Rund zweieinhalb Jahre nach unserem ersten Test des Enyaq RS Coupé (hier nachlesen) landete das Elektro-Flaggschiff von Škoda erneut in unserer Testgarage. Heuer haben die Tschechen das Modell jedoch ordentlich überarbeitet. Neben einer optischen Frischzellenkur erhielt der Enyaq RS ein kräftiges Leistungsplus und einige technische Detailverbesserungen. Statt der flach abfallenden Coupé-Linie stand dieses Mal das klassische SUV auf dem Programm – mit dem bekannten, aber verfeinerten Charakter.
Markanter Auftritt mit neuer Designsprache
Schon auf den ersten Blick ist das Facelift erkennbar. Die Front trägt nun das sogenannte "Tech-Deck Face" in glänzendem Schwarz, das Sensoren und LED-Elemente integriert und die neue Designsprache "Modern Solid" repräsentiert. Zusammen mit den serienmäßigen LED-Matrix-Scheinwerfern, schwarz abgesetzten RS-Akzenten und optionalen 21-Zoll-Felgen wirkt der Enyaq RS präsenter und stimmiger als zuvor. Trotz sportlicher Anmutung bleibt das Design unaufgeregt – typisch Škoda. Dass wir mit unserem Testwagen dennoch aus der Masse herausgestochen sind, lag vor allem an der auffälligen Lackierung namens "Mamba-Grün".
Mehr Power, kaum Kompromisse
Neben der Optik legten die Ingenieur:innen auch am Antriebspaket Hand an. Zwei Elektromotoren – einer pro Achse – liefern jetzt 250 kW (340 PS) Systemleistung. Der Sprint von 0 auf 100 km/h gelingt in 5,4 Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei abgeregelten 180 km/h. Damit gehört der Enyaq RS zu den stärksten und schnellsten Serienmodellen der Marke. Die 79 kWh nutzbare Batteriekapazität ermöglicht laut WLTP bis zu 556 Kilometer Reichweite. In der Praxis waren auf unserer rund 500 Kilometer langen Testfahrt, vorwiegend auf der Autobahn, rund 400 Kilometer realistisch – bei einem Durchschnittsverbrauch von 19,2 kWh pro 100 Kilometer.
Beim Laden bewegt sich der Enyaq RS auf Klassenniveau: Mit bis zu 185 kW lässt sich der Akku an der Schnellladesäule in etwa 26 Minuten von zehn auf 80 Prozent bringen. AC-seitig sind weiterhin 11 kW möglich – 22 kW wären hier wünschenswert. Neu hinzugekommen ist das bidirektionale Laden, mit dem sich der Akku künftig als Stromspeicher nutzen lässt. Im Ladekapitel zeigt sich der Tscheche also nicht mehr ganz auf Höhe der Zeit, was vor allem an der verbauten 400-Volt-Technik liegt, die in allen Volkswagen-Konzernmodellen, die auf dem modularen Elektrobaukasten (MEB) basieren, zum Einsatz kommt. Als der Enyaq vor vier Jahren auf den Markt kam, war er noch State of the Art. Doch bei Elektroautos ist der Fortschritt enorm. Konkurrenten, die auf eine 800-Volt-Technologie vertrauen, wie Smart #5, Xpeng G6, Kia EV6 oder Hyundai EV5, laden an Schnelladern deutlich flotter, was ihnen vor allem auf Langstrecken Vorteile bringt.
Komfort trifft Fahrdynamik
Obwohl der RS über ein Sportfahrwerk mit Tieferlegung verfügt und auf großen Rädern steht, zeigt sich das Fahrverhalten angenehm ausgewogen. Vor allem im Comfort-Modus federt das SUV sauber an, bleibt auch auf schlechten Straßen komfortabel und überzeugt mit sehr guter Geräuschdämmung – Wind- und Abrollgeräusche sind kaum wahrnehmbar. Im Sportmodus wird der Gesamtcharakter merklich dynamischer, zum Sportwagen mutiert der Enyaq RS aber selbst dann nicht. Dank des niedrigen Schwerpunkts macht das Kurvenräubern aber durchaus Laune. Wer es eilig hat, kann sich auf das satte Drehmoment und die hervorragende Traktion des Allradantriebs verlassen. Insgesamt schiebt der Antrieb den gut 2,2 Tonnen schweren Enyaq mühelos nach vorn, ohne dass die Beschleunigung überzogen wirkt.
