einem familiengeführten Betrieb und einem internationalen Konzern?

Sigl: Wir können und müssen in Generationen denken – und das ist gut so. Entscheidungen, die ich heute treffe, beschäftigen vermutlich sehr stark die nächsten Generationen – bei Konzernen geht es meistens ums nächste Geschäftsjahr beziehungsweise die nächste Managementperiode. Mehr langfristiges Denken täte uns gesamtgesellschaftlich enorm gut!

KEYaccount: Viele kleine Brauereien klagen über die unfaire Preisspirale im Handel. Wie beurteilen Sie die Rolle des Lebensmitteleinzelhandels, insbesondere im Hinblick auf hohe Rabatte und Aktionsdruck?

Sigl: Die Konzentration des LEH birgt Herausforderungen. Wir sind bei diesem Spiel praktisch nicht dabei, da wir den Großteil unseres Absatzes über die Gastronomie machen und verlässlicher Partner dieser sein wollen. Bei uns gibt es keine Rabattschlacht im Handel, wir können es uns gar nicht leisten.

KEYaccount: Der Kostendruck in der gesamten Branche ist enorm: von Rohstoffen über Energie bis zu Verpackung und Logistik. Wie wirkt sich das auf Trumer aus, und wie begegnen Sie diesen Herausforderungen?

Sigl: Wir spüren die Kostensteigerungen in vielen Bereichen, vor allem Lohn- und Gehaltskosten, natürlich auch enorm und müssen daher die Preise anpassen. Gleichzeitig arbeiten wir an unseren Prozessen. Bei der Energie sind wir froh, dass wir mittlerweile 80 % unseres Energiebedarfs selbst als Sonnenenergie produzieren und seit 15 Jahren aus fossiler Energie ausgestiegen sind. Unsere Wärme produzieren wir mit Holzhackschnitzel. Das hilft zumindest in diesem Bereich und ist auch nachhaltiger.

KEYaccount: Zum Abschluss noch ein Blick in die Zukunft: Wie sehen Sie die Entwicklung der österreichischen Bierkultur in den nächsten Jahrzehnten und welche Rolle soll Trumer dabei spielen?

Sigl: Die österreichische Bierkultur wird sich weiterentwickeln. Wir stehen – so wie viele Branchen – vor Veränderungen und Herausforderungen. Aber es entstehen neue Chancen und die gilt es zu sehen. Wir werden als Trumer Privatbrauerei versuchen, diese Chancen zu nutzen und weiter für beste Bierkultur und Persönlichkeit einstehen.

www.trumer.at

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