Der Arbeits- und Fachkräftemangel bleibt eine der größten wirtschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit. Und auch in den kommenden Jahren wird sich dieses Problem angesichts der aktuellen Pensionierungswelle der Babyboomer-Generation weiter zuspitzen. Dementsprechend wäre es essenziell, auch ältere Arbeitnehmer:innen – primär Personen über 50 – verstärkt in die Arbeitswelt miteinzubeziehen. Wie die aktuelle "Aging Workforce Survey 2025" von Deloitte unter rund 550 Unternehmensvertreter:innen zeigt, wird dieses vorhandene Potenzial allerdings von den heimischen Unternehmen derzeit nicht ausreichend genutzt. Das Beratungsunternehmen appelliert dementsprechend zur Schaffung klarer Strategien und tiefgreifender Maßnahmen, um ältere Mitarbeitende zu gewinnen und zu binden.
Viel ungenutztes Potenzial
Laut Studie ist sich ein Großteil der befragten Unternehmensvertreter:innen der hohen Relevanz der Zielgruppe 50+ bewusst. Trotzdem wird beim Rekrutieren und Halten ebendieser Personen ordentlich Potenzial liegen gelassen. "Das Arbeitsmarktpotenzial älterer Personen ist unbestritten. Doch obwohl über drei Viertel der Unternehmen die Relevanz dieser Zielgruppe erkennen, spiegelt sich das in den Personalgewinnungsprozessen noch nicht wider. Mit 22 Prozent spricht laut der Studie nur jeder fünfte Betrieb bewusst potenzielle Bewerber:innen über 50 an", fasst Elisa Aichinger, Partnerin bei Deloitte Österreich, die Umfrageergebnisse zusammen. "Obwohl die Unternehmen also um das Potenzial dieser Zielgruppe wissen, wird es nach wie vor noch nicht ausreichend genutzt."
Eine Anhebung des Pensionsantrittsalters, wie sie derzeit in der öffentlichen Debatte steht, könnte die angespannte Arbeitsmarkt-Situation etwas entspannen, ist sich die Expertin sicher, betont aber: "Jedoch gilt es, unabhängig vom Ergebnis dieser Diskussion, Konzepte zu entwickeln und umzusetzen, die ältere Arbeitnehmer:innen in der Personalgewinnung mitdenken und ihren längeren Verbleib im Unternehmen ermöglichen. Voraussetzung dafür ist der Abbau von Altersstereotypen und die Aufwertung von Erfahrungswissen", meint Aichinger.
Kaum Active-Aging-Maßnahmen
Unter jenen Unternehmen, die bereits ältere Personen beschäftigen, tut knapp die Hälfte dies vorrangig nur aufgrund der natürlichen Alterung der Belegschaft. Gezielte Maßnahmen zur Bindung dieser Altersgruppe, wie etwa eine lebensphasenorientierte Gestaltung der Arbeitszeit oder gezielte Gesundheitsförderung, ergreifen laut Umfrage jedoch gerade einmal 26 Prozent. Weil die strategische Verankerung von Active-Aging-Maßnahmen immer noch als Ausnahme in den heimischen Betrieben gilt, ist auch die Sorge vor gesundheitlichen Einschränkungen und höheren Ausfallzeiten dementsprechend groß.
"Unternehmen schaffen sich einen zentralen Wettbewerbsfaktor, wenn sie die Zielgruppe 50+ proaktiv in ihrer Leistungsfähigkeit unterstützen. Je früher man hier im Berufslebenszyklus mit maßgeschneiderten Acitve-Aging-Maßnahmen ansetzt, desto besser", weiß Katrin Hintermeier, Expertin für Active Aging und Workforce Sustainability bei Deloitte Österreich.
Wenig Vertrauen in digitale Fähigkeiten
Hinzu kommt, dass sich 18 Prozent der Unternehmen um die Aktualität von Skills und Know-how von älteren Arbeitnehmer:innen sorgen. Besonders groß sind die Vorurteile hinsichtlich technologischem Wissen. So ist etwa ein Viertel der Befragten der Ansicht, dass die Zielgruppe 50+ über weniger digitale Kompetenzen verfügt als ihre jüngeren Kolleg:innen, und ebenso viele glauben, dass technologische Entwicklungen ältere Mitarbeitende überfordern.
"Obwohl zahlreiche Studien beweisen, dass ältere Arbeitnehmer:innen genauso gut mit AI umgehen können wie jüngere, sind die Befürchtungen der Unternehmen ernst zu nehmen. Doch Fakt ist auch: AI hat nicht nur das Potenzial, den Arbeitsalltag enorm zu erleichtern, sondern kann auch entscheidend dazu beitragen, ein alters- und alternsgerechtes Arbeitsumfeld zu schaffen sowie Altersdiskriminierung im Bewerbungsprozess zu verringern", so Hintermeier abschließend.
Die gesamte "Deloitte Aging Workforce Survey 2025" können Sie hier nachlesen.
www.deloitte.com
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