Interview mit Christine Dornaus
"Ein positives Sentiment gehört dazu, um die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen"

| Redaktion 
| 14.10.2025

Im LEADERSNET-Interview spricht Christine Dornaus, Geschäftsführerin der Bundesimmobiliengesellschaft sowie der ARE Austrian Real Estate, über ihre Verantwortung für eines der größten Immobilienportfolios Österreichs, nachhaltiges Bauen und die Bedeutung langfristigen Denkens. Sie betont Mut und Haltung als Schlüssel zum Erfolg und erklärt, wie die BIG mit Investitionen Impulse für Wirtschaft, Klima und Gesellschaft setzt. 

LEADERSNET: Sehr geehrte Frau Dornaus, Sie sind seit Oktober 2024 Geschäftsführerin der Bundesimmobiliengesellschaft. Was verbirgt sich hinter dieser Marke?

Christine Dornaus: Bundesimmobiliengesellschaft ist tatsächlich eine Marke und ihr Markenkern ist unsere Verantwortung für die Republik Österreich. Im Eigentum der BIG stehen landesweit 2.000 Liegenschaften mit einem Wert von 18 Milliarden Euro. Dazu zählen etwa 400 Schulen und 200 Universitätsgebäude, Ministerien, Polizeiinspektionen, Gerichtsgebäude, Justizanstalten und über unsere Tochter ARE Austrian Real Estate auch Wohnen, Büro und Gewerbe. Insgesamt gehen jeden Tag 500.000 Menschen in unseren Häusern ein und aus. Wir hegen und pflegen sie und investieren jedes Jahr eine Milliarde Euro in Neubau, Sanierung und Renovierung.

LEADERSNET: Wofür dürfen Sie verantwortlich zeichnen?

Dornaus: Ich bin jetzt seit genau einem Jahr Geschäftsführerin der BIG und teile mir die Verantwortung mit Gerald Beck, wobei ich – grob gesagt – die Finanzen, Denkmalschutz, Kunst und Kultur sowie unseren Unternehmensbereich Universitäten verantworte. In diesem Bereich liegen mit der Uni Wien von Heinrich Ferstel, der Akademie am Schillerplatz von Theophil Hansen oder der Postsparkasse von Otto Wagner unsere besonderen historischen Blockbuster – gleichzeitig schaffen wir mit Gebäuden wie der Bibliothek Zaha Hadid am Campus WU auch Neubaukultur.

LEADERSNET: Durch welchen beruflichen Werdegang sind Sie in diese Position gekommen?

Dornaus: Ich war über 15 Jahre im Vorstand der Wiener Städtischen Versicherung und habe dort das Anlagevermögen mit einem Wert von 23 Milliarden Euro verantwortet. Zum Anlagevermögen zählen bei einer Versicherung selbstverständlich auch Immobilien – das war für mich immer das emotionalste und greifbarste Thema. Bei einer Quartiersentwicklung ist man vom ersten Masterplan am Papier bis zur Fertigstellung und feierlichen Eröffnung mit aller technischen und wirtschaftlichen Kompetenz, aber auch Herz und Seele dabei. Ein besonders erfüllendes Projekt war für mich die Sanierung des Palais Hansen neben dem Ringturm – in der BIG dürfen wir gleich mehrere Hansen-Bauwerke verantworten. Über die ARE verantworten wir zudem mehrere große Quartiersentwicklungen, die den urbanen Ansprüchen an Wohnen, Leben und Arbeiten bestmöglich gerecht werden. Zu Beginn meiner beruflichen Laufbahn war ich – nach Abschluss eines Wirtschaftsstudiums – in der Finanzbranche tätig und meine erste Station hat mich zur Chase Manhattan Bank nach Brasilien geführt.

LEADERSNET: Sie sind eine Powerfrau und waren Ihr ganzes Berufsleben in männerdominierten Positionen tätig. Was empfehlen Sie jungen Frauen für ihren beruflichen Weg?

Dornaus: Ich war erst letztes Jahr – also im Zuge meiner Bewerbung als BIG-Geschäftsführerin – selbst wieder in der Situation, dass ich mir Mut zum nächsten Karriereschritt gemacht habe. Ich habe mir das gesagt, was ich anderen Frauen immer sage: traut euch, probiert es und macht es. Zum Selbstvertrauen gehört auch Fleiß und gute Vorbereitung, außerdem ist es wichtig, Haltung zu zeigen. Weitere unterstützende Elemente sind eine Familie, die die Ambition mitträgt, Vorgesetzte, die Leistung und Engagement wahrnehmen und fördern, und die eigene Leistungsbereitschaft.

LEADERSNET: Als Managerin finden Sie in Ihrer Freizeit Ausgleich im Bereich Kunst und Kultur. Warum ist das so – und woher stammt Ihre Begeisterung für klassisches Ballett?

Dornaus: Meine Kraftquellen sind – wie Sie richtig sagen – Kunst und Kultur, dazu kommen die Natur und meine Familie. Klassisches Ballett hat mich schon als Mädchen begeistert und ich habe auch selbst getanzt – aufgrund meiner körperlichen Voraussetzungen, klein und beweglich, war ich dafür auch talentiert.

