Die Bevölkerungszahl in Österreich ist über die Jahre kontinuierlich gestiegen. So leben aktuell rund neun Millionen Menschen in diesem Land – darunter mehr 4,6 Millionen Frauen. Obwohl das weibliche Geschlecht in Zahlen stärker vertreten ist als die Männer, erwarten Frauen hierzulande nach wie vor einige Nachteile. Die Rede ist vom Gender Pay Gap oder auch dem Gender Spar Gap – um nur einmal zwei Beispiele anzuführen.
Nachholbedarf in der Finanzbildung
Frauen arbeiten überdurchschnittlich oft in Teilzeit, weil sie wegen der Familie beruflich zurückstecken. Dadurch sind sie im Alter häufiger von Armut betroffen. Eine Studie der Erste Bank aus dem Jahr 2024 zeigte zudem, dass nur 36 Prozent der Frauen für das Alter finanziell abgesichert sind. Gleichzeitig sorgt nur ein Drittel von ihnen überhaupt für das Alter vor. Frauen haben also Nachholbedarf in der Finanzbildung.
Frauen sind in Österreich – so wie in anderen Teilen Europas und der Welt – also noch immer finanziell von den Männern abhängig, obwohl sie besser ausgebildet sind und diese Form der Diskriminierung eigentlich schon längst nicht mehr existieren sollte, heißt es doch, sie seien gleichberechtigt. Die Wahrheit sieht allerdings anders aus. Das weiß auch die Finanzexpertin Sonja Ebhart-Pfeiffer. Sie hat drei Empfehlungen für Frauen zusammengefasst, um die finanzielle Unabhängigkeit über den Weltfrauentag hinaus zu sichern.
Drei Empfehlungen der Finanzexpertin
1. Im Job verhandeln
Aktuell liegt der Gender Pay Gap hierzulande bei 16,6 Prozent – das heißt, Frauen bekommen für exakt die gleiche Arbeit rund 16,6 Prozent weniger Lohn als Männer. "Der Gender Pay Gap hat viele Ursachen, aber eine davon ist sicher, dass Männer ihre Gehälter besser verhandeln. Frauen fordern schon im Vorstellungsgespräch zu wenig oder verzichten auf Zusatzleistungen wie einen Dienstwagen. Und wer sich einmal unter Wert verkauft hat, findet sich irgendwann damit ab", so Ebhart-Pfeiffer. "Wer darauf wartet, dass der Chef oder die Chefin auf einen zukommt, die tolle Leistung lobt und mit einer dicken Gehaltserhöhung belohnt, wird ewig warten. Anlässe wie größere Verantwortung oder erfolgreiche Projekte sollten aktiv für Verhandlungen genutzt werden."
Die Finanzexpertin rät davon ab, ab dem ersten Vollzeitjob monatlich zehn bis 15 Prozent des Nettoeinkommens langfristig in die Altersvorsorge zurückzulegen.
2. Nicht nur die Liebe zählt: Heiraten und Kinderkriegen sind ein Deal, der ausgehandelt werden muss
2023 lag die Scheidungsrate in Österreich bei rund 36 Prozent. Dabei kann eine Scheidung schnell zu einem finanziellen Engpass führen, wenn der Ex-Lebenspartner hauptsächlich für den Lebensunterhalt zuständig war. Auch Kinder belasten Frauen finanziell, denn oft werden mit Beginn der Schwangerschaft alle laufenden Sparpläne für die Altersvorsorge gestoppt. Laut Ebhart-Pfeiffer sei dies ein großer Fehler. Sie fordert mehr Solidarität der Männer ein. "Hier müssen auch die Väter Verantwortung übernehmen. Bevor der Kinderwunsch in die Tat umgesetzt wird, sollte ein Deal zwischen Mann und Frau geschlossen werden. Der Mann muss innerhalb der Familie einen Ausgleich schaffen und für die Altersvorsorge der Frau aufkommen, indem er während der Elternzeit und der Zeit, in der die Frau Teilzeit arbeitet und die Kinder zu Hause betreut, in die Altersvorsorge der Frau einzahlt", erklärt die Finanzexpertin.
Auch gibt es die Möglichkeit, in der gesetzlichen Pensionsversicherung ein sogenanntes Pensionssplitting zu beantragen. Ist der Mann erwerbstätig und die Frau für die Betreuung der gemeinsamen Kinder zuständig, kann für die ersten vier Lebensjahre des Kindes ein freiwilliges Splitting vereinbart werden. Die Frau erhält dann von ihrem Partner eine Gutschrift, die ihre eigene Pension erhöht. Der Antrag muss bis zum siebten Lebensjahr des Kindes gestellt werden. "Auf freiwilliger Basis wird das Pensionssplitting noch zu wenig genutzt, obwohl es bereits seit 2005 besteht. Hier ist die Politik gefordert, um die Pensionslücke zumindest teilweise zu schließen. Hier muss man auch intensiv mit dem Partner darüber sprechen, weil viele Männer das nicht wollen, weil dann die Ansprüche für sie selbst für immer weg sind", erklärt Ebhart-Pfeiffer.
3. Wissen ist Macht: In Finanzbildung investieren
Finanziell selbstbestimmt zu sein bedeutet auch frei zu sein. Daher rät die Finanzexpertin, ein wirtschaftliches Polster für finanzielle Engpässe anzulegen. Als Notgroschen empfiehlt sie zwei bis drei Nettomonatsgehälter. Diese Liquiditätsreserve lasse sich gut auf einem Tagesgeldkonto anlegen, heißt es. Liquide Mittel, die die Reserve übersteigen, sollten nicht auf dem klassischen Girokonto "dahintümpeln", weil es inflationsbedingt schrumpft, rät Ebhart-Pfeiffer. Für sie führt kein Weg an renditestärkeren Anlagen wie Aktien(fonds) vorbei. Auch solle man sich für eine langfristige, auf die individuellen Bedürfnisse zugeschnittene Altersvorsorge am besten von einem zertifizierten Finanzplaner qualifiziert beraten lassen.
"Die Aneignung von Basiswissen ist für Frauen kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit. Frauen informieren sich viel zu wenig über Finanzen und Anlagemöglichkeiten, sind aber im Alter oft viel stärker auf Rendite angewiesen als Männer, weil sie sich um die Kinder kümmern mussten. Deshalb rate ich jeder Frau, sich mit Anlagemöglichkeiten zu beschäftigen und zu investieren, gerne auch in Begleitung eines Experten. Das ist der Schlüssel, um Altersarmut einen Riegel vorzuschieben", so Ebhart-Pfeiffer abschließend.
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