Mangelnde Wettbewerbsfähigkeit
Industrie unterstützt Vollzeit-Offensive und drängt auf Strukturreformen

| Tobias Seifried 
| 21.07.2025

Laut der Industriellenvereinigung wirken hohe Lohnstückkosten, überbordende Regulierung und mangelnde Investitionsanreize wie Bremsklötze für die Wirtschaft. Zudem gibt es Kritik an der hohen Teilzeitquote.

Die Industriellenvereinigung (IV) hat sich zu zwei "heißen Eisen" zu Wort gemeldet, die gerade die innenpolitische Debatte in Sachen Wirtschaft dominieren: der mangelnde Reformwille und die hohe Teilzeitquote.

Mutige Strukturreformen

"Wir können die US-Zollpolitik nicht wirklich beeinflussen, aber wir können entscheiden, ob Österreich ein attraktiver Standort bleibt", nimmt IV-Generalsekretär Christoph Neumayer auf die aktuelle IHS-Prognose Bezug. Diese sagt für die kommenden Jahre (bis 2029) lediglich ein Wirtschaftswachstum von 0,9 Prozent voraus. Die Zahlen zeigten deutlich: Das Wachstumspotenzial sei schwach, die Unsicherheiten im internationalen Umfeld groß. Umso wichtiger sei es, so Neumayer, jetzt, die heimischen Standortfaktoren entschlossen zu verbessern. "Wer draußen rauen Gegenwind spürt, sollte das eigene Haus auf Vordermann bringen", mahnt der IV-Generalsekretär. Hohe Lohnstückkosten, überbordende Regulierung und mangelnde Investitionsanreize wirkten wie Bremsklötze für die Wirtschaft. Jetzt brauche es mutige Strukturreformen bei den Pensionen, im Gesundheitssystem, bei der Bildung und in der Verwaltung.

Besonders kritisch sieht die IV auch die anhaltende Investitionszurückhaltung. "Wer morgen Innovation und Beschäftigung will, muss heute Investitionen ermöglichen: Die in Ausarbeitung befindliche Industriestrategie kann dazu einen wesentlichen Beitrag leisten", betont Neumayer. Österreich brauche wettbewerbsfähige Energiepreise, schnellere Genehmigungsverfahren und eine echte Entbürokratisierung, um international nicht weiter an Boden zu verlieren. "Wir haben keinen Einfluss auf Donald Trump, aber sehr wohl auf das Investitionsklima in der Steiermark oder in Oberösterreich."

Vollzeit müsse sich wieder lohnen

Mit seiner am Wochenende geäußerten Kritik an der hohen Teilzeitquote stößt Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) bei der Industriellenvereinigung auf offene Arme. "Ich habe vollstes Verständnis für Teilzeit – wenn es um Betreuungspflichten geht. Etwa bei kleinen Kindern, bei pflegebedürftigen Angehörigen oder wenn man ein beeinträchtigtes Kind hat. Das ist Verantwortung", so Hattmannsdorfer, fügte im selben Atemzug jedoch hinzu: "Aber: Wer gesund ist und keine Verpflichtungen hat, soll auch bereit sein, seinen Beitrag zu leisten."

Ähnlich sieht es die IV. Während in den letzten 30 Jahren die Zahl der Beschäftigten um über ein Drittel gestiegen ist, sei die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden pro Beschäftigungsverhältnis signifikant gesunken – bei gleichzeitig stark wachsender Teilzeitquote. "Es braucht deshalb dringend positive Anreize, die Vollzeit wieder attraktivieren. Mit der steigenden Teilzeitquote werden wir unseren Wohlstand nicht nachhaltig finanzieren können", warnt der IV-Generalsekretär.

Gerade junge Menschen würden sich zunehmend die Frage stellen, welchen Sinn eine Vollzeittätigkeit habe, wenn am Ende kaum mehr übrigbleibt als in einer Teilzeitanstellung. "Nachhaltige Entlastungen durch niedrigere Steuern und Abgaben sind zentrale Hebel, um Motivation, Leistung und Eigenverantwortung zu stärken. Wenn immer mehr Menschen Teilzeit arbeiten, aber Sachleistungen der Sozialversicherung, vor allem Gesundheitsleistungen, wie Vollzeitbeschäftigte beziehen, geht sich das auf Dauer nicht aus", so Neumayer abschließend.

Finanzminister kontert

Anders sieht man das in der SPÖ. Finanzminister Markus Marterbauer meinte: "Es gibt keinen Grund, die vorwiegend weiblichen Teilzeitbeschäftigten zu kritisieren". Denn diese würden gesellschaftlich wichtige Arbeit leisten. Vielmehr gelte es, deren Arbeitsbedingungen zu verbessern. Laut Marterbauer müssten vor allem die Arbeitszeiten verbessert werden. "Da wären mehr Arbeitgeber:innen gefragt, die gute Teilzeit an-bieten, von der man auch leben kann", so der Finanzminister.

www.iv.at

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