Grünes Licht für S1-Lückenschluss
Peter Hankes "Ja" zum Lobautunnel erntet viel Zuspruch

Nach jahrelanger Prüfung soll der Lückenschluss der S1 Wiener Außenring Schnellstraße umgesetzt werden. Für die Pläne des Verkehrsministers gab es vor allem von der Wirtschaft viel Lob. Es gibt aber auch kritische Stimmen.

Die Bundesregierung bringt den S1-Lückenschluss auf den Weg und damit eines der umstrittensten Verkehrsprojekte der letzten Jahre. Mobilitätsminister Peter Hanke und ASFINAG-Vorstandsdirektor Hartwig Hufnagl stellten am Donnerstag die weiteren Schritte vor. Die Trasse führt vom Knoten Süßenbrunn über Raasdorf bis zum Knoten Schwechat, inklusive Donau-Lobau-Tunnel (aka. Lobautunnel). Laut Hanke habe eine "ganzheitliche Bewertung" aller verkehrlichen, ökologischen und ökonomischen Aspekte ergeben, dass die S1 notwendig sei, um "den Wirtschaftsstandort der gesamten Ostregion zu sichern und die Lebensqualität der Menschen zu verbessern".

Verkehrsminister verweist auf zahlreiche Vorteile

Hanke erklärte, das Projekt schaffe die Grundlage für bis zu 25.000 Jobs und Wohnraum für 55.000 Menschen. Zudem werde der Lkw-Durchzugsverkehr künftig um Wien herumgeleitet. "Deshalb habe ich entschieden, die S1 an die ASFINAG zur Umsetzung zu übergeben", so der Minister. Hufnagl betonte, die Genehmigungen für den Abschnitt Groß-Enzersdorf bis Süßenbrunn seien rechtskräftig. Man werde nachhaltiges Bauen umsetzen und so "überregionale wie regionale Wertschöpfung" sichern.

Die Bundesregierung verweist auf die hohe Belastung der Südosttangente (A23), wo täglich knapp 200.000 Fahrzeuge unterwegs sind. Ohne Entlastung drohe mittelfristig ein "Verkehrsinfarkt". Die S1 solle als "Bypass" wirken. Parallel zur S1 plant die ASFINAG ein Konzept für die "Tangente der Zukunft". Digitale Steuerung und Schnellbusspuren sollen die A23 künftig stärker für Nahverkehr und Pendler:innen nutzbar machen.

Kosten und rechtliche Grundlage 

Der Start des ersten Bauabschnitts ist für Frühjahr 2026 geplant und mit Kosten von rund 500 Millionen Euro veranschlagt. Dieser Abschnitt von Groß-Enzersdorf bis Süßenbrunn erschließt auch die Seestadt Aspern über die sogenannte S1-Spange. Die zweite Bauetappe, die den Lobautunnel umfasst, ist aktuell für 2030 vorgesehen, mit geschätzten Kosten von 2,2 Milliarden Euro. Für diesen Abschnitt laufen noch Verfahren; eine Umsetzung soll erst nach deren rechtskräftigem Abschluss beginnen. Insgesamt ist das Projekt also 2,7 Milliarden Euro schwer. In Zeiten eines immensen Budgetlochs macht das nicht unbedingt einen schlanken Fuß.

Viel Zuspruch

Auch Interessenvertretungen begrüßten die Entscheidung. ÖAMTC-Vertreter Bernhard Wiesinger erklärte, der heutige Stau auf der A23 habe gezeigt, "warum es die S1 und den Lobautunnel als Entlastungsstrecke braucht". Mit der neuen Verbindung könnten Fahrzeuge ausweichen, die Wien nicht als Ziel hätten, was Anrainer:innen in der Donaustadt spürbar entlaste. Zugleich verwies er darauf, dass ohne den Tunnel jährlich rund 500 Millionen Euro Staukosten und zusätzliche Treibhausgasemissionen entstünden.

WKÖ-Generalsekretär Jochen Danninger sprach von einem "starken Signal für den Wirtschaftsstandort Wien und die gesamte Ostregion". Der Lückenschluss biete Unternehmen Planungssicherheit und erleichtere Investitionen. Gleichzeitig mahnte er, die lange Dauer bis zur Umsetzung müsse als Beispiel dienen, dass Verfahren künftig schneller abgeschlossen werden müssten.

Auch aus Niederösterreich kam Zustimmung: WKNÖ-Präsident Wolfgang Ecker bezeichnete das Projekt als "langjährige Forderung der blaugelben Wirtschaft" und nannte es eine Voraussetzung für Wachstum, Beschäftigung und Lebensqualität. Standortanwalt Christoph Pinter betonte die Vorteile für Betriebe, die auf verlässliche Lieferketten angewiesen seien, und sprach von "kurzen Wegen, weniger Lärm, weniger Stau".

Der Sozialdemokratische Wirtschaftsverband Wien sprach durch Präsident Marko Fischer von einem "Meilenstein für den Wirtschaftsstandort" und einem wichtigen Signal für Arbeitsplätze und Betriebe. Auch die Transportbranche zeige sich laut Gurdial Singh Bajwa, Vorsitzender der Sparte Transport und Verkehr, entlastet.

Unterstützung kam zudem von der Industriellenvereinigung Wien: Christian C. Pochtler erklärte, die Entscheidung sei "richtig und wichtig", da eine dynamisch wachsende Metropole wie Wien eine entsprechende Infrastruktur brauche. Zugleich verwies er darauf, dass Betriebe wie jene in der Seestadt Aspern auf gute Anbindungen angewiesen seien und die Entlastung auch der Bevölkerung und der Umwelt zugutekomme.

Kritik

Kritik kam von Umwelt- und Klimaschutzorganisationen sowie den Grünen. Leonore Gewessler, die das Projekt als Hankes Vorgängerin noch gestoppt hatte, warnte, die Entscheidung für den Lobautunnel richte sich "gegen die Natur, gegen die nächsten Generationen und gegen die Vernunft". Sie und die Grüne Klubobfrau bemängelten, dass wissenschaftliche Untersuchungen zeigten, dass mehr Straßen zu mehr Verkehr führen, und kritisierten die Priorisierung von Milliarden für den Tunnel statt für soziale Entlastungen. Greenpeace kündigte für Freitag Proteste vor dem Verkehrsministerium an und forderte, die Betonpolitik zu stoppen und stattdessen in den Ausbau öffentlicher Verkehrsmittel zu investieren.

Kritik an der Umweltverträglichkeit weist Hanke zurück: Der Tunnel verlaufe außerhalb des Nationalparks Donau-Auen, "kein Baum wird darin gefällt".

www.bmimi.gv.at

www.asfinag.at

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