LEADERSNET: Als BIG-Geschäftsführerin verantworten Sie ein Immobilien-Portfolio von rund 2.000 Liegenschaften. Wie hat sich der nationale Immobilienmarkt verändert? Welche Trends sind zu erkennen?

Dornaus: Der Markt, seine Player und seine Rahmenbedingungen haben sich in den letzten Jahren sogar gewaltig verändert. Viele, die zu große Risiken eingegangen sind und die Negativzinsphase ausgenutzt haben, haben sich wieder verabschieden müssen. Die BIG hat sich an die Marktbedingungen angepasst und eine Strategie entwickelt, die es uns ermöglicht, verantwortungsvoll und vorausschauend zu wirtschaften. Insgesamt ist der Gipfel für die Branche noch nicht klar in Sicht, aber wir befinden uns immerhin am Zustieg. Wohnraum zu schaffen ist unser aktueller Fokus und wir bauen mit der ARE konsequent weiter Wohnungen. Im Bereich Büro beschäftigt uns im Sinne der Effizienz New Work und wir werden demnächst ein Pilotprojekt in diesem Bereich starten.

LEADERSNET: Wir erleben aktuell eine wirtschaftliche Hoch- und Tieffahrt in allen Bereichen. Wie wirken sich Energiepreise, Kriege, Zölle, aber auch Fachkräftemangel auf die aktuelle Performance von nationalen Immobilien aus?

Dornaus: Die BIG denkt in Generationen und plant langfristig, aber natürlich können auch wir uns vor geopolitischen und wirtschaftlichen Entwicklungen am Markt nicht abkoppeln. Auch uns treffen gestiegene Baukosten und Personalkosten, eine Zeitlang haben uns die Lieferschwierigkeiten bei PV-Anlagen beschäftigt, Fachkräftemangel erleben wir zum Beispiel bei sehr spezialisierten Handwerksberufen wie Restaurator:innen. Aber BIG und ARE sind resiliente Unternehmungen mit großer Professionalität und langjähriger Erfahrung, auf solche Situationen zu reagieren.

LEADERSNET: Unter dem Motto des amerikanischen Präsidenten "Drill Baby drill!" hat nachhaltiges Wirtschaften an Dynamik verloren. Ist dies auch in Österreich zu bemerken?

Dornaus: Ich hoffe nicht, dass wir uns in Österreich in diese Richtung entwickeln werden, und erkenne aktuell auch keine Anzeichen dafür. Eher im Gegenteil... Wir erleben, dass die Ansprüche unserer Kund:innen an nachhaltiges Bauen und einen energieeffizienten Gebäudebetrieb steigen. Das trifft auf Bürokunden und Wohnungskäufer:innen zu – und ganz besonders auf die Universitäten. Wir arbeiten mit etlichen heimischen Universitäten am "klimaneutralen Campus" und haben in ihnen auch großartige Partner bei der Umsetzung.

LEADERSNET: Wie können wir wieder positive Vibrations in die Wirtschaft bekommen und wie sehr sind wir von Stimmungen abhängig?

Dornaus: Ein positives Sentiment gehört auf jeden Fall dazu, um die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Die BIG trägt ihren Teil bei und wirkt als Konjunkturmotor. Wir investieren jedes Jahr eine Milliarde Euro in Österreich, damit sichern wir tausende Arbeitsplätze und beauftragen 2.000 heimische Firmen, viele davon sind kleine lokale Betriebe aus der Region. Ich bin sehr froh, dass wir hier etwas beitragen können. Auch im persönlichen Umfeld kann jede:r von uns etwas bewirken, indem wir unseren eigenen Einflussbereich nutzen, eine positive und konstruktive Haltung wahren und nicht weiter krank reden und Verunsicherung verbreiten.

LEADERSNET: Wohin soll sich in Ihrer Ära als Geschäftsführerin der Bundesimmobiliengesellschaft das Portfolio entwickeln?

Dornaus: Wir wollen den erfolgreichen Pfad von BIG und ARE fortsetzen, die historische Baukultur pflegen und moderne schaffen – und das mit dem Anspruch, qualitätvollen und nutzerfreundlichen Raum zu gewährleisten. Das betrifft unsere Bereiche Bildung, Wissenschaft und Forschung sowie Sicherheit und Büro. Außerdem verfolgen wir das Ziel, Wohnraum langfristig zu erhalten und – zur Reduzierung der Wohnraumverknappung – weiteren zu errichten. Wir werden unsere bestehenden Gebäude auch weiter dekarbonisieren, denn wir wollen unsere Häuser ab 2040 CO₂-neutral betreiben können – und bei 2.000 Liegenschaften können wir da durchaus etwas bewirken.

LEADERSNET: Zum Abschluss bitte ich Sie um ein politisches Statement: Was müssen wir als österreichische Gesellschaft tun, um wirtschaftlich wieder erfolgreich zu sein und um den Wohlstand für die Zukunft zu erhalten?

Dornaus: Wir müssen wieder mit mehr Eigenverantwortung unser wirtschaftliches und persönliches Schicksal in die Hand nehmen und den Wohlstand in unserem Land schätzen. Mit der Haltung frei nach Kennedy "was können wir für unser Land tun", lässt sich viel erreichen und vorantreiben.

www.big.at

www.are.at

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