LEADERSNET: Sehr geehrter Herr Kirchmair, Sie sind seit 2013 CEO der umdasch The Store Makers. Können Sie unseren Leser:innen kurz erklären, wofür umdasch The Store Makers steht und welche Leistungsfelder sie abdecken?
Silvio Kirchmair: Die Umdasch Group ist ein traditionsreiches Familienunternehmen mit über 157 Jahren Geschichte – eine Seltenheit, auf die wir stolz sind. Unser Ziel ist es, diese Erfolgsgeschichte langfristig fortzuschreiben. Die Gruppe besteht heute aus drei Divisionen: der Doka als größter Einheit, umdasch The Store Makers – der Ursprung des Unternehmens mit Wurzeln bis 1868 – sowie seit Kurzem Umdasch Industrial Solutions, die sich auf Gerüstbau für Industriekunden spezialisiert.
Die Store Makers, für die ich seit zwölf Jahren verantwortlich bin, gehören zu den führenden Ladenbauunternehmen Europas und stehen für durchdachte, ganzheitliche Ladenbau-Lösungen – vom ersten Konzept bis zur schlüsselfertigen Übergabe. Dabei begleiten wir unsere Kund:innen entlang der gesamten Customer Journey im Raum. Unser Leistungsspektrum reicht vom Store Design über hochwertige Ladenbau-Fertigung bis hin zum General Contracting und digitalen Lösungen am Point of Sale.
LEADERSNET: Wie ist das Unternehmen international aufgestellt? Welche Märkte sind für Sie besonders relevant?
Kirchmair: Rund 95 Prozent unseres Umsatzes erwirtschaften wir in der Region, die allgemein als "Greater Europe" bezeichnet wird – von Kasachstan über die EU bis nach Irland, inklusive Nordafrika, der Türkei und dem Mittleren Osten. Dieser geografische Raum bildet unseren klaren Kern- und Hauptmarkt.
Außerhalb Europas sind wir nur punktuell aktiv – meist im Rahmen einer "Follow the Customer"-Strategie, bei der wir bestehende europäische Kund:innen bei Projekten in Nordamerika oder anderen Weltregionen begleiten. Im Wesentlichen sind wir also ein europäisch ausgerichtetes Unternehmen.
In diesem geografisch breit gefächerten und stark fragmentierten Markt erreichen wir innerhalb Europas einen Marktanteil von rund drei bis vier Prozent – und zählen damit zu den drei größten Anbietern. Im weltweiten Ranking liegen wir irgendwo zwischen Platz fünf und acht. Genaue Zahlen sind hier allerdings schwer zu erfassen, da etwa aus China kaum belastbare Daten vorliegen. Trotz internationaler Aktivitäten bleibt unser Marktanteil somit überschaubar – vor allem aufgrund der Vielzahl kleiner und mittlerer Wettbewerber.
LEADERSNET: Wie verändert sich Ihrer Meinung nach die Erwartungshaltung der Konsument:innen im Hinblick auf stationäre Stores – gerade in Hinblick auf die wachsende Popularität des Online-Handels – und wie reagieren Ihre Kund:innen darauf?
Kirchmair: Der Markt für klassische Einzelhandelsflächen in Europa ist seit über zehn Jahren rückläufig. Verkaufsflächen verschwinden jedoch nicht komplett, sondern werden zunehmend für Gastronomie, medizinische Einrichtungen oder gemischt genutzte Konzepte umgewidmet. Grund für diesen Wandel ist vor allem der steigende Onlineanteil: Derzeit entfallen rund 18 Prozent des europäischen Handels auf den Onlinebereich – mit großen Unterschieden je nach Branche. Während Lebensmittel weiterhin stark stationär geprägt sind, dominiert Online bei Büchern, Musik und teilweise auch bei Mode. Die Corona-Pandemie hat diese Entwicklung beschleunigt, danach stabilisierte sich der Trend leicht, mittlerweile wächst der Onlineanteil wieder kontinuierlich.
Für den stationären Handel bedeutet das eine Polarisierung: Wachstumschancen sehen wir vor allem im Discount-Bereich – etwa bei Formaten wie Primark, Action, Aldi oder Lidl – sowie im Premium- und Luxussegment, das verstärkt auf Erlebnis, Qualität und Atmosphäre setzt. Diese beiden Pole investieren weiterhin in ihre Flächen. Die Mitte des Marktes hingegen – also etwa viele einst etablierte Modemarken – gerät zunehmend unter Druck und verliert an Präsenz, teils dauerhaft.
LEADERSNET: Wie genau unterstützen Sie Ihre Kund:innen dabei, ihre Marke räumlich erlebbar zu machen?
Kirchmair: Wir denken Marke und Raum als Einheit. In interdisziplinären Teams – bestehend aus Architekt:innen, Designer:innen, Projektmanager:innen, Techniker:innen und digitalen Spezialist:innen – entwickeln wir individuelle und vor allem auch ganzheitliche Konzepte, welche die Werte einer Marke in räumliche Erlebnisse übersetzen.
