Lob und Kritik von Branchenvertretung
Inflationsstrategie der Regierung: Licht und Schatten für den Handel

| Redaktion 
| 03.09.2025

Der Handelsverband unterstützt zentrale Maßnahmen der Regierung zur Inflationsbekämpfung. Gleichzeitig warnt er vor zusätzlichen Belastungen durch geplante Preisbeobachtungsinstrumente und Shrinkflation-Kennzeichnungspflicht. 

Mit Zustimmung reagiert der Handelsverband auf die Ankündigung der Bundesregierung, die hohen Energiekosten stärker in den Fokus der Inflationsbekämpfung zu rücken. "Die Preisentwicklung bei Strom treibt alle Kosten entlang der Wertschöpfungskette in die Höhe", so Geschäftsführer Rainer Will. Die Ausklammerung des Handels vom Strompreisbonus 2025 und 2026 wird jedoch kritisiert – besonders, da auch Lebensmitteleinzelhändler stark energieintensiv arbeiten, etwa bei Kühlung oder Zustellung.

Territoriale Lieferbeschränkungen

Ebenfalls positiv bewertet wird der angekündigte Einsatz für ein EU-weites Verbot territorialer Lieferbeschränkungen. Solche Beschränkungen führen dazu, dass internationale Markenartikel in Österreich oft teurer verkauft werden als in anderen Ländern, was geschätzte Mehrkosten von rund 19 Milliarden Euro für die europäischen Konsument:innen nach sich zieht. Der Handelsverband fordert seit Jahren die Abschaffung solcher Preisaufschläge. Auch das angekündigte Arbeitsmarktpaket und Maßnahmen zur Förderung von Vollzeitarbeit werden vom Verband unterstützt. Österreichs Handelsunternehmen hätten bereits heute im Schnitt deutlich höhere Personalkosten als andere europäische Länder.

Kritisch: Shrinkflation-Regelung und neue Berichtspflichten

Als nicht zielführend sieht der Verband hingegen die geplante Pflicht zur Kennzeichnung von "Shrinkflation am Regal", also von Produkten, bei denen Hersteller bei gleichbleibendem Preis die Füllmenge reduzieren. Die Verantwortung für diese Praktiken liege eindeutig bei den Markenherstellern, nicht bei den Händlern, betont Will. Eine verpflichtende Auszeichnung in den Märkten würde den Handel zusätzlich belasten, ohne die Ursache zu bekämpfen.

Auch der Vorschlag, bei der Statistik Austria eine Datenbank zur Preisbeobachtung entlang der Wertschöpfungskette aufzubauen, stößt auf Widerstand. Eine Neuaufstellung der Preiskommission inklusive Berichtspflichten auf Handelsseite würde zusätzlichen Verwaltungsaufwand erzeugen. Dabei habe die Bundeswettbewerbsbehörde laut Verband bereits belegt, dass sich der heimische Handel in der Teuerungskrise "kein Körberlgeld" verdient habe.

Fernost-Boom gefährdet faire Handelsbedingungen

Ein Aspekt, der laut Handelsverband in der aktuellen Inflationsdebatte zu wenig beachtet wird, ist der massive Zustrom von Produkten aus Fernost über Onlineplattformen wie Temu und Shein. Im Jahr 2024 erreichten 4,6 Milliarden Kleinstpakete mit einem Warenwert unter 150 Euro den EU-Binnenmarkt. Rund und 90 Prozent davon aus China. In Österreich wurden im Vorjahr rund 100 Millionen solcher Sendungen zugestellt, die kaum kontrolliert werden konnten. Nur 0,0082 Prozent der importierten Produkte wurden vom Zoll geprüft, wobei fast ein Drittel nicht den geltenden EU-Standards entsprach.

Tests belegen die Problematik: In Schuhen von Shein wurden Weichmacher in 229-fach überhöhtem Ausmaß festgestellt, 95 Prozent der auf Temu gekauften Spielwaren gelten als unsicher. Während heimische Händler strengen Vorschriften unterliegen, umgehen viele chinesische Anbieter Zölle, Steuern und Sicherheitsvorgaben. Der Handelsverband spricht von einem "tiefen regulatorischen Ungleichgewicht".

www.handelsverband.at

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