Nachhaltigkeitsbericht 2025
Fiskalrat sieht Finanzierung des öffentlichen Haushalts gefährdet

| Tobias Seifried 
| 01.05.2025

Die Finanzierungslücke ist laut den heimischen Budgethüter:innen deutlich größer als in Langfristprognosen von Finanzministerium und Europäischer Kommission. Deshalb seien weitere Konsolidierungsmaßnahmen und strukturelle Reformen unausweichlich.

Der Fiskalrat rund um Präsident Christoph Badelt hat am Mittwoch (30. April) seinen Nachhaltigkeitsbericht 2025 inklusive budgetärer Langfristprojektion für 2024 bis 2070 veröffentlicht. Die Analyse identifiziert die sogenannte "fiskalische Lücke" als zentrale Kenngröße. Sie beschreibt die Differenz zwischen dem projizierten und dem zur Schuldenreduktion erforderlichen Primärsaldo, wobei Letzterer eine jährliche Senkung der Schuldenquote um 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) anstrebt – ein Mindestziel gemäß dem neuen EU-Fiskalrahmen. Diese Lücke beträgt laut Fiskalrat 2025 bereits 2,5 Prozent des BIP und wachse bis 2060 auf sieben Prozent. Die im Regierungsprogramm 2025 vorgesehene Konsolidierung genüge nicht zur Schließung dieser Lücke, was die künftigen Konsolidierungserfordernisse weiter erhöhe, mahnen die heimischen Finanzhüter:innen.

Weitere Konsolidierungsmaßnahmen unausweichlich

Das Gremium, das die fiskalische Politik unseres Landes überwacht, analysierte laut eigenen Angaben 21 Szenarien, um Unsicherheiten langfristiger Projektionen zu berücksichtigen. In sämtlichen Fällen zeige sich eine signifikante Finanzierungslücke – selbst bei optimistischen Annahmen zu Wachstum oder Demografie. Einzelmaßnahmen wie ein höheres Pensionsantrittsalter oder Ausgabenbremsen im Gesundheitswesen linderten das Problem, lösten es jedoch nicht. Eine umfassende Konsolidierung bleibe daher unerlässlich, mahnte Badelt.

Warnung vor optimistischen Annahmen 

Während der Fiskalrat eine Verschlechterung des Primärsaldos um 5,1 Prozent des BIP bis 2060 prognostiziert, rechnen das Finanzministerium (BMF) und die EU-Kommission nur mit geringeren Budgetveränderungen. Diese Differenzen beruhten teils auf veralteten Annahmen (BMF 2022) oder optimistischen Projektionen (EU-Ageing Report 2024), insbesondere in Bezug auf Wirtschaftswachstum und demografiebedingte Ausgaben, so die Finanzhüter:innen.

Langfristige Ausgabenentwicklung

Weiters geht aus dem FISK-Nachhaltigkeitsbericht hervor, dass die alternde Bevölkerung die Ausgaben im Gesundheits-, Pensions- und Pflegebereich um insgesamt 6,2 Prozent des BIP nach oben treibe. Insbesondere die Pensionsausgaben würden demnach frühzeitig infolge inflationsbedingter Anpassungen steigen. Die Gesundheits- und Pflegekosten verteilten sich stärker über den gesamten Projektionszeitraum, mit einem Höhepunkt zwischen 2030 und 2050.

Klimaziele verstärken fiskalischen Druck

Erstmals berücksichtigt der Bericht auch die Auswirkungen des Klimawandels auf die öffentlichen Finanzen. Vor allem der Rückgang energiebezogener Steuern sowie mögliche Strafzahlungen bei Zielverfehlung erhöhten die Finanzierungslücke bis 2070 um weitere 1,3 Prozent des BIP, so der Fiskalrat. Die direkten Folgekosten klimabedingter Naturkatastrophen blieben jedoch vergleichsweise gering.

Nachhaltigkeit nur durch strukturellen Kurswechsel erreichbar

Der dauerhafte Verlust an Wirtschaftsleistung infolge der Energiekrise und Hochinflation wirke sich negativ auf das langfristige Wachstum aus. Dem stünden steigende Ausgaben gegenüber, die durch die bisherigen Einnahmenperspektiven nicht ausgeglichen werden könnten. Zur Sicherung der Haushaltsstabilität sei ein breit angelegter Maßnahmenmix notwendig: strukturelle Reformen im Sozialbereich, gezielte Wachstumsimpulse sowie eine strategisch gedachte Wertsicherung von Einnahmen und Ausgaben.

www.fiskalrat.at

Über den Bericht

Der FISK-Nachhaltigkeitsbericht zeigt die langfristige Entwicklung der öffentlichen Finanzen Österreichs bis 2070. Der demografisch bedingt starke Anstieg der Ausgaben v. a. für Pensionen, Gesundheit und Pflege steht einem relativ schwachen Anstieg der Staatseinnahmen aufgrund der geringen mittel- bis langfristigen BIP-Wachstumsaussichten gegenüber. Daraus errechnet sich eine große langfristige Finanzierungslücke, die durch Budgetbelastungen aufgrund des Klimawandels und zur Erfüllung der Klimaziele auf sieben Prozent des BIP ansteigt. Das gegenwärtig verhandelte Konsolidierungspaket reicht auch nicht kurzfristig aus, um die im Bericht unterstellte notwendige jährliche Rückführung der Schuldenquote um 0,5 Prozent des BIP (Minimalanforderung der EU-weiten "Debt Safeguard") zu erreichen. Um die mittel- bis langfristig laufend anwachsende Finanzierungslücke zu schließen, sind große zusätzliche Konsolidierungsschritte unumgänglich und zeitnah umzusetzen. Werden die bestehenden Finanzierungslücken nicht zeitgerecht geschlossen, erhöhen sich die Staatsverschuldung und damit die Zinszahlungen. Der langfristige Konsolidierungsbedarf steigt über die errechneten sieen Prozent des BIP an und kann über Zinseszinseffekte und steigende Risikoaufschläge eine explodierende Dynamik einnehmen.

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Über den Bericht

Der FISK-Nachhaltigkeitsbericht zeigt die langfristige Entwicklung der öffentlichen Finanzen Österreichs bis 2070. Der demografisch bedingt starke Anstieg der Ausgaben v. a. für Pensionen, Gesundheit und Pflege steht einem relativ schwachen Anstieg der Staatseinnahmen aufgrund der geringen mittel- bis langfristigen BIP-Wachstumsaussichten gegenüber. Daraus errechnet sich eine große langfristige Finanzierungslücke, die durch Budgetbelastungen aufgrund des Klimawandels und zur Erfüllung der Klimaziele auf sieben Prozent des BIP ansteigt. Das gegenwärtig verhandelte Konsolidierungspaket reicht auch nicht kurzfristig aus, um die im Bericht unterstellte notwendige jährliche Rückführung der Schuldenquote um 0,5 Prozent des BIP (Minimalanforderung der EU-weiten "Debt Safeguard") zu erreichen. Um die mittel- bis langfristig laufend anwachsende Finanzierungslücke zu schließen, sind große zusätzliche Konsolidierungsschritte unumgänglich und zeitnah umzusetzen. Werden die bestehenden Finanzierungslücken nicht zeitgerecht geschlossen, erhöhen sich die Staatsverschuldung und damit die Zinszahlungen. Der langfristige Konsolidierungsbedarf steigt über die errechneten sieen Prozent des BIP an und kann über Zinseszinseffekte und steigende Risikoaufschläge eine explodierende Dynamik einnehmen.

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