Unser Dienstleistungsangebot beginnt dabei bereits in der frühen Konzeptionsphase eines Stores – etwa mit Beratungen zur optimalen Kund:innenführung oder zur Warenpräsentation, die den Verkauf fördert. Dabei fließen auch Erkenntnisse aus der Konsumpsychologie und Erfahrungen aus unterschiedlichen Branchen ein. Unsere Kund:innen kennen ihr Geschäft sehr gut – wir ergänzen dieses Wissen mit externem Know-how und frischen Perspektiven.
Neben der strategischen Beratung übernehmen wir auch die technische Umsetzung – vom Ladenbau über die Möblierung bis hin zu Digital-Retail-Lösungsansätzen, welche die Customer Journey der Endkund:innen perfekt abrunden. Unser Ziel ist es, unseren Kund:innen ein umfassendes Full-Service-Angebot zu bieten, das sowohl gestalterische als auch funktionale Anforderungen abdeckt.
LEADERSNET: Unter anderem bieten Sie auch Ladenbau für exklusive Kund:innen, also "Premium Solutions". Inwiefern unterscheiden sich die Anforderungen und Erwartungen Ihrer Kund:innen im Premium-Segment von anderen Geschäftsfeldern?
Kirchmair: Unser größter Unternehmensbereich heißt "Multistore" und konzentriert sich auf skalierbare Konzepte für Kund:innen mit vielen Standorten – etwa im Lebensmittel- und Drogeriehandel oder im Automobilbereich. Hier werden Ladenbaukonzepte einmal entwickelt und dann in großer Zahl ausgerollt – ein aktuelles Beispiel ist ein Projekt für rund 1.500 Toyota-Händler.
Anders funktioniert das im Premium- und Luxussegment, obwohl auch diese Marken viele Stores betreiben. Dort steht die Individualität jedes einzelnen Standorts im Vordergrund. Ein Louis-Vuitton-Store in Mailand sieht beispielsweise anders aus als jener in Barcelona oder Berlin – er muss sowohl die Marke widerspiegeln als auch lokale Besonderheiten aufgreifen. Im Gegensatz dazu sind Stores wie jene von Aldi oder Lidl weitgehend standardisiert.
LEADERSNET: Auf welche Projekte und namhafte Kund:innen sind Sie dabei besonders stolz?
Kirchmair: Ein besonders herausragendes Projekt für uns ist der laufende Umbau des Traditionshauses Harrods in London, den wir seit 2017 begleiten. Über einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren modernisieren wir dort sukzessive unterschiedlichste Abteilungen – in enger Abstimmung mit international renommierten Architekturbüros. Harrods selbst liegt in einem denkmalgeschützten Gebäude mit laufendem Geschäftsbetrieb und äußerst anspruchsvoller Kundschaft – ein Vorhaben, das hohe Präzision und langfristige Kundenzufriedenheit erfordert. Dass dieses Projekt bereits über acht Jahre erfolgreich läuft, macht uns besonders stolz.
Generell streben wir langfristige Partnerschaften an – nicht nur Einzelprojekte. Ein gutes Beispiel dafür ist unsere jahrzehntelange Zusammenarbeit mit dem österreichischen Lebensmitteleinzelhandel: Für Spar arbeiten wir seit 1965, für die Rewe-Gruppe seit 1972. Solche stabilen Beziehungen über viele Manager:innen- und Mitarbeiter:innen-Generationen hinweg zeigen, wie sehr unsere Arbeit geschätzt wird – und bestätigen unseren Anspruch an Qualität und Verlässlichkeit.
LEADERSNET: Nachhaltigkeit ist aktuell ein allgegenwärtiges Thema. Welche konkreten Maßnahmen setzen Sie konkret in Ihrem Unternehmen, um ressourcenschonender und klimafreundlicher zu wirtschaften?
Kirchmair: Wir haben 2021 unseren CO₂-Fußabdruck erstmals umfassend erfasst – als Ausgangsbasis für unser Ziel, die selbst verursachten Emissionen (Scope 1 und 2) bis 2026 zu halbieren. Aktuell liegen wir bereits bei einer Reduktion von 46 Prozent. Möglich wurde das durch Maßnahmen wie die Umstellung auf erneuerbare Energie, Photovoltaik an unseren Standorten und eine nachhaltigere Fahrzeugflotte. Bis 2031 wollen wir diese Emissionen um insgesamt 60 Prozent senken – das ist realistisch, danach wird es deutlich schwieriger.
Noch anspruchsvoller ist der Bereich Scope 3, also die Emissionen, die entlang unserer Lieferketten entstehen. Hier setzen wir auf Regionalisierung – Produktion und Beschaffung möglichst dort, wo auch gebaut wird. Das ist zwar teurer, aber ökologisch sinnvoll. Auch wenn unsere Innenausstattung nur zwei bis drei Prozent des gesamten CO₂-Fußabdrucks eines Geschäftes ausmacht, übernehmen wir Verantwortung – und stoßen an Grenzen, wo heutige Technologien noch nicht ausreichen.
LEADERSNET: Vielen Dank!
www.umdasch.com
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