Die Rekuperation lässt sich über Schaltpaddles am Lenkrad in mehreren Stufen regulieren. Besonders gelungen ist die automatische Rekuperationsfunktion, die das Bremsverhalten situativ anpasst und damit den Alltag spürbar erleichtert. Auch die zahlreichen Assistenzsysteme arbeiten zuverlässig, lediglich die Verkehrszeichenerkennung leistete sich vereinzelt Aussetzer.
Innenraum und Bedienung
Schon das erste Enyaq-Modell überzeugte mit großzügigem Raumangebot – daran hat sich nichts geändert. Fahrer:in und Beifahrer:in sitzen bequem, die Rückbank bietet reichlich Platz, und der Kofferraum bleibt mit 570 Litern Volumen familientauglich. Einen vorderen Kofferraum ("Frunk") fürs Ladekabel gibt es leider nicht. Hochwertige Materialien, solide Verarbeitung und RS-spezifische Designelemente wie die gelben Nähte prägen den Innenraum. Die Sportsitze vorn mit elektrischer Verstellung und integrierten Kopfstützen bieten ausreichend Seitenhalt, ohne dabei zu stark einzuengen, und sind absolut langstreckentauglich.
Das Infotainmentsystem präsentiert sich mit einem 13-Zoll-Touchscreen und überarbeiteter Software deutlich bedienungsfreundlicher als früher. Die Menüstruktur ist klar, die Reaktionen schnell. Praktisch sind die haptischen Kurzwahltasten unter dem Bildschirm sowie das Multifunktionslenkrad mit griffigen Drehwalzen und echten Tasten. Auch die Sprachsteuerung "Hey Laura" funktioniert zuverlässig. Ergänzt wird das Ganze durch das serienmäßige Head-up-Display mit Augmented-Reality-Funktion, eine 360-Grad-Kamera und das klangstarke Canton-Soundsystem.
Škoda bleibt auch bei den RS-Modellen seiner "Simply-Clever"-Philosophie treu: Vier USB-C-Anschlüsse mit Schnellladefunktion, eine gekühlte kabellose Smartphone-Ladeschale, Regenschirme in den Vordertüren oder praktische Ablagen im Innenraum sorgen für hohen Alltagsnutzen.
Fazit
Im Praxistest zeigte sich der überarbeitete Enyaq RS als stimmiges Gesamtpaket. Er kombiniert kräftige Leistung mit hohem Komfort, bietet viel Platz und überzeugt durch eine verbesserte Bedienung. Dank des effizienten Antriebs und der realistischen Reichweite von 400 km ist er auch auf längeren Strecken problemlos einsetzbar. Preislich spielt der Enyaq RS mit einem Einstiegspreis von knapp unter 60.000 Euro weiterhin in der oberen Liga, liefert dafür aber auch eine umfangreiche Ausstattung und solide Verarbeitungsqualität. Durch steuerliche Vorteile und seine alltagstaugliche Reichweite empfiehlt sich der RS auch als Dienstwagen für Vielfahrer:innen, die Wert auf Komfort und Dynamik legen. Diese dürften aber wohl zu dezenteren Außenfarben greifen.
Abschließend bleibt festzuhalten, dass das Facelift den Enyaq RS noch runder macht. Mehr Leistung, bessere Software und ein feiner abgestimmtes Gesamtpaket sorgen dafür, dass Škodas Elektro-Flaggschiff weiterhin zu den überzeugendsten E-SUVs seiner Klasse zählt – auch wenn die Ladetechnik mit den Klassenbesten nicht mehr ganz mithalten kann. Und die Konkurrenz wird laufend größer. Neben Plattformbrüdern wie die Top-Modelle von VW ID.4, Audi Q4 e-tron oder Cupra Tavascan und Ford Explorer, der ebenfalls auf dem VW-MEB basiert, zählen noch die bereits im Ladekapitel erwähnten Modelle sowie unter anderem das Tesla Model Y, der BMW X1, der BYD Sealion 7 und eine ganze SUV-Armada aus dem Stellantis-Konzern (Opel Grandland, Peugeot 3008, Leapmotor C10 etc.) zu den Widersachern.
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