"Gröbliche Benachteiligung"
OGH kippt unzulässige AGB-Klauseln bei Amazon Prime

| Tobias Seifried 
| 12.08.2025

Der Oberste Gerichtshof in Wien hat mehrere Vertragsklauseln des kostenpflichtigen Mitgliedsprogramms für gesetzwidrig erklärt. Anlass war eine Klage des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) im Auftrag des Sozialministeriums.

Mit Amazon Prime erhalten Kund:innen unter anderem schnelleren Versand ohne Zusatzkosten und Zugang zu digitalen Services. Grundlage sind die "Amazon Prime-Teilnahmebedingungen". Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) beanstandete darin Klauseln zu Mitgliedsgebühren, Zahlungsmethoden und Widerrufsrecht. In sechs von acht Punkten gaben die Höchstrichter:innen den Konsumentenschützer:innen recht, wie diese am Dienstag (12. August) mitteilten.

Widerrufsrecht muss formfrei sein

Eine der unzulässigen Klauseln regelte, wie der Rücktritt vom Vertrag zu erfolgen habe – etwa durch Änderungen in den "Mitgliedschaftseinstellungen", Kontakt zum Kundenservice oder ein Muster-Widerrufsformular. Nach Konsumentenschutzgesetz können Verträge im Internet jedoch formfrei widerrufen werden – also auch mündlich oder per einfachem E-Mail. Die Klausel ließ diese Möglichkeit unerwähnt und führte so zu Rechtsunsicherheit.

Automatische Belastung anderer Zahlungsmethoden unzulässig

Ebenfalls beanstandet wurde, dass Amazon bei fehlgeschlagenen Zahlungen automatisch eine andere hinterlegte Zahlungsmethode belasten darf – ohne gesonderte Mitteilung. Da dies etwa bei einer Kontoüberziehung zusätzliche Kosten verursachen kann, wertete der Oberste Gerichtshof (OGH) dies als "gröbliche Benachteiligung".

Kündigung ohne Vorwarnung nicht zulässig

Unzulässig ist laut OGH auch, dass Amazon die Mitgliedschaft beenden kann, wenn innerhalb von 30 Tagen nach einer fehlgeschlagenen Zahlung keine neue Zahlungsmethode angegeben wird – und dies ebenfalls ohne gesondertes Schreiben. Das Argument Amazons, dass im Massengeschäft eine individuelle Benachrichtigung zu aufwendig sei, wies das Gericht zurück: Unternehmen müssten ihre Abläufe so organisieren, dass Nachteile nicht auf Verbraucher:innen abgewälzt werden.

"Wer die Vorteile des Massengeschäfts nutzt, muss auch die internen Strukturen so gestalten, dass die Nachteile nicht auf die Kund:innen überwälzt werden", betonte VKI-Jurist Joachim Kogelmann.

Das Urteil im Volltext gibt es hier.

www.vki.at

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